„Die meisten Unfälle passieren in Haushalt und Freizeit!“ Welch ersprießliche Schlagzeile. Ich suche weiter: 2012 gab es im deutschen „Hausbereich“ 2,80 Millionen Unfallverletzte, davon beachtliche 8158 mit letalem Ausgang, weiß die zuständige Bundesanstalt, und eine Forsa-Umfrage entsetzt sich darüber, dass „jeder Dritte die Unfallgefahr im Haushalt unterschätzt“. Bin amüsiert. Unterschätze da gar nichts. Wäre soeben beinahe Opfer eines tödlichen Anschlags geworden, der von einer herabstürzenden, prallgefüllten Alufolienschachtel verübt wurde. Die lebt ganz oben auf einem Küchenschrank, und weil’s ihr da zu fad ist, sucht sie sich von Zeit zu Zeit einen Ausgleichssport und hat ihr Wohl im Basejump gefunden. Runterstürzen, Mensch erschlagen, fertig, juhu. Nein, nicht so ganz fertig, weil unten angekommen hält es die Alufolie gelegentlich und eben vorzugsweise dann, wenn sie sehr neu geöffnet ist, für dringend erforderlich, sich großflächig zu entrollen.
In meiner Küche, deren Innenmaß so manchen Großgrundbesitzer erblassen ließe, jedoch nicht vor Neid, eine respektable Leistung, es zu schaffen, mehrere Meter Silberglanzpapier abzurollen. Hätte ich mich darüber früher gefreut und Elternschelte nicht verstanden. Heute bin ich eher missmutig gesinnt und finde es irgendwie nur so mittelerbaulich, jetzt keine hübschglatte Alufolienrolle sondern ein Alufolienknäuel in die Schachtel und die dann oben auf den Küchenschrank gestopft haben zu müssen. Was mich aber nicht davon abgehalten hat, wieder nicht einen Stuhl zur Hilfe zu nehmen, um das Unding zu verräumen, sondern mich zu recken und zu strecken und mit einem gezielten Basketballsprung die Schachtel nach oben einzulochen. Darin liegt nämlich des Pudels Kern: Weil ich sehr klein bin und ein bisschen faul (oder war’s umgekehrt?) schwebt über mir und meinem Haushalt stets ein Damoklesschwert in Form herabfallender Gegenstände.
Anstatt mich auf den Stuhl zu stellen und Sachen von aufdemschrank zu holen, tu ich halt so lang umeinander, bis ich einen Zipfel von irgendwas erwische und mich dann überraschen lasse, was wohl herablawint. Ähnlich verhält es sich mit Dingen, die aus der Mikrowelle geholt werden wollen. Weil die steht nämlich oben auf dem mannshohen Kühlschrank, und weil es viel zu große Umstände bereitet, jedesmal den 20 Zentimeter entfernten Stuhl zu Hilfe zu ziehen, zupf ich lieber an dem Teller und versuche, den höchstmöglichen Neigungswinkel zu berechnen, bevor sich mir der Inhalt ins Gesicht ergießt. Funktioniert besonders gut bei: Suppen. Andere machen Extremsport, ich wärme Suppe auf. Im Sektor „Freizeit“ werden in besagter Statistik übrigens 3,11 Mio. Unfälle angegeben, davon 8237 tödliche. Wenn man’s so sieht, leb ich doch vielleicht ganz gut mit der Gefahr. Mazel tov!