Freitag, 25. November 2016

FeuZaBo@CKM

Große Aufregung hier im Allgemeinen seit Wochen so wie sich zuspitzenderweise um mich herum im Speziellen. „FeuZaBo@CKM!“, ruft eins aus, „da fieber ich schon das ganze Jahr drauf hin und regle alle Termine danach! Du MUSST mitkommen.“ Weiß ich natürlich sofort, was gemeint ist, weil pass auf: Wird heut später am Nachmittag nämlich eine Weibsperson mit Frisur und Kleid einen Balkon betreten, um von dort zum Volk zu sprechen. Großes Geheimnis, von dem ich so viel bereits verraten kann: Diese Person werde schon wieder nicht ich sein, weil obwohl ich mich seit Unzeiten für den Job anpreise, weil Kleid hab ich und Frisur erst recht, und zum Volk sprechen kann ich wie eine Große, werd ich einfach nicht gehört. Aber gut, ich bin ja seltsamerweise auch noch nicht auf der Straße von einer Modelagentur entdeckt worden und auch noch nicht vom Herrmanns Thomas nach Berlin eingeladen. Aber wie der Herr Cator Senior stampf ich einfach weiter zornig mit dem Stöckel auf den Boden, „ceterum censeo Katharinem esse eligendam“ oder so, wohlwissend, dass der Kelch an mir vorbeigehen wird, schon wegen Altersdiskriminierung. Also jedenfalls stehen wir dann um halb sechs alle da und recken die Hälse und sehen nichts außer Smartphones und von Elternschultern herabbaumelnde Gummistiefel  und hoffen, dass endlich mal ein kleiner, nur ein klitzekleiner Versprecher ins Volk hineinprologisiert wird, und dann passiert eh wieder nichts und dann fertig und Lichter an und tja. Und jetzt? Weil wo der Pöbel sich sogleich gegenseitig durch die gestreiften Reihen schiebt oder eigenständig hindurchschlachtschifft, ertönt um mich herum vergleichsweise selten der Wunsch nach dem siebenundreissigsten Edelsteinamulett und auch das Verlangen nach dem siebzehnten „Schau wie süß der Keramikdrache dem wo man mit Dochten in den Nüstern Feuer anzünden kann!“ ist überschaubar. Früher vielleicht noch Mütze oder Lammfellsohle, aber heut auch nicht mehr nötig wegen eh zu warm. Und wegen genereller weil mainstreamiger Mainstreamverachtung natürlich auch indiskutabel, sich an einen Großglühweinproduzentenstand zu begeben weil da der Ekelstiefel zu dreifuffzich statt im Laden der Liter zu 1,33 Euro, und außerdem mittlerweile Vorglühfacebookveranstaltungen für am Ausschank und dann muss es halt Feuerzangenbowle, aber halt bloß nicht die ballermännische eine da, sondern natürlich die coole. Weil was nämlich kaum jemand weiß, deswegen auch großes Geheimnis jetzt, der viel schönere und viel nettere und viel besseresgewissenere Weihnachtsmarkt, der ist ganz dolle versteckt ganz woanders, deswegen findet da auch kaum einer hin sondern bloß die Eingeweihten stehen da und connaissieren vor sich hin und prosten den anderen fünftausend auf dem Platzerl kuschelnden verschwörerisch zu. Weil: hier cool, drüben uncool. So, und jetzt noch ein Rätsel, und wer’s löst, darf mir einen Tiroler ausgeben. „Das Christkind lädt zu seinem Markte ein, und wer da kommt, der soll … ?“ Hosianna!

Freitag, 18. November 2016

Smalltalk

Der Brudermensch war sommers einmal auf einem Geburtstag eingeladen. An sich nichts besonderes, wär’s nicht der Jubeltag des Vorgesetzten gewesen, und zwar jetzt nicht mit einem solchen, wo man dauernd sagt, eh Schorsch, servus, karteln später?, grüßt mir die Uschi, gell! Deswegen also Unsicherheit, Kollegenangst, Etikettensorge. Also beim Small Talk, hab ich ihm in den auf der schwesterlichen Schulter weinenden Schädel getröstet, ist eh am einfachsten, wenn du dich an simple Regeln hältst. Politik ist immer gut, gern auch mit ein bisschen Lokalkolorit und aktuellen Ereignissen der Szene, Hauptsache positionieren! Wosd jetzt auch kaum was falsch machen kannst, ist freilich Religion, weißt schon, Abendland versus Atheismus, Aufnahme der Apokryphen in den Kanon, fünfmal täglich beten nach Westen, da hat eh jeder eine Meinung, kriegst das Gespräch easy zum Laufen. Ansonsten halt auch Krankheiten, weil jetzt ist man eh in einem Alter, wo da auch ein jeder was beizumtragen hat, und dann ein Prost aufs baldige Ableben und dann noch ein JetztistehschonegalSchnaperl und juheissa! „Echt?“ blickten mich tränennasse Augen dankbar an. „Echt“, hab ich ihm den Rotz der Verzweiflung liebevoll aus dem Gesicht gewischt. „Alles ist erlaubt. Hauptsache, du stellst nie, also wirklich nienieniemals die eine, die schreckliche, die verbotenste Small-Talk-Frage der Welt.“ – „Und welche ist das?“ – „Wie geht’s.“ Diese Frage, hab ich dann nämlich weiters ausführen müssen, zieht Situationen von größtmöglicher Unsäglichkeit nach sich und bugsiert den solcherart Angesprochenen in einen Stress. Und in Folge dessen je nach Ausgang den Ansprecher. Weil was sollst denn antworten auf so eine Frage, die man vielleicht am besten noch von einem entfernten Bekannten auf der Ubahnrolltreppe gestellt bekommt? Man kann a) Lügen, knapp das eigene natürlich beste Wohlergehen kundtun, die Frage zurückgeben und hoffen, dass der Mensch auch lügt, um sich dann unter dem Vorwand eines im Ofen vergessenen Kuchens oder spontanen Todesfalls in der Familie aus der Misere schummeln. Wenn man Pech hat, hat der andere Mensch ein Redebedürfnis und berichtet in epischer Länge von allen Zipperlein und Wohlstandssorgen, die ihn so umtreiben. Oder man antwortet b) ehrlich, aber in dem Wissen, dass das Gegenüber es so genau eigentlich gar nicht hören wollte. Oder aber man hält’s amerikanisch und betrachtet das „Wie geht’s?“ als Synonym für „Hallo“, lächelt und geht weiter. Hat auch den Vorteil, dass wenn das Gegenüber nichts von dieser Unsitte weiß, man dessen verstörtes Gesicht nicht mehr anschauen muss. Mit einem Klaps hab ich den Brudermenschen in die große Welt entlassen, zum Erproben des Erlernten. Am Samstag eignet sich als Smalltalkthema ganz hervorragend die Impertinenz des Stillen Feiertages, eine damiteinhergehende Einschränkung der persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten, und ob man im Zuge der Abschaffung derselben nicht auch eh alle Feiertage ausradieren und stattdessen sich in der Arbeit frei entfalten möchte.

Freitag, 11. November 2016

Schnutz!

Nachdem uns die Bekleidungshändler aller Klassen seit Juli darauf vorbereitet haben, kam er diese Woche für alle überraschend auf eine Stippvisite vorbeigeschneit: der Winter. Folge: völliger Verkehrszusammenbruch wegen lustiger Kombination aus „ach, dieses ‚von O bis O‘ ist schon eine tolle Eselsbrücke, um sich endlich mal merken zu können, dass hierzulande Sommerreifen ganzjährig draufbleiben können, von Ostern bis Ostern, haha, das ist lustig“ und „OGOTTOGOTTOGOTT ein Kristallgeriesel auf der Windschutzscheibe, wie war das gleich wieder in der Fahrschule mit der Glätte und dem Aquaplaning und dem Gegenlenken und ogottogott ich fahr einfach nur 20, sicher ist sicher, notfalls schieb ich das Auto!“ Gut, jetzt muss man freilich schon auch zugestehen, dass hier eher nicht die Gegend ist, also im Nürnberg schon gleich dreimal nicht, wegen Wetterinsel, wo man sagt, da lernt der Nachwuchs schon noch vor dem Kindergarten, die Schneeketten locker im Vorbeigehen aus dem Handgelenk drüberzuzaubern.
Eher so die Gegend, wo man sich fragt, wieso das Wort „Schnee“ überhaupt im aktiven Wortschatz vor sich hin lebt. Ich mein, der Eskimo, den man nicht mehr so nennen darf glaub ich wegen pc, aber da stellt sich so ein bisschen eine Unsicherheit ein wie beim Zigeunerschnitzel, hab ich jetzt auch noch nicht mitbekommen, dass einer ein Sinitiundromaschnitzelbittedanke bestellt hat, bleiben wir also beim Eskimo. Oder beim Angehörigen eines indigenen Volkes im nördlichen Polargebiet. Mich treibt grad eher die Frage um, warum es eigentlich eine „warme Jacke“ gibt aber keine „kalte Jacke“. Dass die da oben jedenfalls haufenweise Schneewörter haben, das versteht man dann schon eher.
Haben sie aber übrigens gar nicht weltweit die meisten, große Lüge, hat der Herr Boas uns sauber aufs Glatteis geführt. Weil nämlich die Schotten, weiß man heut, die haben viel mehr Schneewörter, über 400, stell dir mal vor! Wegen der vielen Landwirtschaft haben die’s nämlich genaugenommen mit dem Wetter. Aber ich glaub, gewissermaßen stehen wir denen in nichts nach, nur halt in anders. Weil bei uns kommen halt andere Sachen vom Himmel, die der übersichtliche Mensch vielleicht als „Schnee“ bezeichnen würde, der differenziert denkende weiß sich anders zu behelfen. Was es da die Woche gab beispielsweise, das war eindeutig ein Schniesel, der zwischendurch in einen Schnegen übergegangen ist. Wenn’s dann mal ein bisschen kälter wird, bleibt mit viel Glück was liegen, was dann als Schnatsch prima umeinanderspritzt, weswegen man dann sehr schnell voller Schnutz ist. Schnischnaschnappi, wie komm ich jetzt aus dem Text raus? Keine Ahnung.
Hauptsache, wir betrauern am Sonntag alle das Volk. Welches, sei jedem selbst überlassen.

Freitag, 4. November 2016

Käsekuchenvorfall

Neues vom Pubertier! Von einer geleiteten Experimentsituation hab ich ja Abstand nehmen müssen wegen Genfer Konvention im Allgemeinen und Erziehungsberechtigten im Speziellen, aber das brauch ich auch überhaupt nicht, weil: Das Pubertier zeigt mir alles, was ich sehen möchte, ganz von allein. „Schaumalschaumalschaumalwasichhab!“ überfiel es mich neulich und hielt mir einen Gegenstand so dicht vor die Nase, dass ich die Form einer Deoflasche nur erraten konnte. „Riech!“ befahl es, und ehe ich’s mich versah, befand ich mich in einer Masse klebrig süßen Irgendwas, das den Raum um mich gelbrosawolkig und irgendwie zähflüssig erscheinen ließ. Es handle sich, wurde mir auseinandergesetzt, um ein Deodorant in der, pardon, Geruchsrichtung „Vanillacheescake“, dessen exakte Beschreibung leider nicht rekonstruierbar ist, da das ganze Internet sich in unschuldiger Unwissenheit ob dieses Produktes präsentiert, was ich nur zu gut verstehen kann, wenn man das so interpretiert, als habe der Erfinder dieses Opus seinen fatalen Irrtum nicht nur erkannt sondern sich derart geschämt, dass er hurtig weltweit alle Spuren zu vernichten sich beeilen hat müssen. Vielleicht so ein bisschen wie der Herr Hahn und der Herr Strassmann, die ja, glaub ich, hernach auch nicht mehr so arg begeistert waren von ihrer Entdeckung. Jedenfalls war dann leider meine Spreche schneller als die Denke, und hab ich blind vor Augentränen durch die klebrige Wolke geschnappatmet, dass diese Geruchsrichtung durchwegs diskutabel sei und es mich nicht Wunder nähme, wenn in Verbindung mit Transpirat ein olfaktorisches Debakel sich ereigne. Das Pubertier verschwand empört und ich blieb zurück als unsensible Mistsau, wenngleich süß umwölkt. Dabei hab ich grad angesetzt gehabt, Verständnis zu demonstrieren. Weiß ich nämlich schon noch, dass seiner- oder besser: meinerzeit auch spezialwichtig: möglichst viel Auftrag von möglichst mit Schmetterlingen und Blumen bedrucktem Produkt, das übrigens, grad nachgeschaut, entsetzlicherweise auch heut noch wirbt mit „angesagte Frische (sic!) für junge Mädels“. Und dann haben Vatermenschen lautschweigend Räume verlassen oder im Auto alle Fenster aufgerissen, auch wenn draußen Minus hundert Grad. Dass der Lehrkörper nicht prinzipiell mit Gasmaske nur den Lehrraum betreten hat, mir völlig schleierhaft. Hab ich dann Abbitte leisten wollen und zur Versöhnung gemeinsam einen Käsekuchen backen. Hat’s mich sauber ausgeschmiert, das Pubertier, weil überraschend Konfi-Unterricht. Hat mir gescheit recht geschehen.Jetzt hab ich gedacht, vielleicht ein Fünferpack Vanillebackaroma zu schenken als günstige Alternative und wegen gibt’s ja grad wieder überall. Ist das fei prompt doppelt so teuer! Muss ich wohl die Waffen strecken.