Samstag, 31. August 2013

Bärte

„Gut geschminkt ist halb geschlafen“, pflege ich zu sagen und damit den einen, lebenslangen, unbestreitbaren Vorteil der Frauen- gegenüber der Männerwelt zum Ausdruck zu bringen. Flecken camouflieren, Falten verfüllen, Frische aufmalen – das blühende Leben! Super! Doch mit einem einzigen, kurzen Gespräch muss ich die Fahne des Triumphes wieder einholen und zu Protokoll geben, dass Irren nicht nur menschlich, sondern in diesem Fall weiblich ist. Ganz im Gegensatz zur vermeintlichen Domäne der Gesichtstarnung. Denn wofür wir Mädels morgens und gern auch mal so als Snack zwischendurch 37 verschiedene Töpfe, Tiegel und Applikatoren benötigen, bedient sich der Mann exakt genau eines Tricks: Bart. Oder, noch schöner: Faulheit. Mir war durchaus schon aufgefallen, dass so ein Rauschebart hervorragend dafür geeignet ist, fliehende wie Doppelkinne zu bedecken und faden Gesichtern eine gewisse interessante Verruchtheit zu verleihen, indem sie schlichtweg nur die Augen zwischen all dem Geflecht herausblitzen lassen. 
Dass Bart aber – und jetzt wollen wir mal dringend von gewissen modischen Verfehlungen wie beispielsweise einer witzigen Mustergebung großmütig absehen – ganz gezielt zu kosmetischen Zwecken eingesetzt wird, war mir irgendwie nicht klar. „Du bist halt einfach zu faul zum rasieren!“, hielt ich einem Dreitagebart vor. Der darauf empört: „Das stimmt ja überhaupt nicht!“ Und ich erfuhr: „Mit so einem Bart kann man dem Gesicht total gut Kontur verleihen, die man sonst nicht hätte.“ Außerdem, hört hört!, mache der Gesichtsbewuchs den Träger älter und reifer und damit interessanter. Er kaschiere (ha!) das formfreie Kinn und verleihe der Wangenpartie eine erstrebenswerte Kantigkeit, wozu eine Frau ja wohl leider beim besten Willen mit ihrem Farbtopf nicht in der Lage sei. Die Argumentationskette ging dann so weiter und so fort, bis ich mich mit dem Rücken zum Frisiertisch befand. Muss also hiermit wenngleich widerwillig, so doch offiziell, Platz machen auf dem Siegertreppchen im Geschlechterkampf und teilen. Werde mich jedoch nicht so leicht geschlagen geben und besorge mir zwar nicht Theaterbart, so doch den Bastelsatz für „Urinella“. 
Bis der eintrifft, geh ich zur Vorreiterveranstaltung in Sachen Gender Mainstreaming im Stereo (Klaragasse) und klebe mir den dargereichten Schnurrbart an, so wie alle bei „Circus Berreton“. Verkleiden dürft ihr euch auch bei der „Panic on Titanic“-Mottoparty auf der Mississippi Queen (Donaustraße), und weniger Bart, dafür mehr Bouncing Booties gibt es bei Teil 1 der Eröffnungsfeier des „neuen Königs der Stadt“, dem King Lui (Luitpoldstraße). Nebenan in der Bar 77 sind die „Allstars“ zugange und im 360° (Adlerstraße) die „Girls on Top“. Am Samstag steigt die große „Summer Session“ im Anwesen Vogelweiherstraße, im Zentralcafé (Königstraße) übernimmt „About:Bass – Dubmarine Takeover“ und im Mach (Kaiserstraße) wieder die Verkleidungsfreude : „Pyjamarama“!  Wenn ihr alles richtig gemacht habt, dann hilft am Sonntag auch kein Bart mehr. Es sei denn, ihr kämmt ihn euch über die Augenringe. So! 

Samstag, 24. August 2013

Fruchtfliegen und Urzeitkrebse

Wer Würmer hat, ist nie allein. Dieser Spruch ist so wahr wie der Umstand befremdlich. Welches andere unerwünschte Haustier dieser Tage Hochkonjunktur hat, ist eins, das, so kann ich mich erinnern, im Bio-Unterricht hochgelobt wurde – allein die Gründe sind mir heut ein Rätsel. Man bespricht ja, leider, auch nicht lang und breit die Urzeitkrebse aus dem YPS-Heft. Dabei  sind die Ähnlichkeiten frappierend. 
Wie der Urzeitkrebs erwächst Drosophila Melanogaster – vulgo: die gemeine Fruchtfliege – aus toter Materie. Wie der Urzeitkrebs bewegt sich tage- bis wochenlang rein gar nichts, bis eines Morgens völlig überraschend ein großes Gewusel auftritt. Wie der Urzeitkrebs ernährt sich das fliegende Gezücht von Nichts, und wie der Urzeitkrebs verstirbt es nach einigen Tagen sinnbefreiter Existenz. Der Unterschied: Das Dahinscheiden der Zappeltiere im Glas beweinte man bitterlich und zwang den Erziehungsberechtigten durch Nahrungsverweigerung und Luftanhalten, sich auf die Suche nach Ersatz zu machen. Den Abtritt der Fruchtfliege bemerkt man nicht, denn für jeden geflügelten Mitbewohner, den man erschlägt, erscheinen zehn neue auf dem Tapet. Genauer: auf der Tapete. Denn dort sitzen sie und lauern, diese Biester. Egal, zu welch großer Reinlichkeit man sich diszipliniert, ob man achtzehnmal am Tag den Müll rausbringt oder jedes einzelne Obst umgehend sofort in die Nahrungskette überführt – das Insekt bleibt. 
Man könnte jetzt nachlesen über Lebenszyklen, Embryonal- und Larvenentwicklung sowie Verpuppung. Doch das gilt es tunlichst zu unterlassen, wenn man sich nicht die kommenden Wochen ausschließlich von Eingedostem ernähren will, das garantiert noch niemals ein Obst auch nur aus großer Entfernung gesehen haben könnte. Lieber lesen wir „So mischen Sie Ihre Fruchtfliegenfalle: Nehmen Sie ein Glas und mischen Sie darin 1 Teil Essig, 1 Teil Fruchtsaft, 2 Teile Wasser, 1 Tropfen Spülmittel. Stellen Sie das Glas am besten in die Nähe Ihres Obstkorbes.“ Ich erweitere: „Anschließend nehmen Sie sich noch ein Glas und geben dorthinein Obstbrand und machen sich einen gemütlichen Abend außerhalb, derweil daheim (hoffentlich) ein großes Sterben stattfindet.“ 
Mal gucken, wo’s so hingehen kann auf der Flucht. Die Rakete (Vogelweihestraße) hat sich nach vergangenem Wochenende auf „Blue“ geeinigt, nebenan gibt’s „Summer Vibes and BBQ“. Die Indabahn (Bahnhofsplatz) ist „Prüfungsgeil“, die Bar77 (Luitpoldstraße) offen für „Prinzessinnen & Superhelden“. Mitte (Hallplatz) und Stereo (Klaragasse) machen ein gemeinsames „Sommerfest“ und die Kulturkellerei (Königstraße) „Querbeat“. Tags darauf beginnt die erste Runde „Sonnendeck“ in der Desi (Brückenstraße) bereits am frühen Nachmittag, später das „Sommerfest“ im Terminal (Flughafenstraße), während man im Loop Club (Klingenhofstraße) „80s forever“ ausruft und im Nano (Weikertsgässchen) die „Renegade Snares“ hervorholt. Sonntag: „Sonnendeck“ Teil 2. Oder „Nasty“ ins Gärtla (Beuthener Straße). Danach wieder fliegen. Ins Bett. 

Samstag, 17. August 2013

Prokrastination

Prokrastination. Spitzenwort. Setzt sich, Nicht-Lateiner aufgemerkt, aus folgenden Bestandteilen zusammen: „pro“ heißt „für“ und „cras“ heißt „morgen“. Was du heute kannst besorgen, geht morgen genauso gut. Die „Aufschieberitis“ ist aber viel mehr als faulheitsbedingtes Nichtsnutzertum. Eine andere Bedeutung der Prokrastination lautet „Erledigungsblockade“. Der Mensch ist blockiert darin, die Aufgabe, mit der er grad betreut ist, auszuführen. Er ist verzweifelt. Dabei setzt die akute Unzulänglichkeit erstaunliche Energien frei. Und ist eigentlich eher eine Zeit herausragender Erledigungs-de-blockade. Während die akut abzuschließende Tätigkeit (Masterarbeit, Steuererklärung, Partykolumne) nämlich ums Gotterbarmen nicht erledigt werden will, erfahren andere urplötzlich größte Zuwendung. Diese anderen Aufgaben hatte man zuletzt unverschuldet schleifen lassen. 

Zu viel Arbeit für Papierkram, zu gutes Wetter für Wohnungsputz, und überhaupt ist eh bald Winter, da kann man sich dann um diese Sachen noch viel besser kümmern. Urplötzlich tauchen aus dem Nichts also lauter Dringlichkeiten auf, die absolut keinen Aufschub gestatten. Von einem Tag auf den anderen ergilben Vorhänge und müssen gereinigt werden, der Dielenboden schreit vorwurfsvoll nach einer Ölung. Keine Sekunde länger ist die Unordnung im Gewürzregal zu ertragen, und beim wirklich überfälligen Verräumen zahlreicher Versandhaus-Kartons zeigt sich das Kellerabteil von einer überraschend unsortierten Seite, die man den übrigen Hausbewohnern keinesfalls weiter zumuten sollte. Man kann, nein, muss Briefe an die Omas schreiben, und der Umstand, dass diese eine winzigkleine Spezialglühbirne in der Lichterkette seit Monaten nicht mehr funktioniert, macht einen gewissenhaften Besuch im Baumarkt unabdinglich. Hier wird also gar nicht aufgeschoben, sondern schwer gearbeitet. Man lehnae sich entspannt zurück und betrachte stolz das Tagwerk. Gebe euch zuvor jedoch noch Hilfestellung zum Prokrastinieren. 

Wer eben dies als „Tic“ akzeptiert hat, trägt den am besten in die Mitte (Hallplatz) und die erfolgreich und mühsam auswendig gelernte Zahl „Pi“ dem Türsteher im 360° (Adlerstraße) vor. Wer dem „Tonkunzum“ anheimfällt, ist in der Kulturkellerei (Königsstraße) gut aufgeboben, und wer einen „Plattenrausch“ erleidet, im Stereo (Klaragasse). Elektronische (und andere) Räusche stehen beim „Rakete Sommerfest“ bevor (Vogelweiherstraße), und da lohnt es sich gar nicht erst, heim zu fahren, schließlich geht es Samstagmittag direkt mit dem „Vier Farben Festival“ weiter. Wem’s da zu bunt wird, der saust ins Cult (Dooser Straße) und zelebriert „Die Macht der Nacht“ oder durchläuft „Flashbacks“ im Nano (Weikertsgässchen). Erscheinungen hat man vielleicht bei der „Ü30 House Edition“ im Terminal (Flughafenstraße) und dem „Verboten gut feiern!“ im Marquee (Klingenhofstraße). Jetzt den Sonntag noch mit „Glücksgut“-Grillen im KuGa (Königstraße) verfüllen. Alles geschafft! 

Samstag, 10. August 2013

Hundenichthalter

Mit Fug und Recht kann ich behaupten, ein tierlieber Mensch zu sein. Ich errette Igel von befahrenen Straßen und gräme mich anschließend über deren Verbleib, ich helfe schleimigen, fetten Kröten gruselnd auf ihrem zwanghaften Weg, und der Umstand, vor zehn Jahren auf der Autobahn einer Maus nicht rechtzeitig ausgewichen zu sein, bereitet mir schlaflose Nächte. Ich kann auf Anhieb eine Taube von einem Spatz unterscheiden und bin zu Tränen gerührt vor hilfloser Wut, wenn im Fernsehen ein Hyänenwelpe verendet. Doch jede Liebe hat ihre Grenzen, und meine Grenze beginnt bei unerzogenen Hunden. Konkreter: bei unerzogenen Hundebesitzern. Ähnlich wie Menscheneltern erachten Hundeeltern ihren Spross als das Schönste und Liebenswerteste, was der Welt je geschenkt wurde, projizieren diese Sicht auf die beglückte Umgebung und setzen entsprechende Reaktion voraus. 

Jetzt ist das aber so: Ein wunderschöner junger Hund verliert schlagartig seinen Liebreiz, wenn er aus einem Gewässer wieder auftaucht und sich im Sandbuddeln übt. Sich dann, weil er ja weiß, dass jeder Mensch ihn liebt, direkt vor einen hinstellt, um mit Effet und Élegance das Fell auszuschütteln. Wenn er nun, Lob erwartend, im Triumphzug erst um einen herum und dann über einen hinweg stolziert, um anschließend in Siegerpose auf dem Rücken des vermeintlich neuen Fans zu verharren, wird’s schwierig. Noch schwieriger wird’s, wenn der dazugehörige Befehlshaber mit verklärtem Blick danebensteht grad noch so ein „Ja mei, er ist halt noch recht jung, gell!“ herausbringt. Weder Pfiffe vorneweg noch Entschuldigungen erachten weitere sogenannte Halter (eigentlich: eben-nicht-Halter) für angemessen, wenn ein riesenhaftes Fellungeheuer triefend nass und bis zur Schulter voller Schlamm fröhlichst auf eine kontemplative Gruppe zusteuert, um diese dann in einer Art Hunde-Twister so zu durchqueren, dass beim Drüberlatschen auf jedem einzelnen Stück Stoff mindestens drei Pfotenabdrücke hinterlassen werden. Das hatter aber fein gemacht, denkt sich die Nichthalterin, und zwinkert der konsternierten Gruppe fröhlich zu.

Gottlob sind Hunde in Diskotheken eher spärlich gesät, und deswegen flüchten wir uns schnell dorthin. Größtes Ding am Wochenende: Freitag und Samstag „Brückenfestival“ (Theodor-Heuss-Brücke) mit jeweils Aftershow in Desi (Brückenstraße) und MUZ (Fürther Straße). Ansonsten der „Hirscheffekt“ genau dort (Vogelweiherstraße), „Smooth Society“ beim Nachbarn Rakete, „Pon di Attack“ im Nano (Weikertsgässchen) und „WHMC“ im Stereo (Klaragasse). Samstag geht es fröhlich weiter mit „Dein Samstag“ in der Indabahn (Bahnhofsplatz), „Samstag360“ im Kreisklub (Adlerstraße), „Eine Nacht“ in der Mitte (Hallplatz), „Klangbrause“ in der Kulturkellerei (Königstraße) und den „Disco Classics“ im Terminal (Flughafenstraße). Und am Sonntag fühlt ihr euch dann elend. Hundeelend.


Samstag, 3. August 2013

Technische Versiehrtheit

Ich finde ja, ich bin technisch recht bewandert. Ich erfreue mich u.a. des Besitzes eines Fernsehers (und werde ausgelacht, weil ich Videotext nutze) und eines Notebooks (bei dem ich manchmal vergesse, dass ich das habe, um nicht an einen Ort gefesselt zu sein). Ich kann mittlerweile „Smartphone“ sagen und mit Stolz behaupten, meinen MP3-Player noch nie „Walkman“ genannt zu haben. Meine technische Versiertheit stößt jedoch immer dann an ihre Grenzen, wenn die Technik nicht von alleine das macht, wofür sie geschaffen wurde. In Analogie zum Lichtschalter bedeutet das: Ich möchte irgendwo drücken, und dann hat das zu funktionieren. Tut es das nicht, sehe ich mich gerade noch dazu imstande, die Birne zu wechseln. Geht das dann auch nicht, kaufe ich mir entweder umgehend eine neue Lampe oder rufe den Vermieter oder gleich den Stromanbieter an, um ihn einer hochnotpeinlichen Befragung zu unterziehen, wieso zum Donnerwetter jetzt die Leitung tot ist. Welcher Schritt fehlt? 

Genau. Der, mich in internistischer Art und Weise mit der Lampe auseinanderzusetzen, um sie zu reanimieren. Es hapert hierbei jedoch nicht primär an Versiertheit, sondern an Geduld, und außerdem ist der Mensch ja anpassungsfähig. Versehentlich alle TV-Programmbelegungen gelöscht? Halb so wild, kaum vier Wochen später weiß ich, dass ZDF jetzt auf der 10, HSE24 dafür auf der 1 ist.  Empfinde das als durchaus evolutionären Vorteil. Schwierig wird’s jedoch, wenn die Technik, und das tut sie naturgemäß, schneller evolutioniert als ich, denn das führt uns wieder zur Geduld, oder besser: in Ermangelung derselben an den Rand eines Anfalls. Das neue Notebook läuft mit Windows 8 statt Vista? Am alten arbeitet sich’s doch auch ganz gut. Das neue Handy (!) ist, weil zwei Jahre jünger, nicht exakt so aufgebaut wie sein Vorgänger? Vielleicht stört es doch nicht so sehr, dass das alte dauernd ausgeht, sei’s wegen Absturz oder Akkuschwäche. Kommt irgendwer und zwingt mich zur Umstellung, indem er das Altgerät aus dem Fenster wirft, erfolgt erst der Anfall, dann die Anpassung. Und schon bin ich wieder sehr versiert.  

Mindestens ebenso wie ihr darin, euch im Nachtleben herumzudrücken. Es braucht halt einen kleinen Stups, aber den könnt ihr haben. Am Freitag in Richtung Kulturkellerei (Königstraße, „Klassiklounge“), Mitte (Hallplatz, „Optimus Maximus“) oder Stereo (Klaragasse, „Disko2000“), einen größeren Stups in die Indabahn (Bahnhofsplatz, „Best Friday“) oder Bar77 (Luitpoldstraße, „We love 90s“) und einen großen ins Marquee (Klingenhofstraße, „Die große Schlagernacht“). Am Samstag ins Stars zum Abschiedstrinken (Engelhardsgasse), in die Rakete (Vogelweiherstraße, „Rigorös“), den Hirsch (ebd., „CSD Abendparty“) oder mal ins Loop (Klingenhofstraße, „Indie X-Tasy“). Und am Sonntag auf den Marienberg („Folk im Park“). Hopp!