Freitag, 28. April 2017

Schweinekatzen

„Wünsche ans Universum“ ist so ein esoterischer Quatsch, den ich bislang immer als esoterischen Quatsch abgetan hab. Doch wie so oft kommt dann das Schicksal daherspaziert, nimmt mich fröhlich pfeifend in den Schwitzkasten und unterzieht mich einer sauberen Läuterungsaktion, aus der ich kathartisch hervorgehe und fortan ein Stück demütiger umeinanderposaune. Im vorliegenden Fall hab ich scheint’s das Wort „Haustier“ ein- bis 17-mal zu oft in den Mund genommen, und rumms – hat man den Salat. Oder besser: das Nassfutter. Von vorne. Weil der Mensch ja wegen Insektizideinsatz sein Domizil verlassen musste, reiste er von dannen. Weil der Mensch halt ist, wie er ist, denkt er sich, ach mei, Ostern in Prag, wer will denn da schon hin, da such ich locker-flockig eine Unterkunft quasi von der A6 aus. Mit der Suche ist man überraschend schnell fertig mangels Auswahl und dann dermaßen erleichtert, dass er den Hinweis „bitte Katzen füttern“ bei der Airbnb-Rettung quasi ignoriert. Weil jetzt mein katzenferner Kopf denkt sich: Futter. Punkt. Dann aber doch Gemaule: Katzen, Katzen, immer nur Katzen, wieso man da jetzt nicht einfach mal zwei Hausschweine haben könnt, wär doch eh und überhaupt. Ankunft. Katzenkram. Schulterzucken. Katzensuche. Katzenfund. Mit Herzinfarkt: In der Bauchhöhle einer Schildkröte (Plüsch) zeigen sich unversehens zwei Zombies. Vier Füße, Schwanz und Ohren, das schon, jedoch in nackert. „SCHWEINEKATZEN!“ hab ich ausgerufen, „PFUI DEIFI!“ und mich fortan geekelt. Weil jetzt soll’s zwar Menschen geben, für die sind Nacktkatzen irgendwie gesund, weil sie eine Allergie plagt und sie sich sonst damit abmühen müssten, Katzenhaar mit Zigarettenteer in der Lunge zu verklumpen und dann morgens tiefschwarzes Gewölles zu expektorieren. Ich aber halt nicht, und jetzt hab ich lernen dürfen, dass ich mich mit einer in Deutschland verbotenen Qualzucht hab rumärgern müssen. Die mit einem widerwärtigen Rattenschwanz behängten Tiere nämlich, denen an der Nase schwarze Bubbl statt schnurriger Haare wachsen, die Schwimmhäute haben statt samtiger Pfoten, gewürgte Kugelaugen statt sanftem Blick und noch derlei mehr, sind erstens nachtaktiv, da lichtscheu, und zweitens unanfassbar. Man stelle sich fettiges Veloursleder vor, was weder für die gleichzeitig nach Zuneigung schreiende Katz noch für das gänsebehautete mich auch nur entfernt angenehm ist. So. Und wer Schweinekatzen nicht liebt, der liebt halt auch gleich noch viel weniger über Nacht eingeranztes Nassfutter und auch nicht über Nacht lustig in der ganzen Wohnung umeinandergewedelte Streu! PFUI DEIFI! Liebes Universum, ich brauch vielleicht doch kein Haustier. Wirklich nicht. Zumal ich doch jetzt hauptberuflich Balkoniere bin. Aber dazu ein andermal. 

Freitag, 21. April 2017

Telefonseelsorge

Neues vom Pubertier! Wegen Ferien Ausflug in die große Innenstadt, wegen neuerdings gottlob immer noch nicht voll geschäftsfähig erstmals ohne lästige Gouvernante. In aller Herrgottsfrüh, also so gegen 10, Audio (das ist wie Anrufen, nur ohne unterbrochen werden zu können). Man würde ja jetzt dann zu neunt äh nee zu zehnt mit der Svenja und müsste aber grad Frühstück und sehe sich deswegen außerstande das Wetter, müsse aber dringend wissen wegen Klamotten. Ich: freudig. Man plane scheints eine ausgedehnte Wandelung auf den Spuren des NS-Regimes unter freiem Himmel, wie schön, um sicher im Anschluss auf den Pfaden des Kaiserreichs zu kontemplieren und einen lockeren Spaziergang durch den Tiergarten zu unternehmen. Antwort: „Hä?“ Ich, seufzend: Na Geschichte, Bio und überhaupt? „Hä?“ Wisse man doch alles, überhaupt neuerdings voll gut in Bio, Lehrerlob, nein nicht nur das eine Mal, als von mir der Unterschied zwischen Virus und Bakterium eingeprügelt wurde, sondern weil man letzthin den zwischen Vene und … äh … äh … Sehne so toll erklärt hätte. Zwischen was? Na Vene und Sehne! Ja freilich, Schatz, das hast du sicher ganz großartig erklärt, ich bin stolz auf dich! … Ja, und jetzt jedenfalls müsse man das wissen wegen der Klamotten. Hab ich dies und jenes ins Feld geführt und auch, dass Madame sich doch von -20° nicht davon hat abhalten lassen, in Superstars statt der extra erworbenen Lammfellstiefel durch den Schnee zu waten und mir passive Blasenentzündung zu bereiten durch das konsequente Tragen von bauchfreien Leibchen, derweil ich mir die Angoranierenwärmer schichtenweise um den Wanst geschnürt … In der Tat liebäugele man mit einem Shirtchen, das die zu meinem altweibischen Missgefallen neuerdings zu tragende „High Waist“ besonders in Szene setze, jedoch sei die Problematik diejenige, dass man dies mit einem Parka zu kombinieren gedenke. Ähä? Ja, weil wenn man irgendwo reingehen wölltete … Ich: Ah! Welches Museum? … Wie zum Beispiel in dieses große Einkaufsdingens da in der großen Dingsstraße oder halt Burger und so, dann sähe man sich in dem Zwiespalt, im Parka zu schwitzen oder im Leibchen zu frieren. Und da haben wir jetzt keine Strickjacke? Nein. Also keine die dazu passt. Ja, Mausi, hab ich dann gesagt, dann weiß ich jetzt fei auch nicht, irgendeinen Pulli wird’s schon geben im Schrank. Die Frequenz der Antworten ließ darauf schließen, dass sich bereits den Malerarbeiten zugewandt worden war und nur noch ein lästiglässiges „Jaja“ möglich. Ich, autoritär: Missy, dieses lästiglässige „Jaja“ kannst dir fei sparen bei mir, es geht hier schließlich um deine Klamotten und nicht um meine seit einer Viertelstunde. „Jaja. Pech. Weil schau: Hast du jetzt trotzdem eine Viertelstunde verdingst. Tschüß!“ Ich hab’s schon auch nicht leicht.„Es geht vorbei, bye bye Pubertät …“ 

Samstag, 15. April 2017

Zimmerpflanzeneuthanasie

„Inspiration comes with the Zeitdruck“, hat die Kollegin grad geschlaumeiert, weil ich so: heulheul, seit Stunden, weißes Blatt, Haareraufen, Fingernägelkauen. Aber gut, die tut sich ja leicht, weil die lehnt sich halt zurück auf ihrem Ohrensessel und wartet, dass das Hausgetier schon irgendeinen Unsinn veranstaltet haben wird, den man für die Nachwelt chronisieren muss, wähwähwäh. Schwach hebe ich den Kopf von der Tastatur und mantraisiere, dass ich aber halt kein Haustier … Ja ja, ihr wisst’s, ich weiß. Wobei das so grad gar nicht mehr stimmt, hab ich doch derzeit ganz viele Haustiere. Unfreiwillig. Eins davon ist sehr grün und sehr rosé, hört auf den wohlklingenden Namen „Hortensie“ und säuft mir die Haare vom Kopf. Ein Charakterwesen, das sich zuweilen über Nacht in eine beleidigte Leberwurst verwandelt. Um mich wissen zu lassen, dass ich es vernachlässigt habe, stellt es sich scheintot und lässt sich nur widerwillig durch hurtig eingeleitete Reanimationsmaßnahmen versöhnen. Manchmal droh ich im Zwiegespräch mit sofortiger Entsorgung, doch da lacht sie mich nur fröhlich an, winkt mit den Blüten und weiß sehr wohl, dass ich das nicht übers Herz bringe. „Euthanasie von Zimmerpflanzen“, ein Thema, das mich seit jeher beschäftigt. Aufgrund einer in meinen Gemächern Einzug gehalten habenden Trauermückenplage aktueller denn je. Weil Haustier vielleicht super, aber eher nicht in Form überall herumliegender Leichen. Doch anstatt alles vom Balkon zu werfen, versuch ich vom Streichholz bis zum Aschewasser allerlei Hausmittelchen, um mich statt der Grüngenossen nur der flüggen Plage zu entledigen. Pflanzen kann ich nicht mal umbringen, selbst wenn ich’s versuche: Ein Basilikum, der normalerweise exakt bis kurz vor der ersten Ernte hält, schwoll im letzten Sommer zu einem Gebüsch an. Der Versuch, das Getüm im Herbstfrost sich selbst zu überlassen, scheiterte, und so nahm ich das tapfere Wesen mit hinein, wo es nun in der Küche zu einem strammen Wald mutiert ist. Anderen Pflanzen stehen seit Jahren in einem Zwist mit mir, indem sie mir bockig beweisen, dass es sehr wohl möglich ist, keinerlei Erde, geschweige denn Nährstoffe zu benötigen und stattdessen auf dem Wurzelbett sich selbst zu genügen. Der König der Disziplin, darf ich an dieser Stelle verraten, steht in der Marienstraße. Der Gandhi unter den Zimmerpflanzen: Zimmerhoch, klapperdürr, bar jedweder Habe, lebt er aufrecht in der Ecke und schleudert einem jeden Besucher freundlich seinen Stolz ins Gesicht. Jetzt Erkenntnis: Hausmittelchen kills the Zimmerpflanze. Gelb, grau und traurig hängen alle in der rum, derweil die Trauermücken totentanzen. Hab jetzt alles offiziell vergiftet, mich ins Ausland abgesetzt und hoffe auf eine Auferstehung bis Montag ganz im österlichen Sinne. Und dann schauen wir mal, wer als letztes lacht.

Freitag, 7. April 2017

Tramsurfen

Grad bin ich Bus gefahren. Nein Schmarrn was red ich, Bus fahren – kann sich doch kein Mensch leisten. Also ich mir nicht. Also nochmal: Grad ist ein Bus an mir vorbei gefahren. Versonnen hab ich ihm hinterhergeblickt und mich an gute alte Zeiten erinnert, wo der Bus und ich gute Freunde im Sinne eines schwedischen Hauptstadtyndroms waren, fuhr er mich doch täglich in die Lehranstalt unter Bedingungen übrigens, deretwegen die Hubschraubermütter des Landes heutzutage Volksbegehren anzetteln. Ich nenn’s mal kuschlig. Heut ist der Bus eher so eine Art gesundheitliches Mahnmal, das mir „Du möchtest laufen!“ zubrummt oder „Du scheinst ja zu viel Geld zu haben!“ hinterherruft. Beides ist nur halb richtig, aber was soll man machen. Der ÖPNV gehört den Reichen und Verzweifelten, und da kannst jetzt schon auch wieder sagen, schon gut für wenigstens eine der vorgenannten Gruppen, wenn’s da bald internettet. Weil der Markus verspricht ja ein WWW für alle, und weil er nicht so recht weiß, wohin mit seinem Schlachtruf, der im Selb’schen schon irgendwie Sinn ergibt, im Nürnberg aber halt nur noch so mittel, möchte er das Internet in die Straßenbahn hineintun. Oder wenigstens die Haltestellen. Das ist sauber wichtig, und ich stell’s mir schön vor, wenn die Straßenbahn bald die Eckkneipe von damals ist, sitzt der demontierte Herr mittleren Alters doch dann künftig nicht mehr schweigeglotzend an einem Tresen, sondern schweigentindernd im Wartehäusl. Fussi gibt’s da dann ja auch. Schon hat die VAG ihre Gesundheitsmission erneut erfüllt mit staatsministerlichem Support, und alle klopfen sich auf die Schulter. So, jetzt letzthin neue Meldung: Man tät grad schauen, wo auch in der UBahn ein WLAN Spaß machen könnt, und zwar wichtig: dem internationalen Publikum. Hab ich vor lauter Freude direkt mal in die VAG hineingefragt, wer jetzt das eigentlich zahlen soll, und ob’s dann ganz zufällig wieder 17 Tariferhöhungen gibt in Folge und 500 Meter Busreise künftig preislich gleichauf liegen mit einer formidablen Achterbahnfahrt, nur weniger windig. Hat die befragte Person dann erst um Zeitaufschub gebeten wegen Fachpersonalsuche, dann war sie krank und dann auf unbestimmte Zeit verreist – bis heut hab ich keine Antwort. Macht aber nichts wegen ich fahr ja Radl, strotze vor Gesundheit, danke VAG, und freu mich eh jetzt schon auf die erstaunte Vermeldung ausschweifender WLAN-Partys in Ubahnhöfen. Ganz bestimmt vertreibt der surfende Tourist dann auch den Plebs im Hauptbahnhof. Juhu, schon wieder einen Punkt abzumhaken. Ergo bibamus! Und dann so singen: „Rirarutsch, wir fahren mit der Kutsch. Wir fahren mit der Schneckenpost, wo es keinen Pfennig kost. Rirarutsch, wir fahren mit der Kutsch.“