Samstag, 27. Mai 2017

Vatertagsvorabend

„Ich verstehe nicht“, wird grad deutlich hörbar und nicht zum ersten Male neben mir reklamiert, „was das mit dem Unsinn soll, dass man AN Feiertagen frei hat und nicht am Tag DANACH!“ Wo doch wirklich jeder wisse, dass AN den Feiertagen selbst sich derart verausgabt werden müsse, dass es im Anschluss eine Erholungsphase unabdinglich sei, siehe erster Mai. Und so wie am ersten Mai die Arbeit gefeiert wird, obwohl man grad gar keiner nachgeht, wird an der Himmelfahrt scheint’s gefeiert, dass man noch einmal davongekommen ist, mit dem Vatersein. Während der Muttertag bekanntlich dazu dient, der eigenen Frau Mama zu huldigen, sie einmal im Jahr zu umgarnen, ins nächste Café zu schieben und zumindest irgendwie den Anschein zu wahren, die Mutterschaft zu preisen, preist am Vatertag der Knabe weitestgehend sich selbst für seine ruhmreiche Existenz. Zumindest könnte man ganz vielleicht zu dieser sicher völlig falschen Annahme kommen, wenn man sich mal so ein bisschen anschaut, was da eigentlich so umeinanderfeiert an diesem Vatertag. Jetzt muss ich von weiteren gesellschaftskritischen Betrachtungen leider nachdrücklich Abstand halten, und auch jedwedem Soziologen und anderem Menschenforscher sei geraten, mit Erkenntnissen hinsichtlich der menschlichen Natur, die nicht ergeben, dass wir alle gleich sind, lieber hinterm Berg zu halten, haben doch jüngste Vorkommnisse irgendwo im fernen Norden gezeigt, dass wer die Wahrheit sagt, fürderhin besser ewig schweigen möge. Sag ich jetzt also nicht, dass egal ob Pöbel oder Akademiker, das Vatertagsgewese keinen Unterschicht, äh, Unterschied macht, nein, im Biere sind wir alle gleich. Wobei ich schon sagen muss, dass meine Vatertage seinerzeit dergestalt verliefen, dass ich in einen Fahrrad- oder Autositz geschnallt worden bin , um einen saulustigen Tag bei einem Jazz- oder Dixie-Frühschoppen zu verbringen. Saulustig war das. Für den Vater. Wir sehen: Da gab’s noch strenges Regiment und Familienausflug. Alternative: Die Vatertagsvorabendfeier. Am Vatertagsvorabend büchst der Mann unter dem Vorwand eines Konzertbesuches aus. Dort werden vom Mitmenschen weitestgehend unbemerkt sehr viele Hopfenkaltschalten in sehr kurzer Zeit geleert, was ein ordentliches Heimgehen im Anschluss an ein Konzert unmöglich, die Einnahme weitere Getränke jedoch zwingend erforderlich macht, so wie „Käse schließt den Magen“, obwohl der bereits zum Bersten gefüllt ist. Völlig unverschuldet werden dann aus dem einen Absacker circa 17, die Ereignisse überschlagen sich, der arme Mann trudelt hilflos im Sturm des Geschehens und irgendwann nach Hause. Dafür hab dann im Anschluss ich aufs Vaterwohl getrunken. Lieber Papa, wegen dir geht’s mir heut eher so mittel. Nächstes Jahr möchte ich mit dir wieder zum Jazzfrühschoppen, okay? 

Freitag, 19. Mai 2017

200x Dankeschön

„Vor lauter Qual“, hab ich grad in eine Email hineingeschrieben, „dieses sehr weiße Blatt Papier für euch zu befüllen, hab ich ganz vergessen, dass ich mir eigentlich heut für’s 200. Sofa auf die Schulter klopfen wollte.“ Und weiter: „Aber dann klopf ich halt stattdessen euch auf die Schulter, weil ihr immer so ganz arg geduldig seid mit mir und gar nicht pausenlos anrufen müsst und nachfragen, ob denn das Sofa wohl noch kommt. Danke!“ Weil man darf ja nicht vergessen: Die wahre Leistung mit dem allwöchentlichen Kanapee, auf welchigem ich selbst mich rekele und hier und da geschwind mal eine kleine Glosse aus dem Ärmel schüttle, bevor ich mich wieder meinen anderweitigen Kontemplationen zuwende, die erbringen selbstverständlich die Herr- und vor allem Damschaften in der Redaktion. Ich tu mir ja leicht. Ständig springt mich eine Inspiration an, sei’s nachts im Schlaf, sei’s beim heiteren Beisammensein, sei’s bei der Leibesertüchtigung, immerzu ist’s lustig in meinem Kopf, und dann nehm ich den lustigen Gedanken und pack ihn mirnichts, dirnichts, mal eben ins Papier hinein, und kaum eine bis neun Stunden akribischer Formulierkunstarbeit ist das Opus auch schon fertig und dann drück ich einmal auf „Senden“ und huuuuuui fliegt das Sofa einmal quer übers Nürnberg und hinaus aus meiner Verantwortung. Dann lehn ich mich zurück in meinem Massagesessel und stell mir vor, was jetzt da drüben wohl passiert: „Hat jetzt die Wasmeierin schon das Sofa geschickt?“ – „Nein, immer noch nicht.“ – „Aber da ist sie schon, oder?“ – „Ja also ich weiß von nichts anderem.“ – „Und schicken tut sie’s auch?“ – „Hat sie doch bisher immer.“ – „Aber Kreuzbirnbaumundhollerstauden hast du schon  mal auf die Uhr geschaut? Ich ruf jetzt da lieber mal …“ – „Nein besser nicht, wegen noli turbare circulos meos.“ – „Hä?“ – Passt schon. Ach schau, jetzt hat sie was geschickt.“ – „Hat die ein Glück. Schaust du’s dir an?“ – „Bitte nicht schon wieder, ich hab doch erst letzte Woche …“ – „Na gut, aber dann motz nicht wieder, wenn ich die ganzen Logikfehler überseh.“ – „Naa ist schon gut, ich mach das ja auch meistens eher so ‚Augen zu und durch‘!“ – „Echt jetzt? Schlägst du nicht lieber immer jedes Wort, das komisch klingt, im Duden nach?“ – „Bist du wahnsinnig, da kommt doch kein Mensch hinterher. Und die Wasmeierein sagt eh: ‚Wenn ich das Wort mal geschrieben hab, dann gibt’s das ab dem Moment auch.‘ Die Diskussion kannst dir also sparen.“ – „Und am End steht eh ihr Name drüber.“ – „Genau.“ Und so weiter und so fort. Eine schlimme Mühsal, und das nur wegen mir, und das schon seit 200 Wochen. Da sag ich jetzt einmal „Dankeschön“ und … Oha, eine Email: „Liebste Katharina, bearbeite gerade deinen schönen Longboarder-Beitrag, aber a Sofa brauchma scho aa no ...“ Ja ja, ist ja gut. Ist doch erst 16 Uhr … Ein Gläschen auf euer Wohl – und eure Geduld! Kommt ihr mit? 

Freitag, 12. Mai 2017

Mutterleid

Als ich um Weihnachten herum mal erzählt hab von der entfernten Verwandten, die scheint’s das Abstillen ihrer Nachkommenschaft nicht recht verkraftet hat und seitdem sich sorgt, der Nachwuchs könnte verhungern, da hab ich mir hernach einen sauberen Anschiss eingefangen. Weiter darf ich mich nicht äußern, weil die entfernte Verwandte sich erbeten hat, ich möge mit derlei Unverschämtheiten zurückhaltend umgehen, da sie nicht einsehe, warum alle Welt dem Irrtum auferliegen solle, ich sei mit einer Rabenmutter gesegnet. Gut, jetzt muss ich reuig mein Haupt neigen und sagen, ich wusst’s halt nicht besser, bin ich doch schließlich im Thema „Mutterschaft“ tendenziell auf der Nehmer- denn der Geberseite bewandert. „Ich muss immer um sechs aufstehen, auch wenn ich frei hab“, hat unlängst eine Kollegin ins Telefon gelitten. Warum jetzt das, hab ich schlau gefragt, und erfahren, man müsse dem Sohn das Pausenbrot bereiten, sonst verhungere der über den Tag hinweg. „Wie alt ist jetzt der?“ – „18“, hat’s gekleinlautet, und ich beruhigend: „Ach du, ich hab eine entfernte Verwandte, die hat ihrem 30-jährigen Managersohn den Einstandskuchen gebacken und ins Büro hinterhergetragen“, hab ich geplaudert und auch gleich erzählt, dass eben jene Verwandte neulich in größte Not geraten ist wegen einer kleinen Feier, die ich in einer Kneipe ausgerichtet hatte. „Ja und gibt’s dann da was zu essen?“ – „Nein, das ist eine Kneipe.“ – „Ja und bringen die Leute sich dann da was mit?“ – „Nein, das ist eine Kneipe.“ – „Ja und ist denn dann da Platz für ein Buffet oder so?“ – „Nein, das ist eine Kneipe.“ – „Ja aber soll ich dann nicht vielleicht ein bisschen Gulasch …?“ In heißer Liebe entbrannt hab ich Mam… pardon, die entfernte Verwandte wild an mich drücken und busseln müssen. Wegen eh. Und wegen auch ich lern noch dazu, und so beobachte ich mit wissenschaftlichem Interesse mein sich fortpflanzendes Außenrum, bei dem irgendwann anstelle des Gehirns die hormondurchdrungene Superkeit tritt, dass man da jetzt einen Menschen hat, der auf Gedeih und Verderb von einem abhängig ist, und es beginnt ein Kampf zwischen Ratio (Abstillen. Irgendwann.) und Irr(rational), nämlich den Zustand dieser Abhängigkeit bis in alle Ewigkeiten beizubehalten. Da sehen wir schon, wohin das führt und freilich nicht so geht, wegen Zivilisation und allgemeinem Missmut, wenn durch den Schulzaun hindurch statt der Stulle eine Brust gereicht wird. Eh klar, dass der unterdrückte Drang irgendwohin sich kanalisieren muss, und wenn er das in Kuchen, Pausenbroten und Gulasch tut – da freuen wir uns doch sehr. Deswegen, liebe Mama, hast du jetzt noch spitzenmäßige zwei Tage Zeit, dich auf die Kindsspeisung am Sonntag vorzubereiten. Nicht dass du dann in Not gerätst, weil wir da und du nichts zu Essen. Zum Dank geh ich auch nicht aus, sondern bastle dir einen Gutschein für 1x Abspülen. Oder Staubsaugen. Was meinste?  Möchte übrigens darauf hinweisen, dass mir die Geburtsschmerzerfahrung auch nicht fremd ist, ganz im Gegenteil. Hab ich jede Woche. Damit ihr hier und so. So! 

Freitag, 5. Mai 2017

Dynamikbremse

Auto, das ist ja auch nichts anderes als so ein Mensch: Je älter er wird, desto ungerner geht er zum Arzt und wenn doch, dann muss er sich bei einer Diagnoseverkündung ganz feste die Ohren zuhalten und lalala machen. Und das Autolein muss halt auch manchmal zum Onkel Doktor, zum Beispiel, wenn es die Hufbeschläge von Winter- auf Sommermontur gewechselt bekommen soll und selbst-ist-die-Frau-Wasmeier ums Kreuzdonnerwetterzefixhallelujanocheins die Reifen nicht runterzementiert bekommt. Vom Adlaten, versteht sich, ich selbst hatte grad die Nägel frisch lackiert. Nachdem der Adlatus also schweißgebadet die ganze Straße zusammengewutbrüllt hat, hab ich um Aufgabe gebeten, will sagen: betteln müssen, wegen adlatösem Ehrgeiz, und gesagt, da tät ich halt einmal tief in den Sparstrumpf greifen und jemand anderen fürs Umeinanderärgern bezahlen. Gesagt, getan, Einfahrt beim Fachmann, Zeitüberbrückungsratsch nebenan, nach einer Stunde hochmodern Kunde erhalten von wegen Auto ist fertig. Bin ich rüber gewackelt und als ich grad gezahlt hab und türmen wollt wegen totaler Erleichterung wegen niemand hat angerufen und gesagt, Sie, Ihr Auto, das könnten wir auch direkt von hier auf den Schrott, sagt der Fachmann: „Und dann kommen S‘ bitte noch einmal zu mir, gell?“ Hab ich schwer geschluckt und schon einmal kurz infarktiert wegen schlechtem Gewissen wegen „Wenn Sie mir noch einmal so ein dermaßen verkantetes Reifengebilde herstellen, dann setzt’s was!“ und mich ganz klein gemacht. „Ich hab Angst!“, hab ich blinkernd kindchenschematiert. „Neinnein“, sprachs diabolisch-milde, und da hab ich schon das letzte Stündlein schlagen hören. „Also Ihre Bremsen“, erfolgte sogleich die Belehrung, und ich schloss gedanklich: „… sind tippitoppi, wie machen Sie das nur, Sie scheinen ja eine ganz umsichtige Fahrerin zu sein?“ Doch weit gefehlt: „… sind dermaßen runtergerostet, das hab ich selten gesehen. Sie fahren wohl nicht so oft?“ – „Doch, aber halt vorausschauend, wie man’s gelernt hat“, hab ich wutgeschnaubt und dem Weltbild sich beim einmal umstülpen zugeschaut. Da hakelst dich seit Jahr und Tag mit Tempomat 70 dynamisch in den Stadtverkehr ein um dann effektiv die Lücken zu nutzen, querst Ampeln altruistisch bei dunkelorange statt Vollbremsung und Auffahrunfall, kündest von deiner Ankunft auf der Autobahn durch vorausschauendes Linksblinken und Lichthupen anstatt dann lästiger Bremsmanöver wegen Mittelspurgeschleiche und fährst beim Überholen bremsschonend bis auf den letzten Zentimeter auf ... „... und das soll jetzt alles falsch gewesen sein?!“, hab ich über den Tresen geschluchzt und kräftig in den Kostenvoranschlag geschnäuzt. Und gelernt: künftig bei allen Gelegenheiten nur noch spontan ruckartiges Bremsen. Und weiterer Schritt in Richtung nervige Alte.