Freitag, 26. Februar 2016

Schaumparty

Hab ich nicht neulich hier salbadert übers Weh und Ach des Badewannierens? Jetzt ist aber fei was ganz Verrücktes passiert. War’s jetzt so kalt. Also, ist’s. Hab ich arg gefroren. Hat man mir gesagt: Gehst du halt doch bitte in die Badewanne! Hab ich mir gedacht: Gehst du halt doch bitte in die Badewanne. Ich ging ins Bad, drehte die Heizung auf höchst und das Wannenwasser an, schüttete zwölf statt der empfohlenen eins bis zwei Verschlusskappen Schaumbad „Fichtennadel“ hinterher und verließ den Raum, um mir ein Überlebenspaket zu schnüren: Dinge, die ich wahrscheinlich nicht, aber vielleicht ja doch ganz dringend bei mir haben können täten müsste, während ich im Schaum kontempliere, und die deswegen in greifbarer Nähe sein müssen, damit ich weiterhin im Schaum kontemplieren und diesem nicht abrupt nach Art der Venus entsteigen muss.

Da Steuerunterlagen, Waschmaschinen oder Küchen schwer ins Bad zu kriegen sind, beschränkte ich mich auf Literatur und Getränk, des möglicherweise aufkommenden Durstes wegen. Als ich nach circa einer halben Stunde an den designierten Ort des Geschehens zurückkehrte, wunderte ich mich. „Da passt aber viel Wasser rein, in so eine Wanne. Aber schön schaumig ist’s“, und verließ den Raum, um irgendwas alles, was mir möglicherweise während der Badezeit nachzuschlagen einfallen könnte, hurtig zu ergoogeln. Nach einer weiteren halben Stunde blickte ich erneut auf ein Gebirge aus Schaum, unter dem ein Rinnsal aus Wasser waberte, doch kaum hatte ich den Installateur meines Vertrauens gerufen, entdeckte ich auch schon den auf dem Wannenrand ruhenden Stöpsel, und schon hatte ich, Inschenör, der ich bin, das Problem behoben, und stieg Sekunden später in eine volle Wanne.

Die dann noch ein bisschen voller war so mit mir drin, aber so ein Badboden, der gehört ja auch ab und an mal gewischt. Nach weiteren 15 Minuten hatte mein astraler Körper sich dann auch schon an das kochend heiße Wasser gewöhnt, indem er einen Hummer mimikrierte und entsprechend Farbe annahm. Lag ich also und las. Theoretisch. Praktisch schaufelte ich mehrfach das Schaummeer hinfort, das hinter meinem Kopf und um diesen herum waberte, rutschte ständig wegen Längeninkompatibilität nach unten und drohte zu ersaufen, suchte mit dem Zeh vergeblich nach Halt, begann zu schwitzen, musste das Buch weglegen, fand alles sehr unbequem, langweilte mich, setzte mich auf, spielte versuchsweise ein bisschen mit Schaum, befand, es sei genug gebadet, ließ Wasser ab, duschte und entfloh dem tropischen Gefängnis, um mich befreit auf der Couch zu drapieren. Es waren genau sieben Minuten vergangen. Man soll also nicht sagen, ich hätt’s nicht versucht.

Freitag, 19. Februar 2016

z. N. Valentinstag

Ja na sowas aber auch. Oder, wie mein Großvater sagen würde: Jessas, Maria und a kloans Stückerl Josef! Hab ich nicht glatt vor lauter schnödem Mammon, vor Geldgeilheit und Kapitalismusgötzerei letzte Woche die wirklich wichtigen, die großen, die schönen Dinge des Lebens ausgeblendet? Schande über mich, drei Rosenkränze, ab auf die Stille Treppe! Valentinstag, der große Tag der ehrlich Liebenden! War. Also: ist vorbei. Das kann, so man nicht zu den arg vom Schicksal gebeutelten gehört, denen ohnehin keinerlei Aufmerksamkeit zuteil wurde am liebsten Tag der Singles, daran merken, dass die verschiedenen Geschäfte unseres Vertrauens weitestgehend befreit sind von sich an Kreativität und Ästhetik überbietenden Geschenkideen. Das ist schade, weil da waren durchaus schöne Sachen dabei. 

Neben den Quengelregalen eines großen Lebensmittel-und-alles-was-man-sonst-noch-braucht-Händlers beispielsweise, dessen Namen mit „r“ beginnt und auf „eal“ endet, hatten fleißige Hände zahllose Last-Minute-Gebinde in Zellophan gewickelt. Und dann der Vaddi so: „Ich geh mal noch schnell um ’nen Sixer und zwei Pfund Mett“ und dann an der Kasse so „Mensch schon wieder vergessen, wie gut dass ich noch hier bin, da bring ich der Muddi doch gleich mal die Edlen Tropfen und so’n Plüschherz mit, ach prima das gibt’s mit Geschenkband da vorn für 19,99, nehm ich“, und alle so: juhu! Eine Eskalationsstufe weiter sind dann diese MyDays und Konsorten, an deren Werbung für kreative, individuelle Geschenkideen man in den Wochen zuvor zu ersticken drohte. Äh hallo – individuell? Hab ich lachen müssen. Und mir vorstellen, wie jetzt dann in ein paar Wochen in einem Romantikhotel in, sagen wir, Prag, unzählige Pärchen am Frühstücksbuffet um den Lachs rangeln und irgendwann checken: Wir haben alle das gleiche MyDays-Individual-Geschenk! 

Im Anschluss daran gefällt mir der Gedanke, dass sich alle Beschenkten zusammenrotten, ihre uninspiriert-aber-teuer-Schenker-Partner mit erhobenen Cocktailspießchen aus dem Hotel jagen und zusammen eine Mordssause machen, im Zuge dessen bestenfalls ein neuer Lebensabschnittsgefährte rausspringt, der dann kommendes Jahr KEIN Individualgeschenk macht. Wenn doch, ist die serielle Monogamie wenigstens gesichert. Ich persönlich hätte mich am meisten gefreut über das neueste Glanzstück der Sanitärtextilhausmarke „Happy End“ von Erst-mal-zum-Discounter. „Valentins Edition mit romantisch-blumigem Duft & Herzmotiven“ schallmeit es von der rosasüßen Klopapierverpackung. Wie gut ist das denn? Leider wurde auch dieses Geschenk mir nicht zuteil. Schenk ich’s mir halt selbst. Gibt’s bestimmt noch. So viel Größe muss man ja erst mal besitzen, das zu kaufen und am Sonntagsfrühstückstisch zu überreichen. Gibt ja aber noch ‘ne Chance. 

Sonntag, 14. Februar 2016

Kleinazeigen

Ich veräußere aktuell meinen kompletten Hausstand. Weil pur schick ist und weil ich, um ehrlich zu sein, nicht einen Hausstand habe, sondern ungefähr 17, und das in verschiedenen Epochen und Qualitätsklassen. Das will niemand, der nicht ein Museum oder Schloss besitzt. Ich auch nicht. Also weg damit. Mit in gleichem Maße wachsendem Erstaunen und Geldneid hatte ich in den Wochen zuvor beobachtet, wie die Freundin, ebenfalls gewaltig am Ausmisten, Unmengen nicht mehr gewollter Dinge in Bares verwandelte. „Total easy“, erklärte sie mir stets, einfach diese Kleinanzeigen-App und jene, und dann Foto und kurzer Text und bäm würde man von Anfragen nur so überrollt und führe statt zum Wertstoffhof zur Bank. Prima, dachte ich, seit jeher zu faul zum Ebayen, da müsste man sich schließlich in lästigen zwei Zusatzschritten über ein anzusetzendes Porto informieren sowie hernach zu einem Postamt latschen, und da weiß man, das dauert dann alles wieder einen halben Tag.

Also Kleinanzeigen: Menschen kommen, tragen Dinge aus meiner Wohnung und lassen Geld da. So dachte ich mir das und fotografierte munter darauf los, pries nagelneue Kaffeeautomaten an und Geschmeide, Designerstücke und Quatschgeschenke sowie den berühmten „es ist wirklich unglaublich was Menschen so für Müll bezahlen“-Müll und sonnte mich versuchsweise in meinem neuen Reichtum. Lehnte mich zurück und wartete. Und wartete. Und wartete. Prüfte hier und da, ob ich vielleicht irgendeinen Bestätigungslink zur Anzeigenfreigabe übersehen hatte. Hatte ich nicht. Wartete weiter. Sah, wie die Freundin weiter lustig Dinge verjubelte. Wartete weiter.

Wurde traurig. Niemand möchte meine Sachen, klagte ich, dabei ist da so tolles Zeug dabei und auch gar nicht teuer, ich versteh das nicht, wieso will das denn niemand, ich glaub niemand mag mich, so muss das sein, niemand liebt mich! und stornierte die prophylaktisch getätigten Bestellungen, die ich mit dem sicheren neuen Nebengehalt getätigt hatte. Dann endlich eine Anfrage! Juhu, der Knoten schien geplatzt. Um die über die folgenden Stunden voller Ungläubigkeit sich erstreckende Konversation abzukürzen: Ein junger Mann aus Kempten bot mir 50€, wenn ich ihn mittels eines Fotos, das er mir schickte, und der Spaßartikelvoodoopuppe, die ich zum Verkauf anbot, mit Nadeln malträtieren würde. Es folgte dann noch eine Nachfrage, ob ich vielleicht auch getragene Socken veräußern würde sowie eine solche, ob ich, äh, wie soll ich’s sagen, mein zum Verkauf stehendes altes Bettgestell schon auf Tauglichkeit und Stabilität getestet hätte weil man, öhm, es nämlich für den Dreh eines privaten ähm Erinnerungsvideos erwerben wolle. Ja also. Ich weiß jetzt auch nicht. Psychoderivationen zu generieren war eigentlich nicht mein Ansinnen. Ob sich damit auch Geld verdienen lässt? Ich geh mal in mich.

Freitag, 5. Februar 2016

Parship

Ich hatte grad Januar. Was so viel bedeutet wie: Ich mach grade alles, was ich in den anderen elf Monaten niemals tun würde, und freu mich wie Bolle. In erster Linie ist hierunter zu verstehen, dass ich eine innige Beziehung mit meiner Couch eingegangen bin, die ja das restliche Jahr über aufgrund bekanntem Veranstaltungs- und Aktivitätsangebotsüberfluss sowie einer bis zum Pathologischen ausgeprägten Spaßverpassungsangst kaum zu Gesicht bekomme. Weil man aber nicht immer nur Reclamhefte lesen kann und im Brockhaus blättern, muss hier und da das Fernsehgerät aktiviert werden. Und weil man auch in diesem nicht immer nur Arte, Bayern Alpha und 3Sat schauen kann, begegne ich gelegentlich abendfüllenden Werbeblöcken, die gelegentlich, aber nicht weiter störend von einem sogenannten Blockbuster unterbrochen werden, womit auch endlich geklärt wäre, wie der „Blockbuster“ eigentlich zu seinem Namen kommt.
In diesen Werbeblöcken tritt, zumal am Wochenende, eine relative Häufung von Anpreisungen von a) Diätprodukten, b) Sportgedöns à la „I make you sexy“-Drohung und c) Anti-Single-Portalen auf. Weil ich so schlau bin, weiß ich, dass Werbung auf die angenommene Zielgruppe optimiert wird (Putzmittelchen und Schoki und Ekelsüßlikör beim „Bachelor“, Gillette-wir-haben-mal-wieder-den-besten-Rasierer-aller-Zeiten-erfunden und Auto beim der Champions League) und bin umgehend beleidigt, bin’s doch schließlich ich, die Samstagabend an der Couch lauscht und darob von der Industrie als äußerlich optimierbar vorverurteilt wird. TSA! Bei der Single-Plattform aber werd ich hellhörig, vor allem bei der einen jenen welchen.
„Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship“, pontifiziert es da nämlich. Umgehend stellt sich da ein Gefühl des Mitleids ein: Der arme Single, denk ich mir da nämlich, sitzt er jetzt im Irgendwo und ist verliebt und schmachtet vor sich hin und muss dann Schoki und Ekelsüßlikör in sich hineintun und dann wieder von vorne beginnen mit dem ganzen Scheiß. Parship generiert lauter unglücklich Verliebte und wirbt dann auch noch damit, das find ich nicht in Ordnung. Weil sonst müsste es doch heißen „alle 11 Minuten verlieben sich zwei Singles ineinander über Parship“! Das wäre schön! So: ein Szenario des Kummers. Aber wir können ja mal kurz nachrechnen: „Alle 11 Minuten“ sind 131 am Tag, also knapp 48000 im Jahr. Parship hat in Deutschland knapp fünf Millionen Mitglieder. Nach Adam Riese dürfen wir die Werbung also wie folgt modifizieren: „Parship – nicht mal 1% unserer Mitglieder verliebt sich pro Jahr“ – also auch nicht unglücklich. Also alles wieder gut.