Samstag, 30. November 2013

Beauty first, safety second

Aus einem vor vielen Jahren gescheiterten Erziehungsversuch (es ging um Fahrradhelme, Frisur und Sicherheit) hat sich im Laufe der Zeit ein geflügeltes Wort entwickelt. „Beauty first, safety second“ lautet seitdem das Motto, unter dem das Tragen bestimmter Kleidungsstücke oder Accessoires in der Öffentlichkeit als gesellschaftsuntauglich und darob strikt verboten gilt. Dazu gehören Trekkingsandalen (außer im Wanderurlaub) ebenso wie Bauchtaschen (auch da), Jogginghosen (außer auf der Couch) oder hautfarbene Leggings (dito!). Es gibt allerdings Bereiche, in denen aufgrund höherer Gewalt Ausnahmen gemacht werden dürfen. In so einer Extremsituation befinden wir uns derzeit wieder.
Betroffen hiervon ist zum einen der sogenannte Komfort- oder auch Bequemschuh. Der zeichnet sich durch einen nahezu absurden Mangel an Ästhetik aus, verfügt dafür aber über eine fußgerechte Gesundform und sieht aus, als hätte man sich ein Schnabeltier ans Bein gebunden. Und das wollen wir nicht, nein. Bis zu genau dem Tag, an dem erstmals die Füße am Kopfsteinpflaster festfrieren. In großem gesellschaftlichen Konsens darf man jetzt alle Prinzipien über Bord werfen – Optik egal, Hauptsache, eine fünf Zentimeter dicke Gummisohle trennt uns von der Blasenentzündung, der Schuh ist wind- und wasserfest und so massiv, dass man ihn innen auch noch mit drei Lagen Lammfell tapezieren kann. Der zweite Bereich heißt „Mütze“, und hier wird’s schwierig, weil man die nicht einfach unter einem Hosenbein verstecken kann. Jedes Jahr versuch ich’s. Und scheitere.
Meine tiefsitzende Abneigung lässt sich vielleicht, aber keinesfalls ausschließlich mit dem Umstand erklären, dass ich mit egal welcher Mütze aussehe wie Michl aus Lönneberga (mit Verlaub) oder ein Vollidiot (ohne). Das gilt aber für die meisten Menschen. Die „Mode“-Industrie scheint sich sehnlichst zu wünschen, dass wir auf Kreationen reinfallen, die sich fiese, im Keller angekettete Designer händereibend als boshaften Coup des Jahres und Rache an der Menschheit ersonnen haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass so eine Mützenabteilung für Erwachsene sich in nichts von einer für Kinder oder Fasching unterscheidet. Es gibt Tierohren für die ganz Süßen, Nietenbezug, wo man sich fragt: Darf man das im Weihnachtsmarktgedränge?, man kann sich als Same verkleiden, einen Medizinball (für Notfall und Routine, man weiß ja nie) verstecken , und wer neongelben Fratzendruck trägt, meint das bestimmt als total ironische Anspielung auf die 90er-Jahre-Relikte mit dem grellbunten Haarersatzteil obendrauf. Hihi. Mützen, die man, um fettiges Haar oder einen Frisör-Unfall zu verbergen, auch drinnen auflässt, hab ich gelernt, heißen übrigens „Beanie“.
Die darf man auch im Club, und deswegen ab mit euch dorthin! „Back to the Future of Drum’n’Bass“ in der Desi (Brückenstraße), „Vernunft & Faulheit“ im Zwinger Keller (Lorenzer Straße), „Semester“ in der Mitte (Hallplatz), „F**K Forever“ im Stereo daneben und die HipHop-Edition von „3-2-1 besoffen“ draußen im Hirsch (Vogelweiherstraße) und „Why so serious“ beim Nachbarn Rakete. Am Samstag ruft die MUZ (Fürther Straße) in die „Muckibude“, die Desi „Hände hoch!“, im Mach (Kaiserstraße) sind „Goodtimes“, an die man sich im Terminal (Flughafenstraße) mit der „80er/90er Party“ erinnert und auf der Mississippi Queen (Donaustraße) mit „Abfahrt“, während das Loop (Klingenhofstraße) direkt einen „Abflug“ macht. Den mach ich jetzt auch. Inkognito. Mit Bommel.

Samstag, 23. November 2013

Adventskalenderleid

Alle Jahre wieder durchwandere ich die Adventszeit als ein tiefes Tal der Trübnis. Das hat nichts mit Wetter und Dunkelheit zu tun. Kindergarten! Auch nicht mit irgendeinem Pärchen- und Single-Dilemma. Pustekuchen! Geschenke-Stress liegt mir fern, und gegen den möglicherweise von Michael George ausgelösten bin ich weitgehend unempfänglich. Nein, was mich in der Seele schmerzt, das ist das Thema „Adventskalender“. Was, ruft ihr, das ist doch was für Kinder! Ja und, zucke ich die Achseln, dann berufe ich mich eben auf mein Inneres Kind, und das hat auch Bedürfnisse. Dann, wisst ihr bauernschlau, kauf dir doch bitte einen! Gut, der Rat ist jetzt so verkehrt nicht, schließlich besteht ja ab August die Möglichkeit. Aber selbstverständlich geht es darum nicht. Erstens ist selber kaufen doof, das ist ja, wie sich selbst ein Osternest verstecken und sich dann total übers Finden freuen. Und zweitens will ich keine Ekelschokolade in Tannenbaumform, die man 24 Tage sammelt oder vorher alle herausbricht, weil man vergessen hat, für den Kuchen Schokosplitter zu besorgen. Nein, ich möchte einen solchen, in dem Schweiß und Blut steckt. Und zwar nicht das von asiatischen Kinderhänden. 
 
Ich wende mich also mit meiner Qual an die zuständige Adventskalenderbeauftragte. „Bittebittebitte machst du mir dieses Jahr mal wieder einen?“ flehe ich. Die Antwort erfolgt so prompt wie eindeutig. „Aber sonst geht’s dir noch gut?“, nämlich. „Ja, sonst schon“, sag ich und schmeichle weiter „aber noch besser ginge es mir, wenn du diesen mirakulösen Adventskalender, den du mal genäht hast, wieder hervorstauben und liebevoll befüllen könntest. Mit Kaugummis. Oder einer Murmel. Dann wäre die Welt eine schöne.“ Hierauf folgt ein Referat, das ich zugegebenermaßen nicht zum ersten Mal höre, aber man gibt halt so leicht nicht auf. Der Vortrag handelt von Zeit im Allgemeinen und für jahrelanges Kinderglück aufgewendete im Speziellen, von Erwachsenwerden  und –sein und dementsprechendem Verhalten. Infolgedessen verweise ich empört auf die Folgen seelischer Grausamkeit und kündige an, umgehend sehr viele sehr große Stiefel zu besorgen, um sie beizeiten vor die Tür, ach was, vor gleich mehrere Türen zu stellen und eindringlich auf deren Befüllung zu hoffen. Ansonsten drohe Vergeltung, rufe ich über die Schulter und ziehe fröhlich pfeifend meiner Wege, direkt hinein ins Wochenende. Vielleicht doch gar nicht so schlecht, dieser Advent.  

Zuvor gilt’s aber, noch so einen vermale… äh … gebenedeiten Stillen Feiertag zu absolvieren. Also Freitag raus mit Euch! Menschen mit „Tics“ ab in die Mitte (Hallplatz), ein Teil davon gerne auch zu „Prinzessinnen & Superhelden“ in die Bar77 (Luitpoldstraße) oder nach nebenan, wo der Lui HipHop liebt, die Indabahn (Bahnhofsplatz) dagegen R’n’B. Das Planet (Klingenhofstraße) macht sich’s einfach und „liebt dich“, das Stereo (Klaragasse) sich, euch und „Go!Gitarre!Go!“, und das wird neun und hat zur Fete „Claire“ zu Gast.  Derweil das Jungvolk sich also kreuz und quer vergnügt, rottet sich das Altvolk wie gewohnt zu „Querbeat“ in der KK (Königstraße) und lässt sich vom House-Gewummer im Zentralcafé obendrüber ebenso wenig aus der Ruhe bringen wie vom „Crossfire“ ein paar Türen weiter im Nano – bis es vom „Gays & Friends Clubbing“ aus der Großen Liebe (Engelhardsgasse) hier herüber jodelt, muss schon viel passieren. Am Samstag haben die meisten Clubs dann zwar irgendwieeinbisschenoffen, fahren aber definitiv um zwei die Regler runter. Zeit für euch, den Pilsspelunken eures Kiezes einen Besuch abzustatten. Oder mir einen Adventskalender zu basteln. Ha!

Samstag, 16. November 2013

Augenmaß

Mein Opa hat mich einst schwer mit einem unfehlbaren Augenmaß beeindruckt, das es ihm gestattet, Abstände und Längen millimetergenau anzugeben. Ich kann das nicht. Ich weiß: Rutschst du bei Schriftgröße 11 und Zeilenabstand „Standard“ über die erste DINA4-Seite hinaus, so hast du zu viel geschrieben und es erwartet dich ein Tadel. Was ich aber kann, ist einfach so mit Augenmaß zu sagen: Das Bild / der Spiegel / die Wimpelborte hängt schief. Das kann ich auch, wenn ich mich in einem sehr seitlichen Winkel zum bemängelten Objekt befinde. Ich tät dann für gewöhnlich hingehen und mit ein, zwei beherzten Ruckern alles wieder gradebiegen. Fertig, juhu. 
Der Mann als solcher kann das nicht. Der Mann als solcher streitet erst einmal das Schiefsein per se mit Nachdruck ab, weil schließlich hat er das ja mit viel Schweiß und übermenschlichen Mühen an die Wand gearbeitet, das Bild. Dann bedarf der Mann zur Überprüfung der anrüchigen Unterstellung dringend eines Geräts. Nicht irgendeines Geräts, nein, es muss mindestens 17 Meter lang und zwölf Kilo schwer sein, denn erst dann ist ein Gerät ein ordentlich funktionierendes, den hohen Ansprüchen des Mannes entsprechendes Gerät. Ein kleines Gerät wie es eine Frau vielleicht hätte, das kann doch nicht funktionieren, am End‘ haben wir das auch noch in rosa, also, wo kommen wir denn da hin … 
Hat der Mann ein solches Gerät nicht zur Hand, so muss er sich eins basteln. Geschwind mcgyvert sich der Mann nun aus unter dem Bett hervorgekehrten Wollmäusen und abgestorbenem Blattwerk einer längst vergangenen Zimmerpflanze ein Lot. Es erfolgt nun eine gar heitere Darbietung, die mit sehr, sehr vielen Einzelschritten und sehr, sehr vielen Bleistiftstrichen an der Wand verbunden ist, derweil die Frau sich feixend zurücklehnt, von der Show bestens unterhalten fühlt und nach dem ersten vorsichtig geäußerten Halbsatz einen Teufel tun wird, noch einmal die mathematisch-physikalisch-religiös-kulinarischen Fähigkeiten des Mannes zu kommentieren. Nach geschätzten drei Arbeitsstunden der große Moment: Der Mann bringt mit dramatischer Geste das Bild an der nachjustierten Kurzware an. Kurz darauf ist die Stimmung der Frau auf dem Höhepunkt, die des Mannes eher nicht. 
Aber ich hab ja gleich gesagt: Ein bisschen Augenmaß kann ich. Und mit dem schick ich euch jetzt in die Nacht. Wer am Freitag nach „Bock im Park“ im Schnepperschütz (Hallerwiese) noch über Muttersprache und Motorik verfügt, der tanze doch direkt hinaus zum Anwesen Vogelweiherstraße und „Abrakadabra“ in allen Flügeln. Auch an den Stadtrand gedrängt sieht sich alles „Ü30“, nämlich ins Terminal (Flughafenstraße), wohingegen U30 in der Stadt bleiben und sich mit schweren Entscheidungen beschäftigen darf: King „Lui We Tone“ (Luitpoldstraße), Mathespaß mit „Pi“ im 360° (Adlerstraße), Rosatrallala in der Großen Liebe (Engelhardsgasse), eine laute „Desirene“ in der Brückenstraße, „Just Jack“ in der Indabahn (Bahnhofsplatz) oder Hawaiihemden-Party im Stereo (Klaragasse), beim sechsten und letzten Mal „Down with it!“. Am Samstag dürft ihr eure Wunden lecken – oder müsst, denn um 2 Uhr gehen die Lichter an und die Anlagen aus, damit ihr den sonntäglichen Stillen Feiertag … Ja, womit eigentlich verbringen könnt? Hm. Mit nageln, meinetwegen.

Samstag, 9. November 2013

Grüßaugust

Grüßaugust. Schönes Wort. Und schöne Sache. Grüßauguste, das sind entweder die Menschen, die vor Hotels oder Restaurants stehen und freundlich lächelnd Gäste willkommen heißen. Etwas weniger salopp nennt man diese Menschen auch Empfangschef. Ein Grüßaugust kann außerdem jemand sein, der qua Position ein bestimmtes Amt repräsentiert, das jedoch mit keinerlei Machtbefugnissen verbunden ist. Also beispielsweise auf Balkonen stehen oder in Glaskästen umherfahren und milde lächelnd zum Volke winken. 
Ein Grüßhorst zu sein ist dahingegen eine weitaus weniger edle Eigenschaft. Der Grüßhorst nämlich grüßt – eben nicht. Anstatt eines beispielsweise im Büro einmal am Tag geäußerten, halbwegs empathisch gerufenen „Guten Morgen!“ oder „Grüß Gott!“ oder wenigstens eines lapidaren „Mahlzeit!“ (morgens, mittags, abends – geht bekanntlich immer!) schlägt der Grüßhorst geschwind die Augen nieder, sobald er eines menschlichen Lebewesens ersichtig wird. Das mag eine Art spätinfantiler Reflex sein, nach dem Motto „Ich seh dich nicht, dann siehst du mich auch nicht!“, klappt aber, soweit mir bekannt ist, in den seltensten Fälle, es sei denn, man heißt Copperfield. Zusätzlich dazu versucht der Grüßhorst, indem er den Körper eng an die Wand drückt, mit dieser zu verschmelzen, um unbemerkt erst hinter dem potentiellen Grüßer wieder daraus hervorzutauchen. Funktioniert: bei Randall, dem Bösen von der Monster AG. Funktioniert nicht: beim Homo Sapiens. 
Doch wenn der Homo wirklich sapiens wär, dann wüsste er, dass bei so einem kleinen Gruß noch kein Zacken aus der griesgrämigen Krone gebrochen ist, dafür aber ein gewisser Anstand sowie ein Pluspunkt auf dem Karma-Konto gewährleistet. Mal ehrlich – ich galoppiere jetzt auch nicht direkt jedesmal quer über den Plärrer, um dem auf der anderen Seite erspähten Bekannten einen freudigen Gruß ins Gesicht zu schallmeien. Man muss sich auch nicht beim fünfzehnten Aufeinandertreffen am selben Abend herzlich und mit tränenverhangenem Blick in die Arme fallen. Aber wenn man sich kennt oder eine Ahnung des Kennens hat, weil man vielleicht bemerkt, dass der Mensch im selben Wohnhaus lebt wie man selbst, oder weil der andere Mensch einen anlächelt, dann ist es doch nun wirklich nicht mit einem unüberwindbaren Energieberg verbunden, einen Gruß zu initiieren oder zu erwidern. 
Man nehme sich ein Bespiel an Naturgängern und Waldschraten: Da wird einfach gegrüßt, sobald der Weg sich kreuzt. Aus, Ende, Äpfel. Um zu signalisieren: Hey, keine Sorge, ich mach hier das gleiche wie du, ich tu dir nichts! Und was auf dem Land recht ist, das wird doch im Großstadtdschungel grad noch billig sein. So gehet hin und grüßet euch! Fangt an mit den Türstehern, meinetwegen. Gelegenheit hierzu bietet sich wie folgt: beim „Straßenkreuzer Release“ in der MUZ (Fürther Straße), bei der (wie passend) „Smooth Society“ in der Rakete (Vogelweiherstraße) und „Pull the Trigger“ beim hirschigen Nachbarn. Im Mach (Kaiserstraße) herrscht derweil „Claustrophobie“, im Stereo (Klaragasse ) „Circus Beretton“ und im Terminal (Flughafenstraße) hebt der „Soul Flight“ ab. Und schon ist Samstag und „10 Jahre Bucovina“ mit Stefan Hantel im K4 (Königstraße), „1 Jahr Swing Ding Masters“ im Nano (ebd.), „80er Park“ im Parks (Berliner Platz), „Le Cabaret“ in der Indabahn (Bahnhofsplatz) und „Don’t rock that Boat, Baby“ auf der Mississippi Queen (Donaustraße). Richtet schöne Grüße von mir aus! 

Samstag, 2. November 2013

Siezen

Es gibt eine Phase im Leben, da weiß man urplötzlich nicht mehr genau, ob man lieber geduzt oder gesiezt werden möchte und umgekehrt. Freilich ist das kontextabhängig. Aber die Kontexte sind halt sehr verschieden und so die eigene Verwirrung groß. Wenn mich ein Punker um ‚ne Kippe und ‚nen Euro anhaut, erwarte ich, weil ich halt auch nur ein Mensch voller Vorurteil bin, dass der das duzend tut. Erfolgt die Ansprache jedoch wider Erwarten in der Höflichkeitsform, bin ich eher perplex als beleidigt. Das wiederum ist tendenziell der Fall, wenn ich mich unter vermeintlich Gleichaltrigen auf, sagen wir, einem Festival befinde, und so ein junges Rehkitz auf mich zutänzelt und „Entschuldigung, wissen Sie vielleicht, wo hier die Toilette ist?“ flötet. Da verkrampft sich mir das spätadoleszente Antlitz zu einem steifen Lächeln und ich bin geneigt, die Antwort zu verweigern oder eine solche nur zu geben, wenn das unverschämte Gör sich vor mir auf den Boden wirft und, mir jugendliches Aussehen beteuernd, um Verzeihung bittet. Dann kommt es vor, dass man in ein lockeres Gespräch gerät in einem lockeren Umfeld mit einem so pimaldaumen Gleichaltrigen, nach fünf Minuten sich dabei ertappt, wie man ständig abwechselnd „Du“ und „Sie“ sagt und selber dabei blöd findet.

Schweigen wollen wir lieber von den Momenten, in denen man sich Aug in Aug mit einer Autorität wiederfindet, deren Uniform jedoch in so eklatantem Widerspruch zum zart sprießenden Kinnflaum steht, dass man an sich halten und selbst gut zureden muss, der Autorität siezend Folge zu leisten und nicht, wie der erste Impuls befiehlt, dem Welpen über die Wange zu streichen und ihm einen heißen Kakao anzubieten. Es ist und bleibt vertrackt, jedoch nicht unlösbar. Eine Möglichkeit aus dem Dilemma zeigt uns das Gesundheitswesen. Zur Gänze wird hier einzig in der ersten Person Plural gesprochen: „Was fehlt uns denn?“ fragt der Herr Doktor, und „Haben wir vielleicht gestern was falsches gegessen?“, und da weiß man zwar noch lang nicht, was der Herr Doktor gestern gespeist hat, kann dafür aber weitgehend unbeleidigt für sich selbst antworten. Eine andere Hilfestellung bietet, wie kann es anders sein, die wunderschöne fränkische Sprache. Die löst das Problem nonchalant, indem in Situationen undefinierter Nähe schlichtweg die dritte Person Singular für die persönliche Ansprache bemüht wird. Das klingt dann so: „Hat er schon was gefunden, was ihm schmecken tät?“ oder „Darf man ihr vielleicht noch was bringen?“ oder „Hat sie denn schon eine Idee, was sie der Mama gern kaufert?“  

Mit der Lösung kann ich gut leben und geh alsgleich mal schauen, wie sich das im Nachtleben anwenden lässt, in dem wir im feiertagsaffinen November an diesem Wochenende von Tanzverboten verschont bleiben. So wird es feucht und fröhlich im Nano (Königstraße) bei der „Drunken Table Soccer Championship“, endorphinschwanger nebenan bei der „Klassiklounge“ in der KK, ekstatisch oben drüber bei der „Sonic Space Disco“, schnulzig im Marquee (Klingenhofstraße) bei der „Schlagernacht“ und auf eigenen Wunsch skurril bei der Eröffnung der „Großen Liebe“ (Engelhardsgasse). Der Samstag feiert auch nicht still, dafür „Apnea“ auf der Mississippi Queen (Donaustraße), „Take off 90s & More“ im Terminal (Flughafenstraße), „Maximum Rock Night“ im Hirsch (Vogelweiherstraße) und nebenan „Rigorös“ in der Rakete“ sowie „The Electric Dog & Urban Echoes“ in der Desi (Brückenstraße). Nebst der üblichen Verdächtigen, versteht sich. Haben wir das verstanden?