Freitag, 29. November 2019

Abfemt, Abfemt

Abfemd Abfemd ein Lichtlein brennt … „Nanu, hat sie schon die Lampe an am helllichten Tag?“ – nein nein, ihr Lieben, ich übe nur schon einmal Sprachökonomie, damit ich mich in den kommenden Wochen auch zu jeder Tageszeit adäquat unterhalten kann, weil traditionell betritt ja heute Nachmittag eine strahlende Lockenfrisur einen Balkon, um von dort zum Volke zu sprechen und dann den Startschuss zu geben für diese ganz besonders (und wenn die) staade Zeit (vorbei ist kehrt auch wieder Ruhe ein), in der die Stadt umwölkte rosa Zuckerwatte ist. Erstens freilich wegen der Nächstenliebe überall, man hält es ja jetzt schon fast nicht mehr aus vor lauter Ablasshan… nein, Nächstenliebe und Spendenbereitschaft, aber das ist gut, weil es hat halt nur vier Wochen Zeit im Advent, bevor alle Spendenziele wieder verschwinden für elf Monate, und dann findest du die auch nicht mehr, ganz verrückt ist das mit dieser Bedürftigkeit, hört die einfach immer auf nach Weihnachten! Besonders viel Nächstenliebe findest du aber auch immer so um den Hauptmarkt herum, das zeigt sich schon daran dass direkt angrenzend es extra einen „Partnermarkt“ hat, in Nürnberg wird nämlich vor Weihnachten nicht geparshipt sondern gepartnermarktet, und das kannst du schon verstehen wenn du dich da einmal hineinstellst und eine Feldstudie betreibst, am besten tarnst du dich noch mit einer lustigen Rentierblinkmütze und verschmilzt in bester Walraff’scher Manier mit deinem Umfeld. Dann merkst du dass der Heilige Geist schon unterwegs ist, quasi Vorhut vom Christkind, weil das kommt ja erst am 24. auf die Welt – also auf die restliche Welt, bei uns kommt das Christkind schon heute, kannst du sehen wie spezialbesondersaußergewöhnlich es ist, dieses Nürnberg! Derweil also der Heilige Geist, der flitzt und saust umeinander und manchmal, da verfährt er sich glaub ich, ist ja auch kein Wunder bei dem ganzen Holz und Tuch, und der Heilige Geist mit einem GPS-Gerät, ich mein, das schaut doch auch nicht aus! Dann fährt er in so einen Menschen hinein. Das siehst du dann richtig, wie der Mensch sich kurz verschluckt und dann schaut er ein bisschen lustig und sagt dann „Du, Irmi, magst nicht Gerhard zu mir sagen?“ und die Irmi sagt „Du, Gerhard, das ist so schön weil jetzt hast du doch bislang immer Herr Doktor Meierhofer mit Vornamen geheißen und kaum stehen wir hier seit vier Stunden auf dem Partnermarkt schon heißt du Gerhard. Und ich heiß übrigens auch in Wahrheit gar nicht Head of Creation Management Eberdinger, sondern …“ – „Irmi!“, ruft der Gerhard dann verzückt und beichtet dass er hier und da schon einmal gespickt hat auf der Visitenkarte, und dann Umarmung und Tusch und Vorhang. Ja, musst du dir einmal anschauen. Was jetzt das mit der Sprachökonomie zu tun hat? Keine Ahnung. Einen Glühwein, bitte! Swei Glühlein! Trei Lüli. Hie Hühei. Flünei … Sglwln!! Und schon ist die Welt zu Gast bei Freunden – und wer da kommt, der soll willkommen sein! 

Freitag, 22. November 2019

Fünf Phasen des Schuhs

Weitestgehend widersetzt man sich aktuell noch dem ähm Genuss überzuckerter Qualitätsalkoholika, wenn ich das grad richtig beobachte. Selbstverständlich muss man aber ja immer auf der Höhe sein so mit von wegen was bewegt den Bürger, uns sei’s auch nur zum Saufen, deswegen hab ich schon auch einmal inspizieren müssen im Gallischen Dorf, was da so geschlürft wird. Es gab Erkenntnis, sogar deren vielerlei, zum Beispiel dass im Ginpunsch ein Lachgas drinzusein scheint und für Menschen mit Sulfit-, sprich Weinallergie hilfsbereit Substitut gereicht wird nach dem Motto „Mach einfach irgendeine Flüssigkeit warm und schütt einen Schnaps hinein, voila!“ Ich hab mir das angeschaut und mich dabei an der Hopfen-wirklich-sehr-kalt-Schale festgehalten und gefunden dass es sauber warm ist eigentlich. Nach so ungefähr einer Stunde hab ich Anschiss bekommen, und zwar nämlich von unterm Tisch: „Ist ja super“, hat’s geschimpft, „dass du da oben deinen Dickschädel in der Wärmelampe dünsten kannst, aber hier unten bei uns ist alles nur halb so witzig in den Sneakern!“ Es kam also, wie es kommen musste, und wenige Tage später, bei einer erneuten Inspektion, wurde ich neugierig empfangen. „Undundund hast du was gekauft?“ – „Ja schau“, hab ich eine Tüte gezeigt, „natürlich hab ich was gekauft. Nur halt überhaupt nicht das, was ich wollte. Aber es hat dem aufgestauten Kaufdrang irgendeine Erlösung beschert werden müssen.“ Die Erlösung hat er gefunden in einem Paar wirklich sehr schöner Stiefel, die ungefähr exakt dem entsprochen haben, was ich gesucht hatte, mit einem winzigen Manko: Es sind Stiefel statt Boots, innen von Kunstfell zart geküsst statt meterdick schafsbewollt, aus sensiblem Wildleder statt robustem GoreTex und hab ich was vergessen? Ach ja, hellbraun statt schwarz. Kannst du also sagen: Alles richtig gemacht. Ja naja. Fast. Doch es folgt der Winterschuhkauf dem gleichen Muster wie die fünf Phasen der Trauer: 1. Leugnen (ist doch gar nicht so kalt) 2. Zorn (schon kalt, aber alle Winterschuhe unfassbar hässlich, wollte weder polarexpeditieren noch um 30 Jahre altern, kann doch alles nicht wahr sein) 3. Verhandeln (boah na gut geh ich halt in alle bislang gemiedenen Geschäfte auch, versuche mich mit dieser unfassbar hässlichen Mode anzufr… NEIN ICH KANN EINFACH NICHT!!!) 4. Depression (mein Leben ist furchtbar, nichts macht mir Spaß, ich werde im Winter ganz sicher erfrieren oder nur daheim sein müssen weil ich einfach keine gescheiten Schuhe finde und in meinen alten abgelatschten Tretern verende) 5. Akzeptanz (Gib mir Moonboots, Hochalpinstiefel, silberglänzend mit Spikes und hüfthoch istmirscheißegalwiedasaussieh Hauptsache NIE MEHR KALTE FÜßE!!). Also ja, es ist jetzt grad alles ganz spezialfurchtbar. Aber mit der Weisheit des Alters sehe ich dem Zyklus gelassen entgegen und versuch mir zu merken, wo es die spezialhässlichsten Modelle gegeben hat. Für dann so in vier Wochen. Für den Christkindlesmarkt trägt man eh am besten Gummistiefel wegen der Schunkelei und Hochdietassen und Hosianna. 

Freitag, 15. November 2019

Was zuletzt geschah

„Ich muss jetzt schon mal vorsichtig fragen“, hat sich unlängst eine Dame schüchtern an mich gewandet. „Geht es dem Pubertier denn gut? Man hat schon lange nichts mehr gehört.“ Da hab ich mich erschreckt, naja, ein bisschen, und gedacht, ob jetzt da eine Stadt in Sorge ist, das Kind von mir verkauft oder ins Erziehungslager gesteckt oder womöglich zu lebenslangem Putzdienst versklavt so wie’s mir ja schon immer vorgeworfen worden ist wegen auch einmal ein Waschbecken reinigen. „Also nein“, hab ich beruhigt, „dem Kind geht’s sogar sehr prächtig. Allein ich hab mich ein bisschen erholen müssen.“ Und Zurückhaltung wahren, weil es hat sich schon Diverses zugetragen, und damit dann so in die Öffentlichkeit – ich muss ja auch auf meine Altersvorsorge Rücksicht nehmen, sozusagen. Was ist also so passiert? Man hat so vor sich hin rebelliert, künstliche Fingernägel auf- und wieder abgeschabt, Haarfarben gewechselt, Ponys zwar geschnitten, Reiten aber dann doch nicht mehr wollen, die frühe Liebe zwischenzeitlich verloren und stattdessen überraschend eine späte (und langfristige) zur Diskoschorle entwickelt, und ein Wunder hat sich auch zugetragen, nämlich in Form eines Schulabschlusses, doch allein über den Weg dorthin breiten wir lieber den Mantel des Schweigens, wurde der doch mit ähnlicher Zielstrebigkeit beschritten wie der zum – wir erinnern uns? – Motorradführerschein. „Was isn jetzt damit, ich dacht der muss im März 2019 bestanden sein?“ – „Ja nee ich hab mich noch nicht angemeldet.“ – „Ah cool, es ist ja auch erst Mai.“ – „Den zahlt mir ja keiner.“ – „Wolltest du nicht Tag und Nacht arbeiten zum Selberzahlen?“ – „Eydubistsostressigschaumalwasdiemändigesternaufinstagestellthat!!“ Es folgte dann eine erquickliche Zeit, in der auf Jobmessen wenig Info, dafür viel Gummibär eingeholt wurde, Momente des Wahnsinns, wo hinterher nicht mehr klar war, um wen man sich mehr Sorgen machen muss wie „Und du, ich mach FSJ im Tiergarten Nürnberg.“ – Ähä cool, und da fährst du dann jeden Tag eine Stunde hin und zurück mit dem Zug?“ – „Äh nein natürlich nicht.“ – „Sondern bitte wie?“ – „Ich wohn bei dir.“ – „Mhm“, hab ich gesagt und eh die Türschlösser einmal auswechseln wollen. Hinterher hat’s dann geheißen das wär freilich nur ein Scherz gewesen. Nach sorgfältiger Abwägung der Berufswünsche („Physio weil die verdienen so arschgut“ – „Ja genau, bei Madonna vielleicht. Gibt’s eine Alternative?“ – „Krankenschwester.“ – „Äh cool. Und sonst?“ – „MIRDOCHSCHEIßEGAL!!“) wurde sich also exakt 1x beworben und mit großer Zuversicht auf Wartelistenplatz 10 begeben, unbeirrbar in der Überzeugung, es regle sich schon alles von allein. Und siehe da: Es regelte sich von allein. Kannste dir nicht ausdenken. Seit zwei Wochen lernen wir jetzt also den Aufbau der Zelle und was man gegen Wundliegen macht. Ich könnte in Frieden altern. Wäre da nicht unlängst was vom Führerschein mit 17 gefallen. Zum Glück sind Papiertüten noch nicht verboten. Ein, aus, ein, aus … 

Freitag, 8. November 2019

Only Food Runs

Nach dem Offenbarungseid von neulich Woche bin ich geteert, gefedert und mit Schimpf und Schande aus der Stadt gerollt worden. In einer Welt der Mykologen war ich das Fungizid, so schien es, das durch seine pure Existenz das waldige Myzel bedroht. Während also die einen mit Pilzmessern und Weidekörbchen auf mich einhoben, raunten mir die Pilzi-, nein: Pazifisten unter ihnen Räte zu, die Weisheit, die reine Lehre, jahrhundertelang tradiert, hinter bemoosten Stämmen einander zugeflüsterpostet: „Schwamm ist gut, Lamelle böse“ und „Maronen gehen immer“. Ich so: „Ok cool“, kann ja sozusagen nichts mehr schiefgehen, und sogleich bin ich schwer gebeugt unter der Last meiner Ausrüstung in einen Wald gesaust, ganz weit weg, hinter den sieben Zwergen bei den sieben Bergen, so weit dass man gern noch Kieselsteine oder Krumen dabei gehabt hätte weil kein GPS und man weiß ja: Vor lauter auf den Boden starren kommst du vom Weg ab und verläufst dich sakrisch. „Vor lauter auf den Boden starren haben wir uns jetzt sakrisch verlaufen“, hat dann auch die Gretel zum Hänsel gesagt und sogleich einen kleinen Mulm verspürt. Weil die Ausrüstung war schon gut, nämlich aber im Auto gelegen, und deswegen leichte Kalbslederne und mangels Weidenkorb auch keine Jacke mehr, weil die hat man zu einem Sackerl zusammenstümpern müssen. Geschwitzt hab ich trotzdem, weil aus großer Furcht. „Mei schau, lieb!“ hab ich nämlich gleich am Abenteueranfang gerufen und zwischen Stein und Moos und sonstigem Naturunrat ein wunderschönes Cranium gezogen. Zu groß für einen Nager, zu klein für Hund, aber schön mit Zähnen wo man sagt: Arg viel Gras und Körner hat der nicht zu kauen vorgehabt. „Only food runs!“, hat der Hänsel da sogleich geschlaumeiert und wollt sagen: Wenn jetzt die Mama von dem toten Bärluchslöwe kommt, bleibst du lieber stehen. Ich so: „HAHAHAHA hier gibt’s doch keine so großen Raubtiere, du Depp! Aber was ist gleich wieder zu tun wenn die Wildschweinrotte …?“ und hab dabei meinen Blick übers umgepflügte Moosgrün schweifen lassen und hier und da einen kleinen Abrieb an einer Baumrinde gefunden, den ich lieber übersehen hätt. Das Jackensackerl hat sich sehr gefüllt, dann auch noch Kapuzen und Hosentaschen und Arme und grad als ich sehr eins war mit der Natur sagt der Spielverderber: „Du, welche Hasen und Rehe sind das gleich wieder, die drei Meter einen Baum hochkraxeln und dabei mit ihren süßen Pfötchen die Rinde vom Baum runterreißen … ?“ Sagen wir so, ich hab dann auch gefunden, dass es jetzt wieder langt, eine Stadtsehnsucht hat mich befallen und auch eine Sofaschwere, und später daheim hab ich ja noch Schwammerl putzen müssen. „Und du bist dir jetzt sicher dass das alles Maronen sind?“ hat sich der Spielverderber dann auch gleich gemeldet, nämlich als ich fertig war mit zwei Kilo Arbeit. Sagen wir mal so: Es gab dann doch nur Salat. Und vielleicht ist ja sich mit Strohsternen zu beschäftigen auch ehrenwert.

Freitag, 1. November 2019

All Hallow's Eve


Juhu, endlich November! Der fröhlichste aller Monate, es sprudelt nur so aus einem jeden heraus mit der Lebensfreude, und das wo du ja sagst: Sind eh alle grad so urfröhlich überall, man lacht und winkt und grüßt andauernd, vor allem mit Autohupen wird sehr viel gegrüßt, immerzu hupt einer und freut sich. Damit das nicht ausartet mit der Freude muss es im November manchmal auch ein bisschen still sein. Eigentlich. Ist es dann aber gar nicht, weil der November ist traditionell der Lieblingsmonat der Flexolaizisten, die finden immer nicht gut, dass der Staat vorschreibt, wann getanzt werden darf, wohl aber, wenn er arbeitsfrei zwangsverordnet, und dann muss man schimpfen. Jetzt geht das also los mit der ganzen Stillerei, aber es ist ja derartig laut außenrum, dass du gar nicht mehr durchblickst, überall schreit dich ein Kürbis an und Eltern verkleiden ihre Kinder als Ausrede und schleifen sie durch die Straßen und vor Türen und dann schreien die Kinder irgendwas und man versteht kein Wort aber es ist besser, fragst du gar nicht höflich nach sondern rückst sogleich ein Potpurri an Zuckerkram heraus. Und aber auch eins ohne Zucker. Und eins ohne Milch. Und dann lieber noch eins ohne Nüsse. Vielleicht lieber einfach einen Karottenschnitz, dann droht nur vielleicht Ärger wegen der Bevormundung und Einschnitt in die ökotrophologe Autarkie. Also lieber gar nicht erst die Tür aufmachen. Dann droht Eierwurf. Zefix. Aber da hat der Herr Obergendarm ja schon den Zeigefinger gehoben und gesagt „Dududu!“, hat er gesagt, mit dem Eierwurf und dem Rasierschaum an der Türklinke und dem Klopapier ums Auto rum und vielleicht sogar einem winzigkleinen Hundstrümmerl in angezündeter Zeitung, das ist böse und erfordert Polizeieinsatz. Machen wir also auch nicht. Also ich eh nicht. Ich mach was anderes, nämlich kauf ich mir eine spezialgroße Tüte Kinderschokobons. Dann wickle ich alle Bons hinaus und füll stattdessen Bähs hinein, recht salzige Oliven beispielsweise, und dann stell ich das stillheimlich vor die Tür und versteck mich hinterm Vorhang. Am Freitag, also morgen, also heute, kann ich dann beim Eiergatschabwaschen nachdenken, was das eigentlich ist, das Allerheilige. Nämlich ein Fest, bei dem der „verherrlichten Glieder der Kirche, die schon zur Vollendung gelangt sind“, gedacht wird. Moment, Papiertüte … PFUI DEIFI! Gut, also zu viele Heilige und weil sonst kommst du aus dem Heiligenverehren nicht mehr raus haben der Bonifaz und der Gregor gefunden, das langt an einem Tag, irgendwer muss schließlich auch noch für unsere Feste, ähm: fürs Kirchensäckl arbeiten! Genau, also das ist Allerheiligen. Allerseelen wiederum, das ist das wo man rosenkranzend über den Friedhof robbt und an die bucklige Verwandtschaft denkt, die grad im Purgatorium brutzelt wegen Unheiligkeit, und da schließt sich jetzt der Kreis wieder zum „All Hallows‘ Eve“, aber das führt jetzt wirklich zu weit. Nach der nächsten Maus: Warum „Walpurgisnacht“ in Wahrheit die coolere Party ist.