Freitag, 10. Dezember 2021

Krampus fugit

 Time flies oder: Krampus fugit, wie der Lateiner sagt. Mit seinen alpakafellwarmgefütterten Siebenzeilenstiefeln schreitet der Advent als alljährlich eiligste Jahreszeit dahin, so dass du ihn eigentlich „Adrennt“ nennen solltest, hab ich mir überlegt und dabei genüsslich an einem walnussgroßen Stück Butter gelutscht, das jemand mit einer Tasse Puderzucker vermengt, mit Zimt und Mandelkern bestäubt und „Plätzchen“ genannt hat – eine Verniedlichungsform, die in mir sogleich die rosane Idee erweckt, es müsse irgendwo auf der Welt dann wohl auch „Plätze“ geben. Wie die dann wohl aussehen? Swimmingpoolgroße Matten zuckerwattesamtigweichen Konditorenglücks, süße Putten reiten auf knusprigen Einhörnern, jauchzende Kipferl wälzen sich in der Bourbonvanille, die Knusperknäuschenhexe verteilt mit der Suppenkelle lachend Marmelade auf spitzbübisch zwinkernde Sterne … So geht’s da vermutlich zu, aber nein! Wir müssen ja hier sitzen in Lebkuchenhausen und zuschauen, wie’s draußen grau und grantig wird und Anflüge von Winterwonderland geschwind zu einem tristen Elend zusammenschmurgeln, wie es ein stinknormaler Regen niemals schaffen tät, weil der verklumpt wenigstens nicht zu apokalyptischen Unheilshaufen voller schwarzmodrigem Laub und Hundezeugs, die verzweifelte Eltern mit Karotten und Schals dekorieren und „Olaf“ nennen. Oh, da müssen wir jetzt künftig achtgeben, weil schließlich heißt die Bundeskanzlerin jetzt so. Naja, jedenfalls irgendwo in diesem Spannungsfeld zwischen Plätzchen und Tristesse haben sich me, myself and I auf ihre Kernkompetenz besonnen, denn Achtsamkeit, Resilienz und Selfcare sind dieser Tage wieder wichtiger denn je, um unbeschadet durch den Adrennt zu kommen und nicht an Heilig Abend den MichlausLönneberga zu geben und mit dem Kopf in der Suppenschüssel „Last Christmas!!“ zu weinen und anschließend in der Notaufnahme zu enden. Die haben da grad weiß Gott anderes zu tun. Meine Kernkompetenz, die mich durch die Tage trägt und ihnen einen Sinn verleiht: Dinge kaufen und dann wieder zurückgeben. Natürlich nicht im Internet, das wäre zu einfach, sondern vor Ort. Beispiel Baumarkt: Gehe hinein, um eine Schraube zu kaufen. Passiere Gardinenabteilung, entwickele spontanen Wunsch nach dekorativer Veränderung. Verlasse Baumarkt mit acht Armen voller Zubehör. Bemerke daheim erst dimensionalen, dann geschmacklichen Irrtum. Verbitte dir spöttische Kommentare zu „Kopflosigkeit“ oder „Sprunghaftigkeit“, nenne es „impulsiv, kreativ und entwickelnd“. Bringe alles wieder zurück, freue dich über Geldgeschenk. Nenne dich „Der Nikolauser“ und biete deine Dienste auf dem Querdenkerschwarzmarkt an. Werde reich. Baue Plätzchenwunderland. Wälze dich mit den Kipferln im Bourbon. Liebe das Leben. Alles wird gut. 

Freitag, 3. Dezember 2021

Boucestersauce

 Hallöchen ihr süßen Adventswichtel, ich darf mich kurz vorstellen: Mein Name ist Booster. Dolly Booster, und ich habe mir für das zweite Adventswochenende extra in der Lingerie-Abteilung eines großen deutschen Discountwarenhändlers ein neues, schickes Boostier gekauft, damit ich später bei meiner Impformationsveranstaltung am Boosterminal für euch gut aussehen kann. Denn es ist zwar momentan leider wirklich nicht alles Lametta, was glänzt. Aber so richtig schlecht auch nicht, weil also beispielsweise bildungspolitisch ganz große Fortschritte: Alpha, Beta, Gamma, Delta und wie das griechische Alphabet halt so weitergeht, das lernst du ja nicht, wenn du nicht grad elitär auf der Humanistenschule sandelst, und zwar haben wir da zuletzt in der Reihenfolge ein bisschen gemogelt, aber so ein Omikron verbreitet doch gleich eine viel kuscheligere Stimmung als sagen wir so ein hingemotztes „EPSILON!“, auch wenn mir da ein schöner Name für eins der nächsten Warnprogramme einfällt: AppSilon. Naja, also Omikron jedenfalls, da sagst du … O sorry, Telefon, da muss ich kurz … „Heeeey Omikron, schön dass du’s bist! Ich hab schon Tee aufgesetzt und extra eingeheizt, gucken wir später zusammen Tagesschau und raten um die Wette, wo du heut schon überall …? Oh, noch so viel zu tun heute, ach schade, aber ja, verstehe, dann … Nach Weihnachten erst wieder, denkst du? Ja du, paha!, also ich weiß auch gar nicht wo die Zeit hin… genau, reicht hinten und vorne nicht vor lauter Aufgaben und Abenteuern, ich kenn das, ich hab gestern auch superaufregend in der … nein nein, nicht in der Theatervorstellung, ich bitte dich, die … macht grad eh keinen Spaß, lieber U-Bahn, genau, außerdem wolltest du doch … Ja Fußball, stimmt, das geht gut, aber ziehst du dich warm an, gell, nicht dass du dich noch verkühlst so wie ich jetzt wegen der zwei Stunden in der Schlange vorm Impfz… Nein, also jetzt lässt du mich vielleicht einmal ausreden, liebes Omikron, ich weiß doch dass du aufgeregt bist, aber ich hab auch was … Was hast du geschafft? Flächendeckend 2G, sagst du? Ja, aber das ist doch keine … Mehr als die Digitalministerin in drei Jahren, jahaha, da hast du recht, guter Witz, darf ich mir den …? Nein, na gut. Aber du, Omikron, kann ich dich vielleicht später nochmal anrufen, weil jetzt ist grad wirklich schlecht, die in der Redaktion warten sch… Sofa, genau. Draufbleiben soll ich und den Platz für dich freihalten? Ja du ähm, ich denk mal drüber n… Nach Weihnachten, jap. Tschüssi!“ Verzeihung, jetzt bin ich wieder bei euch, wo waren wir? Genau, ich mach mir jetzt noch ein Mittagessen, schön mit Boucestershiresauce (sprich: Buustersos) und dann wollt ich noch schnell eine Kolumne schreiben. Thema: „Suggestivwerbung und die Impflation – ist das alles wirklich Zufall?“