Ihr Lieben, ich habe euch eine so wichtige wie traurige Mitteilung zu machen. Bitte setzt euch, seid tapfer. Denn es ist so, dass auch die fleißigste Textmaschine auf der ganzen, ganzen Welt einmal an einen Punkt kommt, wo sie sagen muss, also wo sie erkennen und vor sich selbst und allen Getreuen zugeben muss, also wo man wirklich einmal konstatieren muss: Es reicht, ich mag nicht mehr. Und deswegen müsst ihr jetzt mindestens so stark sein wie ich, um die gleich folgende Botschaft zu verkraften: Ich. Habe. Urlaub. HA! Während ihr schön eure Pappnasen poliert und den Gaudiwurm füttert, während ihr schlottert und flucht und von der sibirischen Eispeitsche schwer getroffen zu Boden geht, mach ich mich lieber mal hübsch vom Acker. Jetzt ihr so: Ja super, Wasmeierin, freut uns für dich, wähwähwähwähwäh. Aber schaut, es ist halt auch hier wieder nicht alles Caipirinha, sondern freilich steht auf der Kehrseite der Spaßmedaille für mich ein schwerer Gang bevor. Damit meine ich gar nicht diese wirklich unerhörten Unsäglichkeiten, die man machen muss, um so ein bisschen in so ein bisschen Urlaub zu fahren. Also in Wahrheit muss man dermaßen viel erledigen, dass man sich schon fragt zwischendurch, ob es nicht vielleicht eigentlich entspannender gewesen wäre, keinen Urlaub zu machen, anstatt diesen dann aufgrund Vorbereitungshetzerei dringender nötig zu haben denn je, quasi absichtlich herbeigeführt. Bei allem Rennen zwischen Tropeninstitut und Ordnungsamt, Checklisten abarbeiten, Probepacken und Sofaverwirrung stiften ist mir doch leider tatsächlich auch noch ein kapitaler Fehler unterlaufen, der die Sinnhaftigkeit der Reise von Grund auf in Frage stellt, dafür aber die einer Reiserücktrittsversicherung in ganz neues Licht. Weil hab ich nicht beim gemütlichen Hotelbuchen auf der Couch eine schwierige Entdeckung machen müssen. Erst schmunzelnd. Dann ungläubig. Dann hektisch. Schlussendlich blank entsetzt: Da wo ich hindingse ist überall Sand! Pfui Deifi! Das hat mir vorher keiner gesagt! Dieses schlimmste aller Elemente, diese überall anpappende Unsäglichkeit, diese in Haaren, Augen und Zähnen klebende Katastrophe, diese bikinizerstörende Unverschämtheit! Und dann nicht mal so ein schöner fränkischer Sandkastensand, sondern gleich auch noch so ein spezialfeiner, den du garantiert auch nach dem dritten Abkärchern noch in jeder Pore findest! Sogleich hab ich versucht, sämtliche Reiseaktivitäten ausschließlich in ummauerte Ressortanlagen zu verlegen, womit sich der Sozius überraschend wenig einverstanden erklärt hat. Auch meine Idee, man könnte doch wirklich sehr viel schöner und stressfreier die Zeit heimlich daheim verbringen, hier und da mal an einer Sauna vorbeiwinken und sich über die hübsch geflieste Landschaft freuen und wenn es sein muss auch einmal vor einer Strandtapete posieren, kam gar nicht so gut an wie erhofft. Wie ihr seht – ich hab alles probiert, werde mich aber wohl oder übel in mein Schicksal fügen müssen. In diesem Sinne: Habe die (Winter-)Ehre, servustschüssade!
Freitag, 26. Januar 2018
Freitag, 19. Januar 2018
Nachgeben
Neulich ich so: Südstadt. Beschwerliche Reise, eh klar, deswegen Verkehrsmittel der Wahl: Auto. An der Stelle könnte jetzt der ein oder andere ein bisschen auf seine winterwohlgenährten Schenkel klopfen und dazwischen was von gelungenem Witz gackern, aber ich schwöre, es lagen triftige Gründe des Wetters und ganz vielleicht auch ein bisschen der Bequemlichkeit vor. Pirsch ich also durch die Gassen, so aufmerksam und verkehrsgerecht wie es halt geht inmitten einer verrückten Autoherde, und jubiliere nicht nur innerlich, als plötzlich rechts am Straßenrand ein Auto blinkt, um einen der spärlich bis nicht gesäten Parkplätze freizugeben, der noch dazu, man wird ja bescheiden, in nur zehn Gehminuten Entfernung, also grad so, dass man nicht mehr sagt, da hätt ich auch am Flughafen parken und mit der U-Bahn reinfahren können, zum Ziel lag. Ich so: rechts blinken, Rückwärtsgang, und rein mit der Luzy – um µ-Sekunden später beherzt auf die Bremse zu steigen. Weil in dem kurzen Moment, den ich gebraucht hab, den richtigen Gang einzulegen, hat nämlich ein von hinten kommender Mensch erkannt, dass er viel besser in den Parkplatz passt als ich, und folgerichtig diesen kurzerhand vorwärts hinein beherzt beschlagnahmt. Noch bevor ich mein Flammenschwer zücken und für Gerechtigkeit sorgen hab können, hab ich dann lieber lachend in die Hände geklatscht. Das hat weniger mit dem Umstand zu tun gehabt, dass eine frappierend an russische Mafiabodyguards erinnernde Mannsperson aus dem Auto gesprungen und grienend auf mich zu geeilt ist, was bei sensibleren Gemütern vielleicht für eine gewisse Einschüchterung gesorgt hätte, sondern vielmehr damit, dass ich stehend applaudieren wollt und meinen Hut ziehen vor so viel Dreistigkeit. Menschen, die immer überzeugt sind, völlig im Recht zu sein, ringen mir einen gewissen Respekt ab. Um genau zu sein erreichen die bei mir oftmals genau das gewünschte Ziel, nämlich dass ich so verdattert bin, dass ich sie schlichtweg gewähren lasse. Kannst jetzt sagen, richtig so, der Klügere gibt nach, aber musst dann schon auch sagen, dass der Klügere dann hinterher vor allem mehr nach-denkt und entsprechend mutmaßlich dann halt einfach in Wahrheit der Blödere ist. Das wird sich, und wir haben ja noch gar nicht über das superwichtige Januarthema „Vorsätze“ gesprochen, umgehend ändern. Weg mit der Impulskontrolle, her mit den Ellenbogen! Ab sofort geh ich hart ins Gefecht! Und üb auch schon sehr fleißig. Wirklich. Also immerhin hab ich in diesem Jahr schon dreimal der lästigen Unsitte des Nichtausredenlassens Einhalt geboten. Mit jeweils großem Nachdruck und mittels der an Aggressivität nicht zu überbietenden Formulierung „Wenn es Sie sehr stört, mich vielleicht einmal ausreden zu lassen, dann sagen Sie doch bitte einfach kurz Bescheid.“ Ich finde, das hat Potenzial. Als nächstes gewöhn ich mir dann an, zu allem und jedem einfach nur noch „Armes Deutschland“, „arme Welt“ oder „danke Merkel“ zu sagen. Das wird super! Ich hab dann übrigens noch einen Parkplatz direkt vorm Haus gefunden. So viel zum Nachgeben.
Freitag, 12. Januar 2018
Stärke 2018
Ok, ich habe verstanden: Es gibt Erklärungsbedarf, was dieses erneut erwähnte „Stärke antrinken“ betrifft. Ich muss gestehen: Bis vor ein paar Jahren, als mein Leben noch in städterischer Beschaulichkeit bar jedweder Tradition verlief, kannte ich das auch nicht. Dann aber hat sich eine oberfränkische Invasion (Stichwort „Landflucht“) ereignet, und mit der kamen auch allerlei seltsame Gebräuche zu mir. Die drehen sich meist überraschend massiv um das Thema „Alkohol“, und wer ab und an mal durch die Landen fährt, der erkennt nicht nur schnell, warum der Markus da oben so gut ankommt mit seinen Internetabdeckungsideen, sondern auch, warum diese Bräuche zwingend erforderlich sind. Ob der Nürnberger nicht vielleicht auch seine eigenen Traditionen haben könne, ist neulich gefragt worden, und laut jüngster Ereignisse kann man sagen: Ja, doch, er kann es sich beispielsweise zur Tradition machen, in Oberfranken einzufallen und denen da ihre Traditionen zerstörerisch wegzunehmen. Deswegen ist es nur recht und billig, den Stärkekram in die Stadt zu holen. Kurz: Am 6.1. gilt es, sich Stärke für das kommende Jahr anzutrinken. Und zwar durch den Genuss eines Bockbiers pro Monat, also zwölf Einheiten. Es folgt der Versuch einer Veranschaulichung. Januar: Anreise Station Nummer eins, wegen größter Befürchtungen, was man aufgrund Veranstaltungsbeginn 11 Uhr so vorfindet, eiliges Hinabstürzen eines Fußpilses. Februar: Ankunft, befremdetes Erkennen, dass gegen 17 Uhr alle Anwesenden sturzbetrunken sind, kein Wunder bei dem greislichen Bock, wer trinkt denn auch sowas, destinguierter Griff zum Normalleichtbier. März: Auf einem Bein steht man schlecht, amüsiert sich aber köstlich über erste Ausfälle im näheren Umfeld. Leicht beschwingte Abreise zu Station zwei. April: Igitt, nur Bockbier und Schnäpse auf der Karte, erleichterte Entgegennahme des Lagerfundes, hocherfreute Begrüßung Hinzukommender. Mai: Alles sehr schön und sehr lustig hier, im Liebestaumel wortreiche Kontaktaufnahme mit fremden Tischnachbarn. Besucher aus Kolumbien. Alles nochmal auf Englisch. Juni: Versehentlich ein Bockbier bestellen, sich ins Schicksal fügen, schmeckt eigentlich gar nicht so übel. Parallele Entdeckung eines warmen Gin-Punsches, mit gespieltem Entsetzen den Alkoholgehalt konstatieren. Juli: Bockbier ist mein Zwischenwasser. Sehr beschwingte Abreise zu Station drei. Auf dem Weg ausgemusterte Tannen finden, die mitnehmen und in der nächsten Kneipe „Wolle Christbaum kaufe?“ versuchen. Vergeblich. Menschen doof finden. August: Menschen zwingen, fürs obligatorische Selfie mit Fingern für die Monatsanzahl auszuhelfen. Entdeckung dieses Umstandes allerdings erst am Folgetag. September: Eintreffen des Wirtes des Vertrauens, der fatalistisch anbietet, „mit dem September auszuhelfen“. Schnäpse sind immer eine gute Idee! Im Fortfolgenden zersplittert die Gruppe, manche schaffen’s bis Dezember, andere bis Dezember 2019, wieder andere nur noch ins Bett. Am darauffolgenden Tag eint alle die Erkenntnis, dass es eigentlich „Schwäche antrinken“ heißen sollte, und dass wir das nächstes Jahr nicht mehr machen. Stattdessen schlagen wir zusammen „Schembartlauf“ nach und überlegen uns, ob wir Lust haben, als durch Wurstringe verbundenes Höllen-Schiff durch die Altstadt zu ziehen und die Großkopferten anzuprangern. Da habt ihr eure Tradition!
Freitag, 5. Januar 2018
Apotheken-Umschau
Back to life, back to reality! Herzlich Willkommen im neuen Jahr, dessen Beginn ich wider Erwarten tatsächlich erlebt habe. Wie wir uns erinnern, hatte ich mich auf den Weg gemacht, um auf einer sehr einsamen Hütte mitten im bayerischen Nirgendwo gemeinsam mit vielen anderen Menschen auf eine Art Klausur zu gehen. Es war dann vieles anders als gedacht, beispielsweise die Hütte gar nicht direkt so einsam, sondern eher eine von 200 auf der Fläche eines mittleren Fußballfeldes und vom Ding her so wie am Gardasee-Campingplatz. Inklusive Partypeople nebenan. Es gab Schnee und Bären, zumindest einen glücklichen Tag lang. Die restliche Zeit gab es Schmelze und Regen, die man am ersten Tag noch gern durchwandert wegen Ach ist das eine gute Luft hier, die Motivation dann aber rapide ab-, der Einfallsreichtum dafür zunimmt und Überlegungen angestellt werden, ob es fürs Gewissen nicht völlig ausreicht, wenn immer nur eine Person statt der ganzen Gruppe ein bisschen draußen herumhatscht, diese eine Person aber sämtliche Handys mit den darauf befindlichen Schrittzählern bei sich trägt und so für das verschriftlichte Wohle aller sorgt. Dieser liederliche Versuch, das Schicksal zu foppen, hat freilich Konsequenzen, und deswegen verbringe ich für meinen Teil die ersten Tage des Jahres in strenger Askese, die ich nicht selbst gewählt habe, sondern mir aus Hamburg habe importieren lassen. „Wir hatten so eine Magen-Geschichte“, hatte es geheißen, „aber jetzt ist alles wieder voll gut!“ und ich kurze Berechnungen hinsichtlich variabler Inkubationszeiten von Viruserkrankungen angestellt. Und siehe da: Der vorliegende möchte exakt eine Woche ruhen, bevor er zur Tat schreitet. Deswegen lieg ich jetzt, fei echt wahr, mit Flachatmung auf dem Kanapee und bete, dass der Tag schnell ein Ende nehmen möge. „Du sollst keine Symptome googeln!“ bin ich gescholten worden, nachdem eine eingehende Internetrecherche eine schwere Krankheit ergeben hatte, die mein zeitnahes Ableben zur Folge haben würde, was mir, um ehrlich zu sein, grad gar nicht so ungelegen käme, weil dann wär das mit Magen vermutlich auch vorbei. „Apotheken Umschau darf man aber schon lesen, ja?“ hab ich klug zurückgegeben und sogleich die „Lesen, was krank macht“-Unterzeile rezitiert. Weil dieses hübsche Blatt ist ja wohl auch nichts anderes als der berühmte Doktor Google. Nur halt eben für Rentner. Verspürt der ein Zipperlein, so schlägt er im großen Apotheken-Umschau-Almanach kurz nach, und schon hat er die Gewissheit, Träger eines weiteren Leidens zu sein, das zwingend einen Besuch in einer Apotheke und dortigem Kauf von Zeug im Gegenwert eines Kleinwagens erforderlich macht. Andersrum erhellt das Lesen der neusten Ausgabe eines jeden Geist, finden sich doch dort immer ein bis fünf Symptome, die man bei genauerer Betrachtung eigentlich schon länger und ihnen nun endlich einen Namen zu geben hat. Zu meinem größten Entzücken bietet der Online-Auftritt des Blattes zielgerichtet Hilfe. Nämlich den Symptome-Finder. Ich bin zuversichtlich, hinterher eine so korrekte wie folgenschwere Diagnose stellen zu können und verbleibe in diesem Sinne mit den besten Wünschen.
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