Letzte Woche war ich auf einer Waage. Ein, wie ich gestehen muss, eher angstbehafteter Moment: Du weißt, der Tag wird kommen, aber du denkst, wenn du die Augen ganz feste zukneifst, dauert’s noch ganz lange. Du kennst die Regeln und unumstößlichen Gesetze, an die du dich wegen ja beide Augen zugekniffen eher so leidlich gehalten, um genau zu sein: die du als optionaler, wohlgemeinter Vorschlag interpretiert hast und dabei gleichsam stoßbetend wie infantil darauf gehofft, es wird schon alles gutgehen. Ganz genau hast du gewusst, was falsch ist und was richtig, aber dir heiter eingeflüstert, es ist doch nur noch hier ein bisschen und dort auch und nur weil es gestern schon eine klitzekleine Ausnahme gab und morgen auch schon eine in Planung ist heißt das ja noch lange nicht, dass du deswegen heute von der Ausnahme lieber Abstand halten solltest. Dann ist es also soweit: Wiegetag. Und als wär nicht alles eh schon schlimm genug und der Himmel unheilsvoll verdustert, so spielt sich diese hochnotpeinlichste aller Situation nicht einmal daheim im stillen Kämmerlein ab, sondern in aller öffentlicher Augen. Zumindest vierer an der Zahl. Zwei Herren mit strengem Blick sagen: Bitte hier jetzt auf die Waage, und du weißt, jetzt gibt es kein Entrinnen mehr, dafür Fluchen (innerlich), Zittern (äußerlich), Schwitzen (leider auch), und während du noch mit dir schiltst (Das letzte Trum hätt wirklich nicht mehr sein müssen, doch du, elendes Weib, kriegst den Rand ja niemals voll!), senkt sich urplötzlich das kalte Fallbeil des Urteils auf dich herab: „Herzlichen Glückwunsch“, spricht Herr Nr. 1, „zur 100er Zulassung! Jetzt müssen Sie halt leider noch zur Zulassungsstelle und das im KfZ-Schein ändern lassen. Gute Fahrt!“ Tjahaha, die werd ich haben. Nämlich während ihr diese Worte lest und dabei grau und gram dem Tag entgegengrimmt, rumple ich längst fröhlich im mobilen Heim über Stock und Stein. Doch was aussieht wie Urlaub ist in Wahrheit eine Flucht. „Wie jetzt, die Diskos machen auf einmal auf?“ rief ein Freund unlängst entsetzt. Das käme ihm jetzt etwas plötzlich, um nicht zu sagen: ungelegen, schließlich habe man doch bis dahin unbedingt noch streng diätieren und Leibesumfang reduzieren wollen, und zwar nicht allein aus eitlen Gründen, sondern vielmehr pandemischen, erschiene es doch schlicht unmöglich, Abstände vom Umfang eines Hoolahoopreifens zueinander einzuhalten, wenn die eigene Wampe grad so bequem im Ring of Fire Platz gefunden hätte, und man weniger damit zu tun habe, den Reifen mittels Hüftschwung vorm Bodenfall zu bewahren als vielmehr damit, sich nach Ende der Ertüchtigung aus der Gerätschaft wieder rauszuflexen. Macht ihr also schön Diät. Ich mach Urlaub. Und denk dabei garantiert nicht über Gewicht nach.
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