Freitag, 10. Februar 2023

Krapfen

Ich habe gerade dreimal versucht, das Wort „Telegraphenmast“ zu schreiben und bin dreimal kläglich gescheitert. Dreimal hintereinander stand dann da „Telegrapfen“. Ob das ein Zeichen ist? Sogleich aufzustehen, den nächstbesten Backwarenhändler aufzusuchen und sich „Siedegebäck aus süßem Hefeteig mit einer Füllung aus Konfitüre“ einzuverleiben? So zumindest lautet die Definition von „Berliner Pfannkuchen“ – die ich auf der Suche nach der Definition von „Krapfen“ gefunden habe. Wo doch „Krapfen“ auch irgendwas mit Sauerkraut gefülltes auch sein müsste, derweil „Pfannkuchen“ ja nachweislich eine platt in der Pfanne ausgebratene und anschließend dick mit Nutella oder Zimtzucker zu bestreichende Eierspeise ist, die man irgendwo im zerfurchten Süden verwirrenderweise als „Palatschinken“ bezeichnet, derweil wir hier oben „Zwetschgenbammes“ zu etwas sagen, das überhaupt nichts mit „Kirschmichl“ zu tun hat. Na und dann noch „Kreppel“, der Hesse wieder. „Während der Zubereitung werden Teigballen schwimmend in Fett ausgebacken und danach zumeist mit feinem Zucker bestäubt oder mit einer Glasur überzogen“, salbadert das Wikipedia weiter und übergeht hier nonchalant den tiefen Graben, der sich durchs Krapfenland zieht: Grober Zucker, der so herrlich sündhaft zwischen den Zähnen knirscht – oder staubig-feiner, bei dessen Genuss es auf eine ausgefeilte Atemtechnik ankommt, wenn man nicht vorhat, anschließend mit frischgepuderter Nase in einer VIP-Lounge zu sitzen? Eine ewige Fehde, die schon Paare entzweit und Kaffeekränzchen zersplittert hat. In der Schule wurde uns anhand der scheußlichsten aller denkbaren Speisen Stochastik eingetrichtert: Für 31 Schüler gibt es 99 normale Krapfen und „einen Grapfm mit Sempfd“. Errechne die Wahrscheinlichkeit für jeden Schüler, den scheußlichen zu erwischen! Heute wäre schwieriger: Für 31 Schüler gibt es 10 Krapfen mit grobem Zucker und Hiffenmark. Dazu weitere 7 mit Staubzucker, 5 mit Quark, 9 mit Nougat, 8 mit Zartbitterschokolade, 6 mit Baileys, 4 mit Bananenpudding, 5 mit Zauber-des-Orients, 3 mit Bratwurst-Zabaione, 4 mit Erdbeerkäse „Lillyfee“, 2 mit Bauerngurke-Pistazie und 2 mit Heublume-Erdapfel. Errechne die Wahrscheinlichkeit für jeden Schüler, einen Krapfen zu bekommen, der schmeckt. Vertauscht man bei „Krapfen“ zwei Buchstaben, erhält man eine andere zweifelhafte fränkische Deliziose. Das wäre mit „Pfannkuchen“ nicht passiert. Fest steht: Genießt man zu viel vom Faschingsknödel, so droht man, als „Gesichtskrapfen“ zu enden – ein entzückendes Schimpfwort, für das es sogar einen Wörterbucheintrag gibt. Ob der Preuße dann „Gesichtspfannkuchen“ sagt oder „Gesichtskreppel“ ist hingegen nicht überliefert … Na toll, jetzt hat der Bäcker zu. Ob man da vorbestellen kann – am End per Telegrapfen?

 

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