Freitag, 28. November 2014

Advent, Advent, der Kittel brennt!

Mit dem Beginn des Advents vollzieht sich mit vielen Menschen Wunderliches. Das ist in vielen Breiten so, im Hiesigen jedoch, so meine ich, ganz außerordentlich, weiß der Nürnberger doch, dass jetzt wieder die Fahnen dessen gehisst werden, wofür er auf der ganzen Welt gekannt, geliebt, vergöttert wird. Bratwurstlebkuchenglühwein, christkindliche Glückseligkeit. Doch wie jede Medaille auf der Welt hat auch unsere blankpolierte zwei Seiten, und die präparieren sich jeweils typisch für das Unvermeidliche. Seite eins lassen wir aus, daran befinden sich: Griesgrame, Zugezogene, Spaßbremsen, Bähmenschen. Pah. Seite zwei jedoch reibt sich seit Wochen die klammen Pfoten. Schmiedet Pläne, obwohl sie doch eh weiß, worauf’s hinaus läuft. Nennen wir es: fatalistisch. Neben wichtiger Oberpunkte wie „bester Treffpunkt“, „dickste Lammfellsohle“ und „schnell nochmal in den Prolog spicken“ ist der Casus Knacksus jedoch dieses Getränk, um das man einfach nicht herumkommt, und, wenn man ehrlich ist, auch nicht herumkommen will.  

Man spricht also weiter vom „Zwei-Minuten-Fenster“ und meint damit die Zeit, in der das da in den heiteren Tassen trinkbar ist, darüber hinaus von Flachmännern, Sauren Gurken und der Thermostasse, was unweigerlich zur Frage nach der Thermoskanne führt. Hier jedoch hält der kluge Eingeborene inne. Und erinnert sich: Hatte da nicht unlängst ein lustiger kleiner Freistaat scheu versucht, sich vom Stigma des ScheußlichsterdialektdesLandes freizumachen und sich die Sympathie der Nürnberger zu erbraten, indem er Wurst fürs Volk ankündigte? Sah der sich da nicht unversehens Aug in Aug mit Hunderten fränkischen Zerberussen, die die Grillzange schwangen, den andren Exil und sich selbst Verarmung kündend? Da war nämlich Schluss mit lustig.  

50 Jahre Mauerfall, Verbrüderung, tränenreiche Küsse, und dann kommt da plötzlich der Ossi und will Würze in unser Leben bringen, also nein wirklich, bei der Wurst, da hört die Freundschaft auf, dann lieber ein Extrasolizuschlag Senf. Von dieser Episode eingeschüchtert, fügt sich der Eingeborene also flugs in sein Schicksal, auch weiterhin Qualitätsware zu angemessenen Preisen in umsatzbegünstigenden Gefäßen zu degustieren, anstatt sich von daheim was mitzubringen und das Kommerzfeld gütig den Besuchern zu überlassen, liebevoll Selbstzubereitetes wird eh gemeinhin überschätzt. Wir freuen uns also überschwänglich auf Senfflecken, Kinderstiefel im Auge und darüber, dass wir alle so willkommen sind. Solang wir nichts verschenken.  

Freitag, 21. November 2014

Das Ding mit dem Sack

rne würde ich den heutigen Beitrag einleiten mit der Frage „Was haben Deutschland und asiatische Männer gemeinsam?“ Da das jedoch zu Missverständnissen führen könnte und darob zu (berechtigtem) Unmut in der Bevölkerung, mache ich das einzig richtige, was man mit Sparwitzen tun sollte (sie sich zu sparen, nämlich), und komme ohne Umschweife und Einleitung zum Pudelkern. Gelber Sack also. Wir führen eine komplizierte Beziehung miteinander. Nämlich kann ich nicht so gut ohne ihn, wegen Vorschrift und Moral und Erziehung und Umwelt und Obrigkeitshörigkeit und grünem Gewissen und Dasisthaltso. Jedoch kann ich auch nicht sonderlich gut mit ihm. Wegen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich noch kaum einen Menschen getroffen habe, der mit absoluter Bestimmtheit sagen kann, was genau in diesen Gelben Sack nun eigentlich hineingehört, dafür aber viele Menschen kenne, die das Ding so auf Verdacht befüllen und nochniemalsnicht im ganzen Leben sich die Mühe gemacht haben, den außen angebrachten Nutzungshinweis zu studieren (mich eingeschlossen).

Mal abgesehen davon, dass es mich erstaunt, dass ich immer wieder auf Menschen stoße, die Dinge egal welchen Materials vor der Hineintuung in den Gelben Sack einer gründlichen Reinigung unterziehen, so dass sich mir der umweltschonende Gedanke schon wieder so gar nicht mehr erschließen mag. Mal davon abgesehen, dass, lässt man an beliebigen Tagen die Blicke so durch die Straßen schweifen, sich die Vermutung aufdrängt, es herrsche eine gewisse Unsicherheit beim Bürger hinsichtlich der Abholtermine der zuständigen Entsorgungsagentur (was wiederum das muntere Krähenvolk rund um beispielsweise die Wöhrder Wiese freut, hat das doch stets was zu spielen und zu rupfen).

Und ein Gelbessäckchenrupfen tät ich gern mal mit dem Gelbesackerfinder, der mir erklären möge, wieso genau ein Beutel, in den man nicht nur weiche Plastikplauschen, sondern auch gern mal scharfe Dosenränder hineintut, schon zerfällt, weit bevor er den designierten Inhalt auch nur erblickt hat. Nachdem ich unlängst mehrere Gelbe Säcke mit sich selbst befüllt hatte, während ein Exemplar ums andere mich mit großer Kreativität in puncto Reißunfestigkeit zu beglücken strebte, befinden sich nunmehr in der dazugehörigen Tonne die Mistbeutel dreilagig, was bedeutet, ich produziere Müll, während ich ihn entsorge, und sehe freudig dem Moment entgegen, in dem ich verzweifelt versuche, die Zuknotlaschen aus der Öffnung zu pfriemeln, dabei große Wunden in den Sack zu reißen und dann doch wieder alles nochmal umzuschlichten, anstatt es einfach den Krähen zum Fraß vorzuwerfen.

Freitag, 14. November 2014

Rabimmelrabammel

„Ich geeeeeeh mit meiner La-teeeeeeeerne, und meeeeine Laterne mit miiiiir! Da voooorne kommt die Ta-veeeeeeeeeerne, da tausch‘ ich das Ding gegen Bieeeeer!“ Wie? Falsch? Sterne, Leuchten, Heiligkeit? Das mag ja sein, aber: Ist mir egal, denn ich bin heilfroh, wenn ich überhaupt einen Text in mir drin habe, der einigermaßen die metrischen Grundbedürfnisse befriedigt. Nachdem ich unlängst lernen musste, dass die jahrelang von mir inbrünstig jubilierten Zeilen „Das Licht geht aus, ich geh‘ nach Haus‘, rabimmel, rabammel, rabumm, bumm, bumm“ einem nicht mehr nachvollziehbaren Irrglauben zu verdanken sein und es eigentlich heißen soll „Ein Lichtermeer zu Martins Ehr, rabimmel, rabammel, rabumm, bumm, bumm“ bin ich ehrlich erschüttert, muss ich mich doch fragen, wie oft ich schon mit schockierten bis peinlich berührten Blicken ob dieses lyrischen Fauxpas bedacht worden bin. Also wo ich doch mindestens auf 17 Laternenumzügen pro Saison bin und da meine neuesten Bastelarbeiten präsentiere, lampionschwenkend. 

Gut, ich habe gewissermaßen eine Entschuldigung, entstamme ich doch altem katholischen Landadel, der nur aufgrund demographisch-historischer Wirrnisse in der protestantischen Ödnis gestrandet ist, um fürderhin ein Leben in innerer Zerrissenheit zu führen, insbesondere so in der Zeit um dieses Weihnachten, die durchsetzt ist von traditioneller („Mamamamamaaama heut kommt der Pelzmärtel ich freeeeeeeeeeu mich so!“ – „Du kannst so viele Stiefel rausstellen, wie du willst, mein Kind, der NIKOLAUS kommt erst am 6. Dezember! MIT dem Krampus!“) wie liturgischer („Papa wieso holt der Mann mit dem Kleid die Lebkuchen aus der Mikrowelle?“ – „Das heißt ‚Tabernakel‘, Kind, und ‚Hostie‘!“) Verunsicherung … 

Äh ja, worum ging’s? Textsicherheit, richtig. Weil ich gerne mag, wenn Menschen voller Hingabe Lieder mitsingen, ohne auch nur eine einzige Silbe des Textes zu beherrschen, was man ja ungefähr überhaupt gar nicht an den Lippenbewegungen erkennen kann, und selber zwar großmäulig die Prämisse „Nicht so gut, dafür schön laut!“ für Gesangsveranstaltungen jedweder Art ausgebe, mich dann aber nicht minder nachdrücklich vor Darbietungen drücke, die nicht von einer mindestens baustellenlauten und deswegen mich übertönenden Instrumentalbegleitung flankiert werden, bin ich hochsensibel, was Geschichten rund um die Reizworte „Gesang, Text, Lautstärke“ betrifft, halte mich für gewöhnlich sehr bedeckt und steige erst wieder ein, wenn ich mir ganz sicher bin. Also so: „Ich geeeeh mit meiner La-teeerne, und meine Laterne mit miiiir. Da oben leuchten die Steeerne, und unten lo-hoichten wiiir. Mhmmhmmmmhmh, mhmhmmmmhmhm, RABIMMELRBAMMELRABUMMBUMMBUMM!“

Freitag, 7. November 2014

Holterdipolter

i mir spukt es. Seit ein paar Monaten schon, und zwar nicht dergestalt, dass ein sphärischer Adonis nächtens um mein Bett wabert und mir uralte Geheimnisse und Schatzkarten anvertrauen möchte, sondern solcherart, dass irgendein grumpliges Wesen sich ausschließlich in Geräuschen manifestiert, mit denen es gleichzeitig versucht, mich dazu zu bringen, mich selbst einzuweisen. Es begann damit, dass aus dem Badezimmer ein Brummen ertönte, das ich erst auf einen Hubschrauber zurückführte, um dann festzustellen, dass der Hubschrauber im Zimmer nebenan nicht zu hören war, um dann rund um den Durchlauferhitzer eine mehrstündige Quellensuche am späten Sonntagabend zu vollziehen, inklusive Siemens-Notdienst, Kohlenmonoxidvergiftungsgefahrpaniktelefonaten und Fernwartung mit Elektriker. Es war dann ein gelockertes Wasserrohr, das von hinten an den Stromkasten wummerte. Da hilft’s freilich nicht, alle Sicherungen rauszudrehen und mit der Stirnlampe zu agieren.

Als nächstes piepte es bei mir. Von heut auf morgen, 24 Stunden am Tag, leise, aber vernehmlich, beständig, aber dabei in derart unregelmäßigen Abständen, dass eine Ortung schlichtweg unmöglich war. Fünf Minuten reglos auf dem Flur verharren, dann aufgeben, einen anderen Raum betreten und … pieep! Habe versucht, mir ein Haustier einzureden, ohne Erfolg. Nach mehrwöchigem extrinsischen Tinnitus gab es ein Gespräch über Rauchmelder in Wohnungen, in dessen Laufe ich einer Eingebung folgend aufsprang und zur Kammer des Schreckens (aka Rumpelkammer) rannte, um aus einer Schachtel ganz hinten unten einen Wasserstandsmelder zu bergen, der mir vor vielen Jahren aufgenötigt wurde und den ich sofort auf der Stelle statt wie befohlen ihn neben der Waschmaschine zu positionieren weit weg aufgeräumt hatte. Leider hatte der Aufnötiger umsichtigerweise die Batterie schon eingesetzt, und die stößt halt irgendwann an ihre Grenzen. Habe den Poltergeist dann in einer feierlichen Zeremonie seziert und entsorgt.

Der aktuelle Spuk: ein Zwergspecht. Der sitzt irgendwo in meinem Kleiderschrank und pockert. Irgendwas ist ja immer. Doch bevor ich jetzt langweiligerweise davon ausgehe, dass es sich um die locker gewordene Schranktüre handelt, die durch einen sich in der über mir liegenden Wohnung bewegenden Menschen in minimale Schwingung versetzt wird, erfreue ich mich lieber an der Vorstellung des Polterspechts und google ein bisschen nach „Exorzismus“. Kann man ja mal machen, jetzt, wo dieses Halloween vorbei ist und alle wieder ihre normale Schreckensgestalt angenommen haben, zumal in der Nacht.