Ich wollte eigentlich gerne eine schöne Auferstehungsgeschichte erzählen. Eine von kleinen Pflanzen und großem Überlebenswillen und von niemals aufgeben, durchdrungen von religiösem Heldenepos und Durchhalte-„Parolen“klingtderzeitirgendwieeinbisschenproblematischaberichweißkeinanderesWort. Allein ich bin selbst so durchdrungen von Dankbarkeit und Beseeltheit einer nicht minder christlichen Geschichte der Barmherzigkeit, dass ich der sofort Platz gewähren muss. Handelt es sich hierbei doch um einen nie dagewesenen Akt der Nächstenliebe unser aller Lieblingsaktiengesellschaft, den man ihr, der ewig verkannten, niemals zugetraut hätte. Umso größer ist das Wunder, das Osterwunder gar.
Der Herrgott selbst sprach zu mir und sagte: „Nein nein, Katharina, die Einführung der neuen Fahrkartenpreise und insbesondere der neuen Kurzstreckentarife ist gar keine völlig kurz gedachte praxis- und bürgerferne Geldmeierei, sondern etwas ganz, ganz anderes!“ So sprach er denn weiter und erhellte meinen von der Bosheit der Welt verblendeten Geist. Und ich hörte und sah. In Wahrheit nämlich verhält es sich so, dass die VAG, die Gute, Weltbeste, einen fein ausgearbeiteten Masterplan zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit ihrer Kunden verfolgt. Pardon: Ex-Kunden. Und sie hat so recht und tut so gut daran, dass mir schier das Herz überquellen will vor lauter Liebe. Egal, wohin man fragt, egal, wohin man spricht – der Tenor ist der selbe: „Ich bin ja früher schon öfter mal mit dem Bus oder so in die City gefahren oder in ihr herum, aber jetzt lauf ich halt alles oder fahr gleich Fahrrad!“
Ist das nicht schön? So viel Bewegung an der frischen Luft! 1,60 zahlen für vier auf 500 Meter verteilte Bushaltestellen? Da gewinnt der stramme Schritt gegen strammen Preis, da jubelt der Kardiologe und kann endlich seinen SUV gegen einen gemütlichen Fiat eintauschen, weil die Patientschaft ausbleibt. Ach ja, Auto. Hier kommen wir schon zum anderen Punkt des als maliziös verkannten Masterplans, der an Altruismus seinesgleichen sucht. Denn: Wer nicht laufen mag, wird fahren! „Bevor ich für ein Tagesticket 7,70 zahle, fahr ich doch gleich mit dem Auto in die Stadt. Für das Geld kann ich locker parken und bin danach wenigstens gleich noch flexibel“, spricht der Bürgermund und wirft sein Münzgeld ins Parkhausbesitzersparschweinderl, nachdem er sich ausgerechnet hat, dass 2,1 Kilometer ihn mal 30 Cent 0,63 Euro kosten statt der 3 für Bus und Strabo. Ich selbst fühl mich bereits sehr gesund und bin doppelt dankbar, entdecke ich doch bei meinen Streifzügen durch die Straßen allerhand Material, um diese Spalte hier zu füllen.
Samstag, 26. März 2016
Freitag, 18. März 2016
Lieber derstinken!
Neulich machte mir ein Mensch die Aufwartung. Um genau zu sein machte nicht er mir die Aufwartung, sondern etwas, das er vermutlich als Parfum, ich jedoch als Körperverletzung bezeichnen würde, machte allen Anwesenden die Aufwartung. Während er vorn etwas besprach, waberte ein schmierig-lilafarbener Geruch durch alle Gänge bis nach hinten, wo tränenden Auges mit Unterlagen gefächert wurde und wegen spontaner Appetitlosigkeit von einem Mittagessen Abstand genommen. Freilich hätte ein Sturmlüften Abhilfe schaffen können, doch stoben draußen dicke Flocken vom Himmel. „Lieber derstickt als derfroren“, sprach weise der Kollegenmund, und ich freute mich und beschied, ich kenne das noch als „Lieber derstunken als derfroren.“ Das nämlich hatte eine gute alte Lehrerin ins Klassenzimmer hineingesprochen, wann immer der sich darin befindliche Pöbel mal wieder weigerte, zwengs des Sauerstoffgehalts eine Lüftung durchzuführen.
Jedoch, bemerkte ich, waren, wenn ich’s mir recht überlege, das auch andere Zeiten. Nämlich solche des arg schwierigen Übergangs. Wo man nicht mehr mit dem Papa einmal in der Woche sonntags baden möchte, aber eine Notwendigkeit einer regelmäßigen Dusche noch nicht einsieht. Wo man deswegen meint, dass möglichst geruchsintensive Deodorants schon alles richten werden. Wo der Kinderkopf nicht mehr süß nach Milch und Honig duftet, sondern „goaßelt“, wie es bei mir heißt, also nach Ziege stinkt. Wo der Knabe von ihm unbemerkt einen testosteroninduzierten Körpergeruchswandel erleidet, der nicht direkt besser wird davon, sich jeden Tag in das polyesterne Trikot des Lieblingsvereins zu gewanden, das abends nicht gelüftet, sondern unters Bett zerknüllt wird.
Wo auch die Mädels zwar in den ersten beiden Stunden Sport hatten, aufgrund einer postgrundschulischen absoluten Nichtvereinbarkeit von „Turnbeutel“ und „Coolness“ zur naheliegenden Praxis greifen, morgens Sportzeug unter die Klamotte anzuziehen und hernach in vollgeschwitzt auch wieder darunter zu verpacken – womit wir wieder beim Deo angekommen wären, und falls jemand grad so ein Herangewächs daheim hat oder sich selbst peinlich berührt an eigene Verfehlungen erinnert: Mädelsdüfte zeichnen sich von Haus aus nicht durch diskrete Frische aus, sondern sind um so beliebter, je blumiger, schwerer und klebriger sie daherkommen. Weiß Gott, warum. Eine ausführliche Beschäftigung mit der Thematik „Duschen mit karamellisiertem Obstsalat“ soll an anderer Stelle mal erfolgen. So. Halb besinnungslos vor olfaktorischer Vergewaltigung musste ich dann doch zum Fenster robben und spüre jetzt bereits die Grippe nahen. Die Moral von der Geschicht: Parfum ist zum Überdecken nicht. Sondern zum flankieren eines sauberen Wohlgeruchs. Schreibt euch das hinter die speckigen Ohren!
Freitag, 11. März 2016
Teekakageh!
Ich kann schon wieder nicht schreiben. Nicht dass das jetzt zur Gewohnheit wird, denkt ihr euch, und ich kann nur müde nicken. Das mit dieser Glosse, das funktioniert ja so: Ich sitz so da oder lauf so rum oder tu halt sonstwas intellektuell forderndes, und dann macht’s in meinem Kopf auf einmal rumms und irgendein weltverändernder Gedanke ist da, den es mich dann sofort aufzuschreiben drängt. Jetzt ist es aber so, dass wann immer ich dem Kopf die Leinen lang lasse, exakt eins darin stattfindet: „Tarzan, Karl und Klöööhöööößchen, mit der neuen Nooohooote, und Gabi, die Pfooohoote, ja das sind wir, die neuen vier!“ Ich habe keinen blassen Dunst, warum. Irgendjemand hatte vor ein paar Tagen irgendwas zu mir gesagt, was eine völlig absurde Assoziationskette zur Folge hatte, an deren Ende eben jenes vermeintlich längst vergessene TKKG-Lied stand.
Ohrwürmer. Man kennt das ja: singt tagelang, pardon, „Atemlos durch die Nacht“ oder sonst irgendein Opus, das einem im Trivialradio ständig in die Ohren gehämmert wird. Das sind aber nicht und waren noch nie meine Problemfälle. Zuletzt meine ich aufs äußerste belästigt worden zu sein von einem Schlaflied aus Kindertagen von einer Formation, aus deren heller Feder auch „Anne Kaffeekanne“ stammt, falls das jemand kennt. Wochenlag schlafliedete es in meinem Kopf, egal, was ich gerade tat. Absurderweise fällt mir jetzt, wo ich so dringend versuche, draufzukommen, das Lied einfach nicht mehr ein – wie auch, kein Platz im Kopf, da hüpft ja eingangs genannte Teeniebande herum. Bislang habe ich mir immer vorgestellt, dass mein Hirn so ähnlich funktioniert wie die Wehre oder Dämme oder wie das heißt, von denen die Pegnitz im Stadtgebiet durchzogen ist. Da sprudelt und werkt es ja mächtig umeinander, und wenn man lang genug hinschaut, kann es gut passieren, dass plötzlich ein roter Ball aus irgendeiner Tiefe emporschießt.
Seitdem ich aber mit nachklingender Begeisterung einen sehr wundervollen Animationsfilm angeschaut habe, weiß ich: das ist alles ganz anders. Dort nämlich stehen zwei lustige bohnenförmige Gesellen vor einem endlosen Regal voller in Kugeln eingeschlossenen Erinnerungen, um zu sortieren und aufzuräumen. Sie ziehen also eine Kugel heraus und sagen „Das Exemplar hier wird nie verblassen!“ – „Das Lied aus der Kaugummiwerbung?“ – „Manchmal schicken wir es einfach so in die Kommandozentrale … und das spielt dann in Rileys Kopf, iiiimmer und iimmer wieder einemillionmal muahahaaa!“ Dann sieht man, wie Riley, das Mädchen, völlig unvermittelt zu singen beginnt. Mit dieser Erklärung kann ich gut leben, birgt sie doch ein gewisses Moment von Boshaftigkeit und Schadenfreude. Also: „Teeeeeekakageh, wuh!“ …
Grade in der GEO gelesen: „Je weniger Hirn, desto leichter kommt uns ein Ohrwurm in den Kopf.“ Grmpf.
Freitag, 4. März 2016
Jubelstress
Könnt ihr euch noch dran erinnern, wie man sich früher, sagen wir: zu Schulzeiten zum Geburtstag gratuliert hat? Nein? Komisch. Ich auch nicht. Scheint’s war ich nie dabei. Stelle mir das aber so vor: Enge Freunde gratulieren überschwänglich, haben Geschenkkörbe und eine Burger-King-Krone dabei und nerven jeden Lehrer in jeder Stunde mit dem Intonieren des mehrstimmigen (und endlosen) Kanons „Viel Glück und viel Segen“. Weniger enge Freunde gratulieren morgens einmal und sind den Rest über genervt. Und die Erz-Feindin tut den ganzen Tag so, als würde sie von all dem nichts mitkriegen, nur damit sie ja nicht in Verlegenheit kommt, die verhasste Hand zu schütteln und „alles Gute“ zu heucheln.
Heute ist das, was wundert’s uns, freilich alles viel komplizierter, haben wir doch allein 17 neue Wege, Gratulationen verschiedenstufiger Herzlichkeit an den Geburtstagsmann / die Geburtstagsfrau zu überbringen. So wie ich das sehe, geschieht folgendes: Die ganz arg engen Freunde kommen persönlich vorbei mit allem Pipapo und halten tapfer aus; die, die nicht vorbeikommen können, rufen mindestens alibihalber einmal auf dem Handy an und sind potenziell erleichtert, wenn sie den Jubilar nicht erreichen, was mit Fortschreiten des Tages auf Gegenseitigkeit beruht. Weil: „Huhu grüße dich … so eine Überraschung … ja … ja … danke … Mensch, danke dir … haha ja mach ich … du, gut, echt … sag ich … jaa … ja … jaa … haha … tschüss!“ Genau. Omas und Opas rufen artig auf dem Festnetz an und sprechen auf den Anrufbeantworter oder schreiben, vogelwild, Postkarten. Tanten und ähnliche Artverwandte älteren Semesters auch. So, und jetzt wird’s kompliziert.
Zäumen wir das Pferd von hinten auf. Der versierte Facebooker wird tagtäglich auf allerlei Geburtstage aufmerksam gemacht. Die sind ihm entweder egal, er kümmert sich nicht weiter drum. Nächste Ebene ist der kurz und herzlos auf die Pinnwand geschmierte Glückwunsch, der zwischen Mehrwortsätzen oder einem lapidaren „HBD“ schwanken kann. Je näherstehend der zu Gratulierende, desto größer der Aufwand vom ergoogelten Freudenfoto bis hin zum selbstgestümperten Paint-Bild. Fühlt man sich dem Jubilar dann aber doch irgendwie wieder enger verbunden, so ist das Mittel der Wahl eine Whatsapp-Nachricht, die bunt verziert wird mit so ziemlich jedem Emoji, das auch nur in die bedeutungsvolle Nähe von Geburtstag kommen kann. Man verzichtet auf das herzlose Jedermanngratulieren im Facebook. Und dann gibt’s aber noch diejenigen, die sich freuen wie Bolle, wenn ihre Pinnwand am Ende des Tages vollgestopft sind mit Glückwünschen egal-von-wem, wegen Beliebtheitsdemonstration, und denen malt man dann zusätzlich zu Anruf, Whatsapp und Tortengruß am besten auch noch eine öffentliche Zuneigungsbekundung in die Chronik. Jetzt hab ich selbst den Überblick verloren. Macht doch was ihr wollt!
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