Freitag, 1. April 2016

Fancy Sonntag

Sonntag, Feiertag, Freiertag! Wie wunderschön! Insbesondere Menschen, die sich sonst gern mal dadurch hervortun, dass sie stets nur geschniegelt und gebügelt, mindestens jedoch ordentlich gescheitelt und bemalt die Öffentlichkeit betreten und dabei laut Aphorismen weißbezopfter Modemumien deklamieren („Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“), geraten schier aus dem Häuschen, wenn dann auch noch die Witterung stimmt: kalt, grau, Regen – geiler Scheiß, ein Tag auf der Couch. Und dann schafft man’s vielleicht noch in die Schlumpelhose, und das war’s. Frisur? Drauf gepfiffen, Out of Bed heißt die Devise! Und so, denkt man sich, darf mich nie, nie, niemals jemand sehen. Niemals! Eine lustige Gruppe Menschen jedoch kennen einen, und das muss man sich mal vorstellen, ausschließlich so. Paketboten beispielsweise, denen man nur die Tür öffnet, wenn man untertags krank oder faul zu Hause rumschimmelt.
Oder, und ich glaub, das ist fast schlimmer, also für die, Pizzaboten. 

Weil wann bestellt man Pizza? Doch nur, wenn man daheim in Scherben liegt, im besten Fall mit Pandaaugen, auf dem Haupte Mopp statt Frisur und umwölkt vom Odem der vorangegangenen Nacht. Eine Zeit lang ist einem das peinlich, doch irgendwann denkt man sich: Och, ich altere erstens eh prinzipiell in Würde, und zweitens wird der so ein Wrack heut schon noch öfter gesehen haben. Tür auf, Pizza rein, Tür zu. Eine Ausnahme von dieser Regel gibt’s jedoch, die mich nachdrücklich beschäftigt, und das war so: Vor Jahren hatte ich mal zu tun mit einer Künstlerin. Neben dem Verzieren von allerlei Gegenständen sah sie aus, als habe sie vor allem Freude daran, sich selbst zu verzieren, zuweilen auch mit allerlei Gegenständen. Fancy, trendy, schick – so lernte ich sie kennen, und ohne mir jetzt „Modequeen“ auf die Fahne schreiben zu wollen, denke ich mal, auch einen recht ordentlichen Eindruck abgeliefert zu haben.

An so einem besonders desolaten Sonntag war dann als lebenserhaltende Maßnahme eben eine Pizza nötig, und als ich die klingelnde Tür öffnete, erstarrte ich wie der Analogkäse auf dem erkaltenden Gebäck. Vor mir stand die Galeriefrau, gar nicht fancy ins CI-Gewand gehüllt, und bot mir den Karton dar. Ich war der- und gleicherart verdattert wie peinlich berührt, dass ich nicht mehr zustande brachte, als die Zahlung vorzunehmen und hurtig mitsamt meinem Gammel wieder nach innen zu verschwinden. Ich glaube bis heute, dass die Galeriefrau nicht minder peinlich berührt war. Damals fasste ich den festen Entschluss, nie wieder einen Lieferservice zu bemühen, und wenn doch, dann dem mindestens mit Mütze die Tür zu öffnen. Keins von beidem ist eingetreten. Hoffentlich kommt mal wieder jemand, den ich kenn. Dann lad ich ihn auf ein Konterbier ein.

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