Freitag, 28. Juli 2017

Tatort Dialekt

In meinem wahnsinnig prominenten Schaffen hat sich’s neulich zugetragen, dass ich dem wahnsinnig prominenten Regisseur Max Färberböck begegnen durfte. Also in Wahrheit hab ich aus Sitzreihe fünf seinen Ausführungen gelauscht. Aber der Glanz ist bis hinter zu mir abgestrahlt. Jetzt Moment, ihr wisst eh wieder nicht, von wem ich sprech. Der Herr Färberböck ist der helle Geist, der beispielsweise den großartigen Film „Aimee & Jaguar“ gezaubert und zuletzt den Alptraum vieler Franken realisiert und ihn „Tatort“ genannt hat, wo man sagt, ja mei, so ein heller Regisseursgeist, der verausgabt sich halt vielleicht auch einmal und dann kommt halt sowas dabei raus nach 20 Jahren. Der Herr Färberböck hat sich beim Vortrag aber vor allem verausgabt, indem er episch ausgeführt hat, wie sehr er den Franken schätzt, den Liebreiz und die Herzlichkeit und die Stärke der Frauen, die war ihm spezialwichtig, und wie er sich hineinverliebt hat in uns hier, und da versteht man dann schon ein bisschen, dass bei so viel Begeisterung für ein Völkchen man das Bedürfnis entwickelt, ihm ordentlich eins vor den Latz zu knallen, also dem Volk, wegen sonst Größenwahn, und deswegen lieber Filme zu machen, wo der Franke als besonders deppert und unsympathisch rauskommt. Also Satire, quasi. Ganz besonders herausgehoben hat der Herr Färberböck außerdem den irrsinnssympathischen Zungenschlag des Mittelfranken, und das war schön, weil da ist dir dann auf einmal klargeworden, wieso er so viel Wert darauf legt, den irrsinnssympathischen Zungenschlag bei jeder sich nicht bietenden Gelegenheit besonders zum Zuge kommen zu lassen. Musst ich ihn gleich einmal befragen, weil ich das so nett find. Wie das so geht mit dem Dialekt, und wie er das so laufen lässt, wollt ich gerne wissen, und hab gehört, dass der Herr Färberböck, der übrigens ein Oberbayer ist und deswegen auf dem Gebiet des Fränkischen mit seinen so hauchfeinen Unterschieden, dass ausschließlich der Eingeborene zu hören vermag, ob er mit einem Nürnberger, Fürther oder gar gräußlichen Oberfranken parliert, von Natur aus eh sehr firm, also dass der das immer einfach ganz natürlich laufen lässt und deswegen weiß, dass alle Mimen immer und die ganze Zeit ausschließlich ganz natürlich sprechen würden und deswegen alles hernach immer ganz natürlich klingt. Und dass wenn ein Darsteller oder eine -in einmal wie in der schönsten „Mondebuldschano-Wallbollidschella-Binogrridscho“-Übung und dann 50 Minuten Theaterhochdeutsch und dann lieber nocheinmal etwas einflechten muss, das klingt wie „Rrrindsbulliong“ oder „Rriffllblech“, dass das dann alles nur ganz natürlich wär. Ganz beseelt von diesen olympischen Worten also im Sinne von vom Olymp zu mir herabgesprochen war ich. Und umso mehr gefreut hab ich mich jetzt, wie ich eine ganz natürlich fränkisch Sprechende im Film dabei erwischt hab, wie sie ganz natürlich geniederbayert hat. 

Freitag, 21. Juli 2017

Sommerduft

An einem dieser schönen Eintagssommertage, die es hier grad immer mal wieder im Sonderangebot gibt, war’s so, dass ich mit dem Radl umeinanderschlawanzt bin um die Mittagszeit und nach einer Mahlzeit Ausschau gehalten hab. Also nicht dass es mich grad schlimm verlangt hat nach einer, aber interessiert hätt’s mich schon. Das Interesse hat aber dann bald rapide abnehmen müssen und sich mit einem dringenden Gefühl einer bevorstehenden Magenausstülpung konfrontiert sehen, weil je mehr ich hingeschaut hab nach da, wo Menschen Mahlzeiten eingenommen haben, desto greißlicher ist mir geworden. Also jetzt mal abgesehen davon, dass „Zwaa Jägermeister, und dann lässt nochamal bidde die Luft aus meim Bilzglas!“ womöglich nicht direkt in Einklang geht mit den Empfehlungen des Bundesgesundheitsministers zur adäquaten Wasseraufnahme bei großer Hitze, geht für mich mit letztgenannter einher, dass man sich von bestimmten Nahrungsmitteln tunlichst fernzuhalten habe. Sitzen die also in der Gluthitze und krachen sich Döner, Schäufele und Grillplatten ins Gesicht, dass es eine wahre, also nicht natürlich, Freude ist. Aber gut, ich mein, nach meinem wirklich stets wenn überhaupt dann nur sehr zurückhaltend geäußerten Dafürhalten sollte es ja gesellschaftliche Konsense geben über das friedliche Zusammenleben in einer aufgeheizten Phase über 30. Also Grad Celsius. Die Ü30-Gesellschaft also habe bitte umgehend darauf zu verzichten, Vanille-Duftbäume in Autos herumzufahren und mittels geöffneter Fenster neben hipper Chartmukke einen allgegenwärtigen Geruch von Weihnachtsbackstube zu verbreiten. Weiters ist spätestens jetzt für alle Liebhaber schwerer Parfums, deren Produktion eigentlich seit dem Milleniumswechsel eingestellt sein sollte, wie „Joop Homme“, „Gaultier Le Male“ sowie weibliche Varianten, die Zeit gekommen, einzusehen, dass man sich für das Tragen dieser … Düfte … ähnlich zu schämen hat wie beim Zahnarzt, wenns zum Frühstück noch schön Zwiebelaufschnitt mit Aioli gab. In der U-Bahn lassen wir den Arm unten. So Zeug. Jetzt kannst du sagen, das ist ja aber alles Zeug, was wegen Luftdings mehr Menschen betrifft und deswegen Rücksicht, da kann dir doch sauber egal sein, ob ein Einzelmensch bei Ü30 ein greißliches Winterfutter in sich reintut. Das ist freilich ein bisschen richtig. Aber … Aber! Was mir eher einleuchten würde, wär, wenn einer sagen tät: Du, das ist halt vielleicht so wie im Arabien mit dem heißen Tee, den trinken die ja da auch wegen Abkühlung dann irgendwie, vielleicht funktioniert das mit dem Döner und dem Schäufele auch so, und in Wahrheit bist du die Angeschmierte. Darauf wüsst ich dann jetzt auch keine schlaue Antwort. 

Freitag, 14. Juli 2017

Bamiflü

Dass der Adlatus einfach stehengeblieben war, das hab ich erst nach ein paar Metern gemerkt. Umgedreht hab ich mich dann und irritiert in zwei Augen geschaut, die glaub ich aber schon noch sehr viel irritierter in mich hineingeschaut haben. „Was hast du da grade bitte gesagt?“ wollte man wissen, und ich hab in die Drogerie gesonnen, in die ich grad hineingehen hab wollen, und nachgedacht und wiederholt: „Na dass ich da noch schnell hab hineingehen wollen und eine wasserfeste Wimpi kau… oh“, hab ich mich unterbrechen müssen und bemerken, dass mir da scheint’s ein sehr seltsames Wort aus sehr längst vergangenen Kindertagen über die Lippen gehuscht war. Eine Wimpi, das war früher das, was wir heut elitär „Mascara“ nennen und nicht wissen, ob es die oder der heißt, Hauptsache das erwachsene Wort benutzt. Früher, da hatten wir viele Wörter, die sag ich heut schon auch noch aus Versehen, aber wenn dann eigentlich nur in Verbindung mit ironischem Gelächter und den Freundinnen von damals, die auch noch die von heute sind. Damals, da hatten wir wichtigeres zu tun als uns mit Wörtern aufzuhalten, deswegen war’s wohl erforderlich, alles so kurz zu schrauben wie möglich, und zudem mit einem Klang zu versehen, der den Wörtern den Schrecken der Realität zu nehmen vermochte. Wir schrieben morgen eine „Schulze“ und mussten dann noch „Hausi“ machen, wir wurden ins „Seki“ gerufen und wenn’s blöd lief auch zum „Direx“. Wir brauchten einen „Bleier“ und hatten den „Ratze“ nie dabei, konnten uns an selbigem aber sehr gut morgens treffen, und taten noch in der Kollegstufe der Lehrerin kund, „sponti“ zu entscheiden, ob man gleich den Leistungskurs mit unserer Anwesenheit zu beehren gedachte. Und wenn, dann um erstmal nach der „Wimpi“ der Sitznachbarin zu verlangen. Heute haben wir eigentlich auch keine Zeit mehr, um ordentlich zu sprechen, nur ist uns der Sinn für die Weichheit und Sympathie der Akronyme verlorengegangen. Voller Härte und Verachtung spucken wir Brocken wie „Arge“ in die Welt, anstatt freundlich „Agemei“ zu sagen, „Ich hab Post vom Agemei“, da geh ich doch gleich viel lieber hin, und dass ein „Bamf“ nun wirklich keine herzliche Einrichtung sein kann, das hört wohl jedes Kind. Bamf. Pampf. Matsch. Quatsch. Ein „Bamiflü“ hingegen, da würde man doch gern einmal vorbeiradeln und vielleicht ein paar Hors d'œuvre dabei haben für alle oder Schnitten mit freundlicher Clownwurst. Vor einiger Zeit hab ich mit dem Bürgermeisteramt telefoniert wegen meiner Überlegung, einen kommunalen Außendienst zu installieren, die von der Stadtspitze freundlicherweise geteilt wird. Wegen proaktiv hab ich auch gleich eine gute Bezeichnung parat gehabt, mittels derer die Institution dem Volksmund geläufig gemacht werden könnte. Da war das Bürgermeisteramt dann doch gar nicht mehr so begeistert. Aber gut. Vielleicht wäre „Komadi“ wirklich freundlicher als „KomA“. 

Freitag, 7. Juli 2017

Bühnenoutfitwechsel

„Bei ihren Auftritten kann es vorkommen, dass sie ihre Outfits bis zu neun Mal wechselt“, hab ich einen jubilierenden Satz in einem eben solchen Artikel gelesen, wohlwollend nickend mich zurückgelehnt und mir gedacht: „Ja, so ist das manchmal“ und wieder ein bisschen mehr gefunden, dass die Helene Fischer und ich schon wirklich sehr viel gemeinsam haben. Wenn man nämlich von den Übereinstimmungen hinsichtlich Frisur und Gesangstalent absieht bleibt noch das mit den Klamotten. Und hey – easy. Früher, als ich noch in der schrecklichen Straße gewohnt hab, da hab ich mir oft wegen schwerem Narzissmus vorstellen müssen, dass also wenn an jedem Fenster ein sagen wir mal ohne diskriminierend werden zu wollen Rentner sitzt und hinausblickt wegen beispielsweise Verkehrsversündigung, dann kriegt der quasi inklusive einen ausgewachsenen Bühnenoutfitswechsel von mir zu sehen. Weil es gibt schon Tage, die sind so: Frühmorgens Haus verlassen wegen Arztbesuch; Kleidung: irgendwas. Heimkommen, Haus verlassen zum Sport; Kleidung: passend. Heimkommen, wieder raus kommen; Kleidung: Interviewtermin. Merken, dass zwischenzeitlich seit morgens Temperaturerhöhung um 15 Grad, also heim und kurz darauf wieder raus; Kleidung: Interviewtermin sommerlich. Rückkunft, später erneut Haus verlassen; Kleidung: casual sommerlich, sprich kurze Hose & Schlappen. Dann wieder heim weil wieder erinnert dass wenn Sonne weg dann frisch, also kurz darauf wieder raus und Kleidung: casual sommerlich-bedacht, sprich kurze Hose, Schlappen, Pulli und Beutel mit Socken. Voila! Jetzt war’s früher immer ein einsamer Spaß, weil hab ich mich nur mit mir alleine auslachen können wegen keine Balkone weit und breit und in die Fenster reinschauen schwierig. Jetzt müssen der Narzissmus und ich uns aber einer völlig neuen Situation stellen. Nämlich der, dass ich mich unversehens in einer Gegend wiederfinde, in der außer mir völlig unerwartet ausschließlich Privatiers zu wohnen scheinen, auf die bei Gelegenheit noch genauer eingegangen werden muss. Die Privatiers sind schwer damit beschäftigt, entweder zu balkonieren oder auf Bänken vor Häusern Meetings abzuhalten, um nächste unternehmerische Schritte zu besprechen. Kannst jetzt sagen: Ja, Wasmeierin, werden die schon anderes zu tun haben als dich in deiner Helenefischerei zu beobachten. Ich pariere: Neulich Zuruf vom Balkon auf mich herab von einem Menschen, ich schwör, mit dem ich noch nie ein Wort gesprochen hab geschweige denn mich vorgestellt. Er so: „Mensch Kati, du kommst auch nicht zur Ruhe, ha?“ Nee …