Dass der Adlatus einfach stehengeblieben war, das hab ich
erst nach ein paar Metern gemerkt. Umgedreht hab ich mich dann und irritiert in
zwei Augen geschaut, die glaub ich aber schon noch sehr viel irritierter in
mich hineingeschaut haben. „Was hast du da grade bitte gesagt?“ wollte man
wissen, und ich hab in die Drogerie gesonnen, in die ich grad hineingehen hab
wollen, und nachgedacht und wiederholt: „Na dass ich da noch schnell hab
hineingehen wollen und eine wasserfeste Wimpi kau… oh“, hab ich mich unterbrechen
müssen und bemerken, dass mir da scheint’s ein sehr seltsames Wort aus sehr
längst vergangenen Kindertagen über die Lippen gehuscht war. Eine Wimpi, das
war früher das, was wir heut elitär „Mascara“ nennen und nicht wissen, ob es
die oder der heißt, Hauptsache das erwachsene Wort benutzt. Früher, da hatten
wir viele Wörter, die sag ich heut schon auch noch aus Versehen, aber wenn dann
eigentlich nur in Verbindung mit ironischem Gelächter und den Freundinnen von
damals, die auch noch die von heute sind. Damals, da hatten wir wichtigeres zu
tun als uns mit Wörtern aufzuhalten, deswegen war’s wohl erforderlich, alles so
kurz zu schrauben wie möglich, und zudem mit einem Klang zu versehen, der den
Wörtern den Schrecken der Realität zu nehmen vermochte. Wir schrieben morgen
eine „Schulze“ und mussten dann noch „Hausi“ machen, wir wurden ins „Seki“
gerufen und wenn’s blöd lief auch zum „Direx“. Wir brauchten einen „Bleier“ und
hatten den „Ratze“ nie dabei, konnten uns an selbigem aber sehr gut morgens treffen,
und taten noch in der Kollegstufe der Lehrerin kund, „sponti“ zu entscheiden,
ob man gleich den Leistungskurs mit unserer Anwesenheit zu beehren gedachte.
Und wenn, dann um erstmal nach der „Wimpi“ der Sitznachbarin zu verlangen.
Heute haben wir eigentlich auch keine Zeit mehr, um ordentlich zu sprechen, nur
ist uns der Sinn für die Weichheit und Sympathie der Akronyme verlorengegangen.
Voller Härte und Verachtung spucken wir Brocken wie „Arge“ in die Welt, anstatt
freundlich „Agemei“ zu sagen, „Ich hab Post vom Agemei“, da geh ich doch gleich
viel lieber hin, und dass ein „Bamf“ nun wirklich keine herzliche Einrichtung
sein kann, das hört wohl jedes Kind. Bamf. Pampf. Matsch. Quatsch. Ein
„Bamiflü“ hingegen, da würde man doch gern einmal vorbeiradeln und vielleicht
ein paar Hors d'œuvre dabei haben für alle oder Schnitten mit freundlicher
Clownwurst. Vor einiger Zeit hab ich mit dem Bürgermeisteramt telefoniert wegen
meiner Überlegung, einen kommunalen Außendienst zu installieren, die von der
Stadtspitze freundlicherweise geteilt wird. Wegen proaktiv hab ich auch gleich
eine gute Bezeichnung parat gehabt, mittels derer die Institution dem Volksmund
geläufig gemacht werden könnte. Da war das Bürgermeisteramt dann doch gar nicht
mehr so begeistert. Aber gut. Vielleicht wäre „Komadi“ wirklich freundlicher
als „KomA“.
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