In unserer schönen Stadt geschieht gerade absonderliches: Die Straßencafés explodieren vor Besuchern, die wie jedes Jahr die letzten schönen Tage aufsaugen wie ein großer Schwamm, nicht ohne sich dabei andauernd gegenseitig zu versichern, dass es schließlich Oktober, die warme Witterung daher ungehörig und selbstverständlich dem Klimawandel geschuldet sei, aber wenn man dann doch bitte gleich den Heizpilz anschalten könne, Herr Ober, super, danke. Bienen und Wespen ringen um die letzten Blütenstäube, Spinnen bleiben verwirrt auf Türschwellen stehen, und abends zwitschern die Vögel wie im schönsten Maiglückchen. Tagsüber erkennt man den Langschläfer geschwind am leichten Gewand, den Frühaufsteher daran, dass er eselsgleich bepackt mit Koffern voller Jacken, Schals und Handschuhen durch die Hitze streift, die in schweren Stiefeln verpackten Zehen linsen neidisch zur Sandale am Nebentisch, sind jedoch am Abend fein raus, weil „wenn die Sonne weg ist, wird’s schon frisch“. Ein wichtiger Satz dieser Tage. An Wichtigkeit und epochaler Bedeutsamkeit nicht zu überbieten aktuell ist ein Kleidungsstück, das sicher zu den wundersamsten in unseren Breiten gehört. Nämlich: die Daunenweste. Die wirklich unsinnigste Erfindung überhaupt, so ähnlich, als würde man lammfellgefütterten Winterstiefeln Peeptoes verpassen. Auf dass die Knöchel warm, die Zehen aber blaugefroren seien. Wo ich’s grad so hinschreibe, fällt mir ein, dass es das sicher schon gibt. Ich will’s gar nicht wissen. Für Daunenwesten gibt es pro Jahr exakt zwei Tage und an denen exakt drei Stunden, in denen eine Daseinsberechtigung besteht. Die Innereien warm geschützt, die Ärmchen frei für all die wichtigen Herbstaktivitäten, denen man solcherart praktisch gewandet uneingeschränkt nachgehen kann. Nämlich: im Straßencafé sitzen. Jetzt Problem: Man kann 363 Tage im Jahr Daunenwesten für das dämlichste halten, was die Modewelt je erfunden hat, weil was soll das sein, Jacke ohne Ärmel, schwitzen in der Mitte, frieren außenrum, Schneehosen gehen ja auch eher selten nur bis zum Knie. An exakt genau den übrigen beiden Tagen aber sitzt der Mensch im Straßencafé, friert im Shirt, schwitzt in der Winterjacke, blickt neidisch an den Nebentisch und denkt sich: Ja Mensch, so eine Daunenweste, das wär’s jetzt, und eilt bei nächster Gelegenheit zum Kauf der selben, auf dass sie im Anschluss 358 Tage im Schrank verstaube und bis zur nächsten Einsatzmöglichkeit vergessen werde. Kein Wunder, dass so viel Glücksgefühl herrscht grad in der Stadt: Das ist der Jubel der Daunenwesten, die endlich einmal aus ihrem Schrank herausdürfen. Da hol ich doch meine gleich mal mit dazu. Stopft sich auch gleich viel besser in die Handtasche, so ein Westchen. Auf auf!
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