Freitag, 12. Juli 2019

Speicherkapazitäten

„Meine Hände“, wurden mir Anfang der Woche zehn Patschefingerchen ins Gesicht gehalten, „sehen aus wie die von einer alten Frau!“ Ich, milde: „Ja genau: wie meine halt auch“, und reckte die zwei Runzeln ins Gegenübergesicht. „Das könnte vielleicht einfach daran liegen, dass diese Hände grade wieder wie Hände aussehen und nicht mehr wie aufgeplatzte Weißwürste, hm?“ Das Gegenüber, die Demarkationslinie der 30er grade mal so am fernen Horizont vermutend, blickte betrübt, jedoch auch einsichtig drein. „Genau so wie Füße“, hab ich darum geholfen. „Die hab ich gestern angeschaut auf der Couch und gesagt hallo, hab ich gesagt, da seid ihr ja wieder, ihr Zehen und Sehnen!“ – „Ja genau“, hat sich das aufgehellte Frohgesicht gefreut, „und man hat nicht mehr einfach nur so einen Klumpen, wo vorne fünf Wienerle rausschauen!“ – „Pumuckl-Füße“, hab ich referiert, „ich sag immer: Pumuckl-Füße, weil der hat das auch so, völlig ohne eine Kontur und aber schön prall und patschig!“ Wir haben uns dann noch ein bisschen ausgetauscht über Melonenknie im Speziellen und Aufgedunsenheit im Allgemeinen, warum Nicht-Trinken wenig hilfreich ist, wohl aber Venen-Aktiv und Rosskastanienbalm und warum „Füße hochlegen im Büro“ hierzulande eigentlich als faule Untätigkeit so verpönt, doch aber eigentlich eine medizinische Notwendigkeit ist. Weil man muss schon sagen, bei aller Freude über Sommer und Draußen und Ole, es geht die Hitze mit einem gewissermaßen beschleunigten körperlichen Verschleiß einher, dass muss man schon auch einmal so festhalten. Große Abnutzung an sprichwörtlich allen Ecken und Enden, weswegen nicht nur der Verstand (Stichwort „Spaßverpassungsangst“), sondern auch der Leib sich grad erleichtert seufzend in die Sommerpause sinken lässt. (Notiz: Unterschiedliche Bedeutungen von „Sommerpause“ ergründen. Hierzu Fußballspieler befragen. Und -schauer.) Allem voran kann der Körper nämlich nun wieder aufhören, zu versuchen, eine Sukkulente zu sein. Oder ein Kamel, ich weiß es nicht. Jedenfalls irgendetwas, das mit aller Kraft jeden Tropfen Wasser speichert weil es könnte sein dass es lange keins mehr gibt und für die Notzeit muss man also ausgerüstet sein. Dass der Menschenkörper nun halt zwar über viel Fleischiges, leider aber keine Blätter verfügt und Höcker auf dem Rücken, da ist jetzt die Evolution leider nicht so schnell wie dieses „Klimawandel“, das sieht er halt nicht ein. Also wohin mit der Reserve? Genau, hinein in die Extremität, deren Name direkt dann auch noch eine ganz andere Bedeutung erfährt. Wegen „extrem“, gell, verstehter schon. Und es bringt auch noch andere praktische Aspekte mit sich, weil wenn so ein Ehering tief im Fingerballon verschwindet, dann beispielsweise messereist es dich doch gleich viel angenehmer durch so eine Sommernacht, oder wenn du sagst: Mei, die Sandalen, da hätt ich mir vielleicht eine andere Farbe gewünscht zu dem Gewand – schwupps versenken sich die Riemchen im Wolkenfuß und alle Sorgen sind gelöst. Naja. Oder man zieht halt Turnschuhe an. Da passt man jetzt auch wieder rein.

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