Heute vor genau einem Jahr hatte ich bald Geburtstag. Überraschenderweise erinnere ich mich ganz genau, was wohl daran liegt, dass damals urplötzlich aus einer großen Reise eine kleine wurde, aus einem Meer ein Fluss, aus Strandtagen Nieseltornados und aus exotischen Speisen Fischsemmel und Bier. Was vor allem aber in dieser einen Woche deutlich schrumpfte, das war der Menschenkreis, in dessen Mitte ich bis dato ordentlich gebügelt, auf Kante gefaltet und sorgfältig verstaut war. Ein bisschen wie Miniplaybackshow, nur in gruslig: Hinein in die Zauberkugel, dort drin ein bisschen Huch und Hihi und Hui, und eine Woche später hinausgespien in eine Welt, in der nicht das traditionelle Crowdsurfing anlässlich des Wunders meiner Geburt durch alle Häuser inklusive Handschlag aus dem Bürgermeisteramt, sondern eine zurückhaltende Séance im kalten Freien mit Fern-High-Five und ohne Bussibussi stattgefunden hat. Auf letzteres kann ich ganz gut verzichten, aufs Crowdsurfing gleichwohl viel weniger, sei’s nun für Geburtstag, KonzerteindererstenReihe, Theateroperlichtspielhaus oder einfach nur einmal mit einem Mordsrausch in Herz und Hirn durch die Stadt walzertangochachatwerken und in jedem Biergarten, Straßenitaliener und Pils-Eck mit so vielen Leuten wie ich gefälligst will und kenn(enlern) auf die Gemütlichkeit zu prositen, ohne vorher ein Doodle mit Zeitslots erstellt haben zu müssen, Himmelherrgottsakramentnocheinmaleins! Denn letztere Variante war eine der zahlreichen, behelfs derer Menschen in den vergangenen zwölf Monaten versucht haben, unter Einhaltung aller Ver- und Gebote aus dem pandemischen Hamsterrad auszusteigen und wenigstens einen von 365 Tagen zu besondern. Ich hatte den Zeitslot 17-17.30 für Spaziergang mit Prosecco ergattert. Darüber hinaus bin ich im vergangenen Jahr einen schönen Nachmittag auf einem Picknickdeckenflickenteppich gesessen, bei deren Abständen zueinander Aladdin feuchte Hände vor Manövrierfähigkeit bekommen hätte, habe als Tambourmajorin eine Mundharmonikaparade durch Schleichpfade in Hinterhöfe geführt, um dort abständig zu kondolieren, bin weit gereist, um in konspirativen Waldsitzungen exzessive Wanderpartys zu dritt zu feiern, durfte eine Geburstagsrallye protegieren, die den Jubilar zu zehn Singlehaushaltsstationen mit Quiz, Gesang und Grill und ebenso viel Promille (ab Station zwei!) brachte, habe Heliumluftballons zu Balkonen aufsteigen und den Einsatz von Schaufelbaggern als praktische Hebebühne prüfen lassen. Ich habe in einem schönen Holzgatter und über Zäune geschwoft, Torten in Houseparty-Apps gemalt, Videobotschaften in Spielfilmlänge (und -aufwand) versendet, Geschenke aus Autos geworfen und hinter heimlichen Hecken gedealt. Und irgendwie versucht, das Beste draus zu machen. Weil zusammen ist man weniger allein. Ich hoff, ihr habt irgendjemanden, der euch einmal drückt. Und dass ich zum Geburtstag endlich einen Bademeisterstuhl bekomm. Oder einen Zorbing Ball.
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