Herbst. Während die einen sich mit den wichtigen Themen befassen („Übergangsjacke – wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ sowie „Zeitumstellung – mit schlechter Laune mehr vom Tag“) und die anderen auch („Das perfekte Symbol unserer Zeit ist der Laubbläser. Er verlagert ein Problem von einem Ort zum anderen ohne es zu lösen, benötigt dafür wertvolle Energie und macht jede Menge Lärm.“) bin ich ein Luchs und kenne meine Christenpflicht. Will sagen: Meinen Feiertagskalender, und so weiß ich, es stehen schreckliche Tage der Entbehrung bevor, als allererstes: Halloween, von dem ich mich bislang überraschend wenig belästigt fühle, aber gut, kannst du sagen: Wie reizvoll kann Verkleidung sein nach einer Zeit, in der jeder dritte Spaßfritze dir beim sonntagmorgendlichen Bäckereibesuch mit einer lustigen Jokermaske entgegengegrient hat? Außerdem eh problematische Veranstaltung, weil ich weiß nicht wie lustig soll sowas sein, wenn du als ein Meter hoher Kürbis verkleidet an einer Haustür klingelst und dann macht so eine Korrektheitsperson in grusligem Schurwolle-Onesie dir die Tür auf und findet dich süß und aber dann anstatt Schokoladegummibärln reicht sie dir ein fair produziertes Olivenbaumholztablett mit handgedrechselten Dattelpralinen weil weniger Zucker und so gesund und du greifst an der ersten Tür noch gierig, später dann artig und noch später sehr verzweifelt zu, weil was willst du machen? Als du dich für einen Auftritt als der Spezialgefährliche Horrorkürbis „Curby“ entschlossen hast, hat dir keiner gesagt, dass du dich noch nach Saurem sehnen statt Cola haben wirst, dass du nicht etwa einen Mordsanschiss bekommst wegen der Mordssauerei beim Eierwurf, sondern einen Debattenbeitrag auf Augenhöhe über erstens Verschwendung vom Lebensmittel im Allgemeinen und Verzicht aufs Tierische im Speziellen, und während du verzweifelt überlegst ob du nicht wenigstens aus dem Eiersatzpulver und der Hafermilch, die du zum Herunterwürgen der 17. Dattelpraline bekommen hast, einen spezialgrausigen Tapetenkleister anrühren könntest, verlangt der Mensch nach der Nummer deiner Eltern, um sie einer Befragung zu unterziehen, bei der der Großinquisitor noch was hätt lernen können, zwar nämlich wieso sie ihrem Kind Klopapier statt auswaschbarer Jutelappen mitgeben haben können, um gleich danach versöhnlich neben dir zu Boden zu sinken und mit salbungsvoller Stimme zu erklären, dass man sich eh auch jetzt einmal müsst Gedanken machen, ob der Kürbis überhaupt wollen mögen tät, dass er als Gruselding missbraucht statt im natürlichen Umfeld belassen und höchstens später dann in den natürlichen Schoß der Großen Mutter aufgenommen wird. Überall durch die Straßen der Stadt ziehen kleine weinende Kürbisse, gelegentlich schnäuzt eins Dattel aus der Nase. So traurig. Bleibt lieber daheim, da ist es … Ja zefix, jetzt weiß ich wieder, worüber ich eigentlich schreiben wollt. Heizen! Bzw. das Unterlassen desselben. Naja, nächste Woche. Jetzt erstmal: Trick or Heat!
Freitag, 29. Oktober 2021
Freitag, 22. Oktober 2021
Pech im Spiel
Wo wir grad so schön von Omas plaudern und der Weisheit: Ich hab ja da noch mehr auf Lager. Zum Beispiel „Pech im Spiel, Glück in der Liebe“, und da sag ich heute nur zu gern: Soll mir recht sein. Neulich Post. Brief raus, wurschtel wurschtel, Treppe hoch, Brief hingeschmissen, Schlaganfall. „Deutsche Fernsehlotterie“ hat sich plötzlich ins Sichtfensterl vom Briefumschlag geschüttelt gehabt, und da hab ich mich lieber erst einmal hingesetzt anstatt alles sofort aufzureißen. Jetzt war’s also soweit. Der eine, der große, der Millionen Euro Gewinn, auf den man so lang gehofft hat. Der alles wieder wettmacht, ein Leben voller Enttäuschung zurück ins Gleichgewicht bringt. Der dir im Lotto mal zwei Euro eingebracht hat oder sieben. Der anderen eBikes schenkt und Alpenreisen und einen Frisörbesuch, dir selbst aber nur mal ein greißliches Tablett bei der AWO-Tombola, einen ekellila Affen bei der von der Kirche. Der uns zwingt, zwei Lose zu kaufen an der Tanke. Dann einmal Niete und einmal zweite Chance, dann zwei Euro Gewinn, dann nochmal ein Los für zwei Euro bitte, dann Übermut und „geben Sie mir doch noch ein zweites für zwei Euro“, dann einmal zweite Chance und ein Euro Gewinn, dann „Noch ein Los bitte und … ähm nee lieber nicht“, dann Niete und aber überbordende Erleichterung weil einen Euro gewonnen, dann sofort Eisdielenbesuch und Schoko für einen Euro plus weitere vier Euro fuffzich weil „bitte mit Sahne“ weil heut ja so ein Glückstag ist. So. So sieht also mein Glück aus, und während ich auf meinem Schemerl gehockt bin und in mein Chi geatmet hab und mir mit dem Umschlag voller Zukunft, Möglichkeiten und Altersreichtum zugefächert, hab ich überlegt: Wem ich einen Teil abgeben könnt und wem müsst, ob es dann ein Fest braucht oder lieber viele kleine Reden, wer wie viel Spende noch bekommen soll und ob ich wirklich auf dem Land wohnen will oder Stadtvilla, ob’s dann wohl noch für endlich ein Motorrad reicht sowie Bootsführerschein oder ob nicht der weise Millionär einfach alles weiter laufen lässt wie bisher, doch künftig abends leise lächelnd einschläft … Nach zwei Stunden hatte ich alles so weit durchgeplant und mich breit gefühlt zum Öffnen: Hallo neues Leben, kann losgehen! „Sie haben gewonnen!“ stand da auf gefaltetem Zitterpapier. Und „Bitte reichen Sie den […] Verrechnungsscheck […] ein.“ Der ist mir dann rausgefallen. Eingelöst hab ich ihn immer noch nicht. Muss erst neu überlegen, was ich mir davon kauf. Mal extra Käse auf der Margherita gönnen oder eine Kiste Oettinger? Am besten einfach Lose: Fünf Stück zu zwei Euro, bitte. Hey Oma, schau bloß, dass du recht behältst! Wenn noch jemand Liebe loswerden will: Hier bitte, nehm ich!
Kombidiät
„Viel hilft viel“, hat die Oma immer gesagt. Eine Spitzenregel, der zwar nachdrücklich Folge zu leisten war bei der Verabreichung des Hildegard-von-Bingen’schen Wundermittels „Schwedenbitter“ (man lege bekannte sowie vermeintliche Heil- und Gartenkräuter in großen Gefäßen über mehrere Monate in Alkohol, destilliere daraus in der naturköstlichen Alchemistenküche eine Zauberessenz zur sowohl äußerlichen als auch innerlichen Anwendung kurativ wie präventiv, Widerstand zwecklos), merkwürdigerweise nicht aber bei Schlagsahne, Knödeln oder Nussecken, wie mir grade auffällt. Naja, jedenfalls: Spitzenregel, an die ich mich zu halten pflege. Geht auch ganz leicht. Viel Schlaf hilft gut gegen Müdigkeit, alternativ viel Concealer gegen Augenringe. Viel Essigreiniger ist gut für Grünspan und gegen Emaillebeschichtung, viel Wollstrick gut für viele Fusseln. Viel Fahrradfahren ist gut für den Benzinverbrauch, viel Federweißer gut für die Verdauung. Viel Ibu hilft bei Kopfschmerz auch, viel Impfung hilft beim Busseln. Und was sich reimt, ist immer gut. Jedenfalls „wenn viel viel hilft“, hab ich am Telefon salbadert, „dann ist es doch großer Unsinn, nur so ein bisschen Diät zu machen anstatt gleich richtig viel davon“, und meine Überlegungen weiter ausgeführt: Wohin du schaust, hab ich befunden, da gibt es ja die verschiedensten seriösen Angebote grad so im Frauenzeitschriftensegment, also ganz tolle Ideen! Apfeldiät oder eine mit Müsli, Kürbisdiät oder eine mit eher käsigen Aspekten, dann auch mal was mit Reis und Quark, sogar eine mit Kuchen, das ist doch eine feine Angelegenheit. Aber ich denke, es ist nicht zielführend, sich für nur eine Variante zu entscheiden, wo wir doch wissen, dass viel immer schon viel hilft, also ist doch logisch was zu tun ist: viel diäten! Wenn ich also die Kuchendiät mit der Risottodiät kombiniere und dann noch ein bisschen was von der Grillfleisch- und Nudeldiät dazutu, gleichzeitig aber darauf achte, dass sowohl Müsli- als auch Suppen- und Obstdiät gut in den Alltag integriert werden und ich zudem die Cheat-Days jeder Variante sorgfältig über die Woche verteile anstatt dumm auf einen Tag zu konzentrieren, dann müsste das doch spätestens alles klappen, wenn ich ja wegen der Brigittediät immer so viel koche, dass es für eine ganze Familie reichen täte, ich davon aber aufopfernd nur FDH und so, und dann, jetzt kommt der Clou, am Abend IMMER NOCH gut fünfundzwanzig WeightWatcherPunkte übrig hab, mit denen ich mir schön ein Gläschen einschenken kann oder zwei, „also dann muss das doch in ein, zwei Wochen super zu schaffen sein, oder was meinst du?“ hab ich interessiert gefragt. Und eine unbefriedigende Antwort erhalten: „Ich bin nicht sicher, ob du da nicht vielleicht was falsch verstanden hast.“ Pff. In Kanada wird grad der „Fat Bear Award“ verliehen. Wander ich halt aus.
Selfcare
Ich habe mir eure zahlreichen Einwände, Wortmeldungen und wohlmeinenden Ratschläge zu Herzen genommen und mich zwar erst nur widerwillig, aber dann doch folgsam nicht weiter mit dem Übergewicht beschäftigt. Wohl aber mit der Bekämpfung desselben, schließlich ist in nichtmal acht Wochen schon mittendrin in der Vorweihnachtszeit, wo man bekanntlich sich a) unablässig im kleinen Schwarzen mit silbernen Flügelchen hintendran und so kecken Drahtheiligenscheinen unter irgendwelchen Lamettabäumen räkelt und keira-knightley-mäßig lasziv schaut anstatt was anständiges gelernt zu haben (vgl. Dessouswerbung, die) und b) sich hauptberuflich von Bratwurstsemmeln, Selbstgebackenem sowie Feierabendglühwein ernährt – eine Kombination, die einer gewissen metabolischen Vorbereitung bedarf. Ich als Frau der Tat bin also sogleich zu selbiger geschritten und habe mir eine neue Sportmatte gekauft für den wahnsinnig vielen Zuhausesport, den wir jetzt alle dauernd wieder machen, diese daheim aufs Kanapee und mich selbst noch oben daraufgelegt und über eine Strategie gebrainstormt. „Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten“, hat mein alter Philosophenspezl und Kriegsführungsspezialist Sunzi gesagt, und der muss es wissen, schließlich hat er sich mit der Methode sehr erfolgreich durchs 6. Jhdt. v. Chr. schlawienert. „A propos Wienerl!“ hab ich mir gedacht und mich mit kleinem Schwungholen seitlich von der Chaiselongue fallen lassen, um von dort aus einmal quer durchs Wohnzimmer pfeilgrad hinüber in die Küche zu rollen und hier mit einem zärtlichen Rumms vor dem Kühlschrank zum Stillstand zu kommen, wohinaus ich mir den Feind geangelt und zwengs des besseren Kennenlernens vorgeknöpft habe. Namentlich eine vorzügliche luftgetrocknete Mailänder Salami mit Knoblauch und Pfeffer, weiters zwingend frisch zu verzehrende Mitbringsel wie handgedrechselte Burrata (nur echt mit Butter und Sahne!), alpenmilchfrische Bockshornkleespezialitäten samt nicht mehr taufrischem, aber noch gut bekömmlichem Panino flankiert von einer winzigen, parmesanenen Kleinigkeit Melanzane, auf die zum krönenden Abschluss ein hauchdünner Ranken köstlichster Salame al Cioccolato folgte sowie ein vielleicht nicht direkt nur dreisterneküchegroßes Häuflein Torta di Ricotta al Limone. Alles in allem habe ich mich dabei nicht nur sehr pudelwohl, sondern nachgerade im besten Sinne biblisch erleuchtet gefühlt: „Liebe deine Feinde!“, heißt es im Buch der Bücher (Matthäus 5,38‒48), das auch direkt die Lösung für möglicherweise auf die Liebe folgende Selbstzweifel nachreicht: „Und tu Gutes denen, die dich hassen!“ Selfcare is the Zauberwort! Das kleine Schwarze gibt’s in größer schließlich auch. Amen.
Diavortrag
So meine Süßen, ihr könnt aufhören, in Papiertüten zu atmen und abends Stoßgebete zu dichten: Es hat alles nichts geholfen, ich bin wieder da, schubidu und ätschebätsch! Mit mir freundlicherweise zurück nach Hause gekommen sind: Ein Zeckenbiss, ein Mordstrumm blauer Fleck auf Kniescheibenhöhe aufgrund einer wahrscheinlich spontan, mindestens aber heimlich angebrachten Anhängerkupplung. Weiters zahlreiche Erfahrungen, Abenteuer und Eindrücke, mit denen ich euch hier selbstverständlich nicht belästigen möchte, für alle Interessierten aber eine kleine thematische Diavortragsreihe in Arbeit habe. Staffel 1 bzw. das Prequel „Wie wir uns richtig vorbereiten“ kennen viele von euch ja schon, ich empfehle die Nachlese bzw. gleich die Anmeldung für Staffel 2 „Slowenien – warum ich vielleicht doch kein echter Outdoorfreak bin oder: Strudel, Blejska kremšnita, Almkäse & Co. – ausgewogene Ernährung neu gedacht“, Staffel 3 „Venedig for Beginners: Öffentliche Toiletten & Geschicktes Taktieren (Director’s Cut), von Permanent Make Up bis Wechselshirt: Dressed to Kill für Hochkultortour sowie: Ist Hersbruck die bessere Citta Slow?“, Staffel 4 „Logo am Lago: Warum es ok ist, ein Tourist zu sein oder: Vollentspannung im Schnelldurchgang und Area Servizio Lazise Est – Dank Latinum durch die Welt“. Ob es das Sequel von „Urlaub mit den Eltern“ geben wird, ist aktuell noch fraglich, für den Sonderbeitrag „Heimreise leicht gemacht: Besser ankommen mit Zen-Buddhismus“ muss ich erst noch mit meinem Therapeuten Rücksprache halten. Darüber hinaus mit mir in die schönste Noris der Welt, die mich mit Lebkuchengeruch, querstehenden Umtretrollern sowie einem vom Balkon aufs Trottoir schnäuzenden Nachbarn liebevoll empfangen hat, gereist sind selbstverständlich zahlreiche Mitbringsel oder Suffeniers, wie der Voyageur du Monde zu sagen pflegt, und damit meine ich selbstverständlich nicht nur Alkoholika, Pasta sowie weitere landestypische Spezialitäten, die man ganz vorzüglich auch daheim im italienischen Supermarkt um die Ecke zum Einkaufspreis erwerben doch dann nurmehr schlechten Gewissens sagen kann, man habe den Zurückgebliebenen etwas feines mitgebracht, während man verstohlen-demonstrativ („Ach, immer dieser lästige Muschelstaub!“) den Dreck vom Souvenir wischt. So. Ich muss jetzt aufräumen. Äußerlich, sprich: den Saustall, der mich umgibt. Sowie innerlich auch. Habe mich bereits für Selbsthilfekurse angemeldet: „Lecker kochen ohne Pasta“ sowie „Ein Leben mit Salat ist möglich“. Vielleicht unterhalten wir uns entgegen meiner Ankündigung doch demnächst mal über Übergewicht. Vielleicht aber auch nicht. Ciao!
Dienstag, 5. Oktober 2021
Urlaubsleiden der jungen W.
Ich bin gerade an einem Ort, an dem vor ungefähr 25 Jahren ein junges Mädchen außerordentlich litt und damit Geschichte schrieb, wie das eben so ist bei jungen Mädchen, mit denen das Schicksal Boule spielt (vgl. Cleopatra, Jeanne d’Arc, Sigena). Dieses junge Mädchen trug bei 40 Grad im Schatten vorzugsweise Jeans, Kapuzenpulli und Springerstiefel ausnahmslos in Schwarz, um vom schweren Los (des eigenen Selbst sowie der Welt im Allgemeinen) Kunde zu tun und sich außerdem größtmöglich optisch abzusetzen von den Begleitpersonen, die das Mädchen zuvor gefesselt, entführt und über stundenlange Folterfahrten mit dem Auto in ein fremdes Land verschleppt hatten. Die Begleitpersonen nannten das Ferien, was nicht sein konnte, weil „Ferien“ bedeutete, dass ALLE Freundinnen (zwei) an magische Orte namens „Florida“ oder „Robinson Club“ fuhren, wohin sie ein futuristisches und teures Beförderungsmittel namens „Flugzeug“ gebracht hatte. Die Begleitpersonen trugen Kleidung, die „bunt“ und „funktionell“ hieß, kleine, peinliche Beutel mit Wertsachen (die Taschendiebe!) unter dem Bauch oder auch gern einmal darüber, außerdem die hässlichsten, aber doch so komfortablen und irre gesunden Schuhe, weil die „so bequem“ sind und zudem „toll fürs Fußklima“ und darüber hinaus Fotoapparate verschiedenen Formats um den Hals, die sie alle drei Meter zum Stehenbleiben, entzückt aufschreien und Bilder schießen zwang von irgendeiner Mauer oder wahrscheinlich Brücke, von der es 1. 400, 2. damit weit weniger als im fernen Hamburg und 3. gleich nebenan bereits außerordentlich gut abgelichtete Postkarten gab. Nicht gegeben hat es von den omnipräsenten Köstlichkeiten, weil „die spinnerten Preise“, dafür mitgebrachtes und in der Tasche fein überbackenes Käsebrot und Apfelschnitz sowie sparbewusst Wasser aus Brunnen in eigene Flaschen, die klein waren und stanken und deren Deckel man abends auskochen musste. Die Begleitpersonen zwangen das Mädchen zum zeitigen Aufbruch („Es ist elf Uhr!!“) ungeachtet des Umstandes, dass es am Vorabend spät weil ein neuer tränenreicher Leidensbrief an die Heimat geschrieben worden war. Alles in allem: wirklich dramatisch, und ich erzähle diese Geschichte mit einem Auge, das so feucht ist wie mein frisches Haar. Jetzt muss ich los. Es ist 7 Uhr 41. Um 9 Uhr fährt das Schiff, ungeachtet des Umstandes, dass es gestern versehentlich viel Weißwein gab. Das Käsebrot ist geschmiert (diese Preise!), die Wasserflasche ausgespült, die Birkis glänzen golden in der Morgensonne, der sehr praktische Beutel für die Wertsachen hängt gleich um meine Schulter neben dem Fotoapparat, mit dem ich gleich sehr viele Fotos von Dingen machen werde, die millionenfach auf Postkarten gedruckt sind. Ich trage schwarz wegen cool – und freu mich wie Bella! Nee: Bolle!
Freitag, 1. Oktober 2021
Diavortrag
So meine Süßen, ihr könnt aufhören, in Papiertüten zu atmen und abends Stoßgebete zu dichten: Es hat alles nichts geholfen, ich bin wieder da, schubidu und ätschebätsch! Mit mir freundlicherweise zurück nach Hause gekommen sind: Ein Zeckenbiss, ein Mordstrumm blauer Fleck auf Kniescheibenhöhe aufgrund einer wahrscheinlich spontan, mindestens aber heimlich angebrachten Anhängerkupplung. Weiters zahlreiche Erfahrungen, Abenteuer und Eindrücke, mit denen ich euch hier selbstverständlich nicht belästigen möchte, für alle Interessierten aber eine kleine thematische Diavortragsreihe in Arbeit habe. Staffel 1 bzw. das Prequel „Wie wir uns richtig vorbereiten“ kennen viele von euch ja schon, ich empfehle die Nachlese bzw. gleich die Anmeldung für Staffel 2 „Slowenien – warum ich vielleicht doch kein echter Outdoorfreak bin oder: Strudel, Blejska kremšnita, Almkäse & Co. – ausgewogene Ernährung neu gedacht“, Staffel 3 „Venedig for Beginners: Öffentliche Toiletten & Geschicktes Taktieren (Director’s Cut), von Permanent Make Up bis Wechselshirt: Dressed to Kill für Hochkultortour sowie: Ist Hersbruck die bessere Citta Slow?“, Staffel 4 „Logo am Lago: Warum es ok ist, ein Tourist zu sein oder: Vollentspannung im Schnelldurchgang und Area Servizio Lazise Est – Dank Latinum durch die Welt“. Ob es das Sequel von „Urlaub mit den Eltern“ geben wird, ist aktuell noch fraglich, für den Sonderbeitrag „Heimreise leicht gemacht: Besser ankommen mit Zen-Buddhismus“ muss ich erst noch mit meinem Therapeuten Rücksprache halten. Darüber hinaus mit mir in die schönste Noris der Welt, die mich mit Lebkuchengeruch, querstehenden Umtretrollern sowie einem vom Balkon aufs Trottoir schnäuzenden Nachbarn liebevoll empfangen hat, gereist sind selbstverständlich zahlreiche Mitbringsel oder Suffeniers, wie der Voyageur du Monde zu sagen pflegt, und damit meine ich selbstverständlich nicht nur Alkoholika, Pasta sowie weitere landestypische Spezialitäten, die man ganz vorzüglich auch daheim im italienischen Supermarkt um die Ecke zum Einkaufspreis erwerben doch dann nurmehr schlechten Gewissens sagen kann, man habe den Zurückgebliebenen etwas feines mitgebracht, während man verstohlen-demonstrativ („Ach, immer dieser lästige Muschelstaub!“) den Dreck vom Souvenir wischt. So. Ich muss jetzt aufräumen. Äußerlich, sprich: den Saustall, der mich umgibt. Sowie innerlich auch. Habe mich bereits für Selbsthilfekurse angemeldet: „Lecker kochen ohne Pasta“ sowie „Ein Leben mit Salat ist möglich“. Vielleicht unterhalten wir uns entgegen meiner Ankündigung doch demnächst mal über Übergewicht. Vielleicht aber auch nicht. Ciao!