Letzte Woche war ich auf dem Nordpol. Na gut, vielleicht auch nur im Fichtelgebirge, aber wer da im Winter schon mal war, der weiß, warum Einheimische und Zugeraste liebevoll von „bayrisch Sibirien“ sprechen. Im Sommer übrigens auch. Jedenfalls ganz oben am Nordpol, auch bekannt als „Schneeberg“, da hab ich 1. gedacht, so eine echte Polarexpedition, die muss ich vielleicht nicht unbedingt haben im Leben, da langt’s mir hier auch schon. Und 2., dass das aktuelle Gejammer vom „immerdieserwind“ schon recht auf hohem Niveau ist, und mich dabei mit allen Vieren um ein Stangerl gewickelt, derweil der Polarwind versucht hat, mich bis auf die Unterhose zu entkleiden. Ich als alter Buddhist finde, selbst die greislichste Böe hat was Gutes, und weil’s wohl noch ein paar Tage weiterstürmt, möchte ich euch gern teilhaben lassen an meinen Lehren. 1) Hausputz. Öffne alle Fenster. Das lüftet nicht nur formidabel, sondern kehrt auch noch die letzte Staubmaus unterm Kanapee hervor. Du brauchst derweil nur im Ohrensessel warten und am End bequem allen Unrat aufsammeln. Genieße den reinigenden Effekt: Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird vom dank geschickter Lüfttechnik erzeugten Tornado erfasst und von dannen getragen. Bügelwäsche, Steuererklärung, Hausaufgaben, Biomüll und vielleicht sogar der Ehegatte segeln aus dem Fenster – höhere Naturgewalt, was willst du machen? 2) Style. Vergiss teure Frisörprodukte und stundenlanges Styling mit Lockenstab und Glätteisen: Modebewusste tragen heute out-of-wet! Verlasse das Haus unbedingt mit nassen Haaren – der Eiswind wird’s schon richten! Steil nach hinten oder seitlich keck, Leningrad-Cowboy-stirngerichtet oder die Bonnie-Tyler-Reminiszenz – nichts ist unmöglich. Fortgeschrittene wagen täglich Abwechslung und verlassen mal seitlich, mal rückwärts das Haus. Ganz Verwegene probieren das Umstyling in der Mittagspause und sonnen sich in der Bewunderung des Kollegiums. Achtung: Zu viel Sonne bedroht die Frisur! Schnell den Kopf aus dem Fenster halten und alles wieder richten. Notfalls Autofahrer auf der Straßen bedrohen und zum Mitfahrenlassen bei geöffnetem Fenster zwingen. 3) Sport. Schon Thomas D sang: „Und wir fahrn auch über Wasser wenn dort Brücken sind/ Hey, der Typ hat ne Meise aber Rückenwind!“ Köpfchen unters Wasser, Schwänzchen in die Böe – und immer auf den Horizont zu. Wie Nemo im Australischen Strom lässt du dich im sportiven Gewand treiben, leicht wie eine Feder, fit wie ein Turnschuh, schnell wie der Blitz. Der Schrittzähler sirrt, die Fitnessapp jubiliert. Nie war Bewegung schöner! Doch merke: Es droht ein Rückweg. Im Optimalfall navigierst du dich durch geschickte Lenkmanöver im Windkanal zum U-Bahnschacht um dich dort seitlich hineinfallen und nach Hause chauffieren zu lassen. Alternativ gegen den Wind stemmen und hoffen. Oder Theodor Sturm lesen. Nee: Storm!
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