Hello from ze Urli! Ich sitze hier und denke angestrengt
nach, der Kopf tut schon ein bisschen weh, und nein, das hat gewiss nichts mit
einem Wein zu tun oder Spumante. Vermutlich auch nicht dem Aus- und Anblick,
dessen ich einfach nicht überdrüssig werde, so sehr ich es auch versuche.
Drohen mir die Augen zu schmerzen vom Blick auf Lago, Berge und feine Wolken,
drehe ich mich geschwind herum und blicke auf eine pompöse Steilwand nebst
moosbewachsenem Sträßchen durch Haine, die sich nicht entscheiden können, ob
sie Olivenbäume, Weinreben oder doch nur Maronen und Pfirsiche hervorbringen
sollen. Irgendwo hinter dem Massiv singt eine Kirchturmglocke ihr bezauberndes
12-Uhr-Lied, unter mir wirbeln Töpfe den betörenden Duft von Mittagsknoblauch
herauf, unddddd ctu93ß4#1qld HUCH! Diese Babykatze, der kleine Tollpatsch …
Pardon. So sinne ich also einem Wort hinterher, nämlich ob eigentlich das
Gegenteil von Aktivurlaub der Inaktivurlaub ist oder wie man das sonst nennt,
und wie mit der Suche nach dem Wort bin ich auch mit der Un- bzw. Tätigkeit an
sich überfordert. Aktivurlaub easy: Im Morgengrauen aufstehen, in Wanderhose
und Funktionsshirt gehaltvolles Frühstück reinwerken, um spätestens 10 Uhr am
Berg aufschlagen, weil Strecke sowohl unwegsam als auch unbekannt, 9km bis zur
ersten Einkehr, 17km zurück und zwar zackig, weil das Wetter am Berg und so,
man kennt das. Schlammverschmiert irgendwo einkehren, schnelle Speisung unter
Gleichgesinnten. Um 21 Uhr im Bett liegen und das spät nach Haus kommende
Partyvolk verachten, diese faulen Lumpen. Koma, aufwachen same procedure. Das
kann ich. Jetzt also Inaktivurlaub, zu dem ich mich selbst verdonnert habe –
und große Ratlosigkeit seit einer Woche, beginnend mit der morgendlichen
Klamottenwahl. Wenn ich nachher vielleicht mit einem Gondelchen vielleicht
einen Berg hinauffahre, um dort vielleicht ein bisschen zu spazieren und zu
laufen, im Anschluss vielleicht noch durch ein Städtchen schlendere und
irgendwo ein Abendessen einzunehmen in Erwägung zöge, dann kann ich doch nur
drei Wechseloutfits mit mir herumschleppen oder den ganzen Tag falsch gekleidet
sein?! Und entweder im wehenden Boho-Chique oben auf dem Berg als übler
Dilettant auftreten, der nur des Fotos und Crémants wegen mit der Seilbahn
raufgefahren ist statt aus eigener Kraft sich fluchend hochzuschleppen, dafür
später passend für Lido und Piazza. Oder oben verschwörerisch zwinkernd in
Steigeisen, Kletterhelm und Seilschaft den anderen Aktivlingen Fitness, Aktion,
Schweiß und Blut vorzugaukeln (hoffentlich sieht mich keiner beim Verlassen der
Gondel!), dafür später am Lido riskieren, dass sich der Boho-Chique beim
Aperitivo naserümpfend von mir wegdreht und das Spumanteglas zuhält aus Sorge,
ich könnt versehentlich hineinschweißeln … Nein, man hat’s nicht leicht.
Hoffentlich kann ich bald wieder nach Hause.