Freitag, 13. September 2024

Hühnersuppe und Föhn

 

„So hatte ich das mit dem ‚frei atmen können‘ eigentlich gar nicht gemeint“, hab ich gestern Abend geschimpft, und ich fürchte, es hat eher geklungen, als würde ich aus einer Gießkanne sprechen, nämlich so: „HUM PFOH BUI HUGHOH BFAMM I PMOOB“. „Frei atmen zu können“ war mein sehnlichster Wunsch gewesen in den ganzen vergangenen Wochen, in denen wann immer ich das Gesicht zu Tür oder Fenster hinaussteckte mich der dringende Eindruck befiel, es hielte mir jemand einen heißen Föhn direkt ins Gesicht. Das mag ein nettes Gefühl sein im sagen wir mal Januar, wenn es klirrt und kaltet und Menschen nach Ägypten fahren und nach Thailand und halt überall dorthin, wo eine Wärme herrscht, nur man selbst sitzt als einziger armer Wicht daheim und friert weil keine Gelder mehr übrig sind oder keine Urlaubstage. Dann kann man den Föhn holen und sich ins Gesicht föhnen, die Augen schließen und an Ägypten denken oder an Thailand oder halt an da, wo Wärme herrscht. Urlaub des kleinen Mannes, quasi. Es war eigentlich aber sogar eher so wie bei Kaufhof oder Karstadt, vielleicht auch Hertie, ich weiß es nicht mehr, jedenfalls da, wo du eine Ladentür aufmachst und in dem Moment wirst du von einer heißen Luftfontäne gleichzeitig zu Boden und rückwärts aus dem Ladengeschäft wieder hinausgedrängt und es gelingt dir nur mit großer Kraft und sehr angehaltenem Atem, diese Wand der Willensprüfung zu durchbrechen, anstatt dass du einfach aufgibst und dich auf die Luftwelle legst und von ihr wieder dorthin tragen lässt, woher du mal gekommen bist, und dann liegst du da und denkst dir „war gar nicht so wichtig“ und transust wieder heim. Auf diese Weise habe ich den August und ein bisschen vom September verbracht: Große Pläne, ab zur Haustür, angeföhnt, kurz erstickt, schnell wieder in die Wohnung, erschöpft hinlegen. Nein richtig, ich hab in der Zeit nicht wirklich viel geschafft, eigentlich nichts außer bei jeder Gelegenheit um Atemluft zu bitten. Die hab ich jetzt. „HUM PFOH BUI HUGHOH BFAMM I PMOOB“ tönte also mein Klagen aus der Gießkanne, die in Wahrheit ein riesiges Inhalationsgerät war, in die ich meine Lungen steckte, um den bösen Geist zu vertreiben. Denn wie es sich gehört, bin ich in der Sekunde des Wetterumschwungs einer stattlichen Erkältung anheimgefallen – komisch, hat sich die Temperatur einfach halbiert. „DAS HAST DU JETZT VON DEINEM SCHEIßWUNSCH NACH SCHEIßWETTER!“ tröstet mich ein Freund, und ich kann nichts außer reuig dreinblicken mit blutunterlaufenen Basset-Augen und schuldig nicken. … HAAAAAAAAATSCHI! Oh pardon, jetzt hab ich euch auf die Zeitung genießt, das wollte ich nicht. Am besten ich geh gleich ins Bett. Einmal Hühnersuppe bitte! Und einen Föhn!

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