Seit einiger Zeit hat sich in meinem Umfeld ein Wort
etabliert, das mein Herz erwärmt: Gamechanger. Natürlich haben sich noch
weitere Wörter und Ausdrücke etabliert, die mich weit weniger froh machen.
Beispielsweise die grauenhafte Unsitte, Sätze mit „tatsächlich“ zu beginnen, so
als lebten die Sprecher in der steten Sorge, ihre Meinung, Erfahrung etc. pp.
würde sowieso angezweifelt und es sei es deswegen vonnöten, direkt von
vornherein in Verteidigungsstellung zu gehen. „Und was hast du gestern Abend
gegessen?“ – „Tatsächlich nur ein Schokomüsli.“ Oder „Was hast du am Wochenende
so vor?“ – „Tatsächlich noch nichts weiter.“ Oder „Wie fandest du den letzten
Franken-Tatort?“ – „Tatsächlich ganz gut.“ Das arme kleine Adverb weiß gar
nicht, wie ihm geschieht und ist so überfordert von der inflationären
Falschnutzung, dass es sich hilfesuchend an seinen Schicksalsgenossen
„ehrlicherweise“ wendet und um Hilfe bittet, denn diesem widerfährt ebenfalls
schon seit langem eine traurige Falschnutzung. „Ehrlicherweise finde ich dich
saudoof.“ ist einfach nicht das gleiche wie „Um ehrlich zu sein, finde ich dich
saudoof.“ Ganz anders und absolut korrekt angewendet findet sich also besagter
„Gamechanger“ in der Alltagssprache wieder, und ich begrüße ihn herzlich und
mit offenen Armen, besagt das Wort doch „eine Person, eine Sache oder ein
Ereignis, das eine grundlegende Veränderung bewirkt“, und genau so wird es auch
benutzt. Nun lang ich dieser Tage abends im Bett und war selig über meinen
neuen Gamechanger: ein dickes, herzförmiges Kissen, das man sich mit einer Art
gepolstertem Strumpfband um den Oberschenkel legen kann, um dann, wann immer im
Schlaf die Position von Rücken auf Seite gewechselt wird, ein prächtiges Kissen
zwischen den Knien klemmen zu haben anstatt die Decke dorthin zu stopfen (dann
Rücken frei, dann Rücken bedeckt, aber Füße frei … - man kennt das). Dann habe
ich überlegt, was eigentlich sonst so die Gamechanger der jüngeren
Vergangenheit waren, und nach einigem Sammeln traf mich eine Erkenntnis, die
mich seitdem vergnügt lächeln lässt: Bei allem, was mein Umfeld als
„Gamechanger“ bezeichnet, handelt es sich um eine Person, eine Sache oder ein
Ereignis, das schnurstracks den Alterungsprozess, körperlichen Verfall und die
schrittweise Akzeptanz derselben zum Thema haben. Kniekissen beispielsweise.
Aber auch die berühmten Gamechanger „Brille“ („Geil, ich brauch doch keinen
neuen Fernseher, plötzlich ist alles wieder scharf!“), „Einkaufslieferservice“
(„Ich schaff das einfach nicht mehr mit der Schlepperei in den vierten Stock
Altbau.“), „bügelloser BH“ („Kein Plan wie ihr das aushaltet mit den unbequemen
Dingern!“), „elektrische Fußwärmer“ („Keine Ahnung wie ich das früher ohne
überlebt hab.“) oder, einer meine absoluten Favoriten „Bodenkissen mit
Rückenlehne“ („Jetzt kann ich endlich wieder jugendlich am Boden sitzen, mein
Rücken macht das sonst einfach nicht mehr mit.“).