Alles klar, das ging dieses Jahr unverhofft schnell: Just am
ersten Tag, der das Attribut „frühlingshaft“ mal wirklich verdient und der
Stadt zumal an windstillen Orten ordentlich Sonnenbumms beschert hat, war ich
natürlich auch am Start. Ich hielt mein süßes kleines Stupsnäschen beherzt in
die Wärme und schwitzte in dünnem Pulli und T-Shirt, während die noch im
Schatten stehenden Füße jämmerlich froren, und ignorierte fröhlich das leise
Zupfen an meinem Hosenbein. Dieses rührte, wie mir ein kurzer Blick bei der
ersten Störung verraten hatte, von einer kleinen gelben Tube, die aus meiner
Tasche lugte und versuchte, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. „HEY DU PSCHT!“,
wisperte es unter meinem Stuhl hervor, „du musst dich einschmieren! Schmier
dich ein, du kommst in Teufels Küche! Wenigstens das Gesicht, bitte!!“ flehte
die kleine Tube und zupfte weiter. Ich knurrte zwischen zu einem angestrengten
Lächeln gepressten Zähnen zurück. „Auf gar keinen Fall fangen wir jetzt schon
an mit dem Gebatzel, vergiss es!“ und schloss die Bedenken hinterm
Reißverschluss ein. Zu spät. „Bist du nicht eingecremt?“ erkundigten sich
Freundinnen verdutzt und ich schrie. „NEIN!“ schrie ich. „Geht weg, lasst mich
in Ruhe, ich hasse das, ich will nicht, ich KANN nicht!“ und ehe ich’s mich
versah, kullerte eine kleine Träne großen Zorns mein errötendes Bäckchen hinab.
Schon immer eher der nordische Typ, verfüge ich mittlerweile über eine
alabasterweiße Haut, nach der sich der gesamte sonnenkönigliche Hofstaat einst
die Finger geleckt hätte. Um genau zu sein dürfte ich wahrscheinlich keine drei
Minuten ungeschützt in die Sonne. Aber es will mir einfach nicht in den Kopf:
Wir fliegen auf den Mars, klonen Schafe und bauen Städte ins Wasser, sind aber
nicht in der Lage, einen Sonnenschutz zu erfinden, der nicht nur haut-, sondern
auch sozial- und alltagsverträglich ist? Nix! Alles klebt und pappt, verfärbt Möbel
und Utensil und verurteilt weiße Kleidung zu einem Leben mit Speckrand und Gilb.
Die letzte (hochwertige!) Sonnencreme, die ich fürs Gesicht erworben habe, hat
statt sich gleichmäßig zu verteilen derart ausgefusselt, dass ich aussah, als
hätte ich mein Gesicht in Kokosraspeln getunkt. Kannst du freilich sagen „So
lang’s hilft?!“ aber: nein. Es ist ja auch gesellschaftlich nicht anerkannt,
sich im Sommer zwischendurch einmal in eine Staubfläche oder Schlammpfütze zu
werfen wie ein Elefant, um die zarte Haut zu schützen. Wobei, wenn’s nach mir
ginge: auch nicht schlimmer als Sonnencreme, dafür praktisch immer verfügbar
und wenigstens kein Gepappe. Wenn wir uns hierauf einigen könnten – ich wär
dabei. So aber trag ich meine gerötete Stirn stolz durch den Frühling. Na gut,
und zugegebenermaßen eventuell auch einmal kurz in eine Drogerie.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen