Es ist ein Irrglaube, zu meinen, „gute Ideen“ würde man für gewöhnlich „einfach so haben“. Denn in Wahrheit verhält es sich oft eher so, dass man gute Ideen „erleidet“. Gute Ideen stellen sich nämlich naturgemäß über kurz oder lang als völlige Schnapsidee heraus, die großes Leid nach sich zieht. Eine gute Idee hat man erlitten, wenn einem einfällt, man könnte ja mal eben, weil Wetter und überhaupt, das Schuhregal ein bisschen ausmisten. Fröhlich pfeifend macht man sich ans Werk, voller fester Entschlüsse und Tatendrang. Nach zwei Stunden legt man sich erschöpft darnieder und muss sich leider eingestehen, dass man in der vergangenen Zeit rein gar nichts ausgemistet hat, dafür aber alle 120 Paare nach Formen und in sich nach Farben sortiert und die rechte Hand bereits über der PC-Maus schwebend im Begriff ist, die Lücken in der Farbpalette durch die ein oder andere, rasch getätigte Bestellung zu verfüllen – rein zwengs der Ästhetik, versteht sich.
Eine gute Idee erleidet man auch dann, wenn einen – also, mich zumindest – alljährlich der Plätzchenwahn befällt. Weil es ist ja so schön und der Zuckowski-Chor schalmeit die „Weihnachtsbäckerei“ und freuen tut sich doch auch ein jeder, dem man hernach so ein Packerl überreicht, wache ich eines Morgens auf und weiß: Heut ist’s soweit. Ohne bestehende Vorräte, dafür aber zig Rezepte zu checken, werden Mengenangaben aus Verhungerungsangst prinzipiell mindestens verdoppelt, Zutaten sackweise angekarrt und flugs losgelegt. Spätestens, wenn ich merke, dass so ein Handrührgerät halt einfach nicht gemacht ist für drei Kilo Mürbteig, läuten die ersten Glocken, und zwar gar nicht weihnachtlich. Die fünf wassermelonengroßen Teigbatzen auf dem Tisch drapieren, geschwind ins Bett gehen und die Restarbeit die Heinzelmännchen verrichten lassen, hat sich in der Vergangenheit als nur theoretisch dankbare Lösung herausgestellt.
Es folgt also eine mühselige, schweißtreibende Ewigkeit des Ausstechens und Formens, der bis zum Ellbogen hinauf teigverklebten Katastrophen, der Tränen über Bruchwerk und überhaupt ist alles ganz und gar bescheuert, Lebkuchen, wer macht das schon noch selbst, zumal in Nürnberg, denk ich, während der süße Leim vom Löffel neben die Oblate statt darauf batzt, und Butterplätzchen zu verzieren sollte man nun wirklich den Pädagogen dieser Welt überlassen, die bekommen das wenigstens bezahlt, und überhaupt, danken wird’s hinterher sowieso kein Mensch, und nächstes Jahr, also wirklich, nächstes Jahr, da gibt’s Plätzchen vom Feinkost Albrecht oder gar nicht, ist eh besser für die Linie. Nach 17 Stunden Leben im Teig, die Nase bis zum Anschlag voller Vanillepuderstaub, ersten Anzeichen von Karpaltunnelsyndrom und einem Bauchmuskelkater wie nach drei Stunden mit dem Abslider ist es dann zu Ende erlitten, das Leid. Und ein großes Zufriedenheitsgefühl stellt sich ein angesichts all der prall gefüllten Keksdosen.
Derart beschwingt tanzt es sich doch gleich viel besser hinein ins Nachtleben, wo man dann allen gleich erzählen kann von der guten Tat. Am besten bei „Zucker“ im 360° (Adlerstraße) für die jungen oder „Querbeat“ in der KKK (Königstraße) für die alten Back-Hasen. Nebenan im Nano: „Pon di Attack“, eins weiter „Buckshot – das große Wunschkonzert“ im Stereo (Klaragasse), nochmal um die Ecke „Ensemble“ in der Mitte und einen großen Schritt südwärts „Pull the Trigger“ im Hirsch (Vogelweiherstraße). Die alten Hasen sollten sich nicht zu sehr verausgaben, haben nämlich am Samstag ausnahmsweise mal die Qual der Wahl: das Ballhaus (Klingenhofstraße) eröffnen, zu den „Disco Classics“ ins Terminal (Flughafenstraße) fahren oder zur „Retro Party“ ins Parks (Stadtpark)? Die jungen haben’s leichter: Abgesehen von der „Panda Party“ im Zentralcafé (Königstraße) und „7 Jahre Disko2000“ im Stereo ist alles wie gehabt. Wer die gute Idee erleidet, alles abzugrasen: Schönen dritten Advent!
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