Wort der Woche: Geschenk. An dieser Stelle sollte ich eigentlich aufhören und den restlichen Platz für wahlweise Einkaufslisten oder Flüche zur Verfügung stellen. „Geschenk“, das bedeutet sprachhistorisch die „freiwillige Übertragung des Eigentums, zum Beispiel einer Sache oder einem Recht an einen anderen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen.“ In dieser Definition haben sich listig Fallen versteckt. Und zwar so ungefähr in jedem zweiten Wort. Wie man’s dreht und wendet, befinden sich die meisten von uns mutmaßlich derzeit in einer akuten Stresssituation. Weil man halt doch nicht so gut zugehört hat, was der Herzenswunsch der Liebsten war, und dieser elende Zettel mit den Notizen, wo hab ich denn den nur … ? Panisch werden also Dinge auf Verdacht erworben, die später beim Markt der langen G’sichter wieder auftauchen oder diesem Ebay, Ehen zerbrechen, Kinder geben sich zur Adoption frei, Eltern leiten die Enterbung ein.
Als probates Lösungsmittel gilt der Gutschein, und da kann ich nur sagen: jawoll! Es geht doch nichts über ein liebevoll gerolltes Zettelchen vom Elektronikmarkt des Vetrauens, eine mit Instantglitzer versehene Aussicht auf Wellnessbehandlungen jedweder Art oder das heilige Versprechen auf die Durchführung des lang gehegten Wunschausfluges. Dass die meisten dieser Blanko-Schecks erst Jahre später wieder auftauchen und dann ideel oder monetär verfallen sind – sei’s drum. Was zählt, ist die Geste! Das denken sich wohl auch alle eigentlich postadoleszenten Personen, die finden: Ich bastle was! Das hat im Kindergarten auch immer gut funktioniert! Meine Lieblingsgeschichte dazu geht so: Freundin findet in einschlägigem Jungfrauen-Magazin superdupersimple Anleitung für „Schneekugeln – eine süße Idee für Weihnachten“.
Adrett hinter Glas positionierte Minifiguren zeigen Idyll und Seligkeit, zumindest auf dem Foto, nebst der investierten Zeit war viel Liebe in Rund und Glitter, und darum geht’s doch. Weisungsgemäß wurde jedoch erstmal sehr viel Geld hineingetan, weil das Liliput, das kostet halt, aber was tut man nicht alles, um die buckliebe Verwandtschaft zu Tränen zu rühren. Tränen vergoss am Ende vor allem ich. Vor Lachen. Nämlich, als mir mit unverhohlenem Stolz mehrere Glasgefäße präsentiert wurden, in denen samt schlammig-trüber Flüssigkeit ersoffene Minitiere traurig treibend durch die Scheibe glotzten. Das sei, so ähnlich sprach ich huldvoll, das schönste Selbstgebastelte, das ich, ach was!, die ganze Menschheit jemals gesehen hatte! Das ist jetzt locker zehn Jahre her, und trotz eines gewissen Krisencharakters hat uns die Episode nicht entzweit, ganz im Gegenteil. Und darum geht’s doch! Weltfrieden!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen