Freitag, 19. Dezember 2014

Gute-Laune-Feen

Ich bin ja, man darf es ruhig so sagen, von Haus aus ein eher übellauniger Mensch. Nebst verschiedenster Szenarien des Alltags, in denen dieser Charakterzug nach außen drängt, tut er das insbesondere, sobald ich mich umgeben sehe von einschlägigen Anthropomorphen, die zuweilen den Weg zu kreuzen sich tunlichst nicht vermeiden lässt. Und je dichter bewandert der öffentliche Raum, umso größer die Gefahr eines Aufeinandertreffens. Gemeint sind all die Gute-Laune-Feen, die dieser Tage unsere schöne Stadt – und mutmaßlich auch sehr viele, wenn nicht gar: alle anderen – geballtermaßen heimsuchen. Gute-Laune-Feen zeichnen sich, wie soll es anders sein, durch ein sprühend‘ Maß an strahlender Freundlichkeit aus, durch selbstlose Hilfsbereitschaft, durch liebevolle Rücksichtname und derlei weitere Redundanzen, die unser Zusammenleben angeblich angelegentlich gestalten. Und da hat die Gute-Laune-Fee im beschaulichen Advent freilich Hochkonjunktur. Hölzern schwebt sie durch die Gegend, eifrig danach trachtend, andere Seelen mit lamettaglitzernder Glückseligkeit zu überschütten und einen Moment innehalten zu lassen im emsigen Treiben der Vorweihnachtszeit. 

Gute-Laune-Feen können in vielerlei Gestalt auftreten, gemein ist ihnen bloß, dass demjenigen, dem sie erscheinen, ein Gefühl nachhaltiger Verwunderung beschert ist. Und da sind sie listig, diese Wesen. Formwandeln sich in süße Omis, die Krücken in Hacken schlagen, weil eine Türe ausreichend lange (nämlich 17 Minuten für drei Meter) aufzuhalten versäumt wurde. Bereiten Erlebnisse der dritten Art, indem sie – „Herr Ober, können wir Ihnen vielleicht etwas bringen?“ – Bestellaufforderungen auf kunstschneebedeckte Tischdeko erbrechen. Maßregeln Eltern, die wagen, ihren winzigen Zwergen auch mal einen kurzen Blick aufs Christkind zu ermöglichen, per Fußtritt, sie sind ja jetzt schließlich hier und älter und das Sichtfeld möge bitte kindsfrei bleiben. 

Ergehen sich in stundenlangem Gezeter, weil ein Menschlein am bekanntlich schikanefreien Weihnachtsmarkt einen Tropfen Punsch auf die gute Jacke verliert. Schütteln endlos murrend Köpfe, weil eins, das die Aufnahme in den „Mensa“-Club offenkundig eher nicht nur aus Bescheidenheit abgelehnt hat, zu lang im Portemonnaie kramt. Ellenbogend durch Busse, hupend durch Straßen, bellend durch Gruppen und so weiter und so fort ziehen die Gute-Laune-Feen ihre Kreise, versprühen Glück und Harmonie, Barmherzigkeit und Güte, und wehe dem, der ihnen unaufgefordert ein Lächeln schenkt, dann kommt sie hervor, die Feenrute, auf der steht, es reiche, wenn Nächstenliebe postuliert wird, da muss man sie ja nicht auch noch praktizieren. Macht hoch die Tür, die Tore macht weit! Gute-Laune-Feen müssen leider draußen bleiben. Fröhliche (!) Weihnachten!  

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