Neulich gab’s zu Abend Kartoffeln mit Kräuterquark. Das entsprang weder einer diätetischen noch hochkulinarischen Idee sondern einzig dem Umstand, dass ich mich zwei Wochen zuvor im Feinkost Albrecht des Sacks Kartoffeln entsonnen hatte, der da in der Kammer des Schreckens versuchte, aus seinem netzernen Gefängnis zu wachsen, um fürderhin meine ganze Wohnung in einen Kartoffelacker zu verwandeln, auf dass ich mir ein Zubrot als glockenschwingender Kartoffelbauer verdienen und aus dem Wohnzimmerfenster heraus … Naja, also jedenfalls befand sich dann der Kräuterquark daheim, und kaum waren zwei weitere Wochen vergangen, archäologisierte ich ihn auch schon aus den Untiefen des gut bestückten Kühlschranks, in dem aus meteorologischen und picknicktechnischen Gründen derzeit Wichtigeres die Oberhand hat. Prosecco, Weißwein, so Sachen.
Nachdem ich kurz mit der Egge durch die Kammer des Schreckens gejätet hatte, konnten auch schon die Kartoffeln aus dem Netz gefischt werden, die sich als renitent weil mit wurzligen Auswüchsen in stockholmsyndromatischer Manier im Geflecht festkrallend erwiesen. Nach weiteren notwendigen Handgriffen stützte ich mich körperlich ermattet und ausgelaugt auf das lukullische Mahl. Äh, stürzte. Welch Hochgenuss, freute ich mich, und tauchte Kartoffeln in Quark, arrangierte Schnittlauchschnipsel zu Mandalas auf dem Teller. Nach der dritten Gabel befiel mich ein diffuses Störgefühl, nach der fünften Genervtheit, nach der sechsten Ekel.
Memo an selbst, notierte ich: Geschmack und Attraktivität von Kartoffeln mit Kräuterquark verhalten sich direkt proportional zum Hunger. Igitt. Diese Erkenntnis von naturwissenschaftlich großer Bedeutsamkeit teilte ich alsgleich der Freundin mit. Doch anstatt mir zu applaudieren und mich für Forscherpreise vorzuschlagen, sprach sie lediglich: „Butter! Ganz wichtig: Butter!“ Irritiert frug ich zurück, ob sie das zusätzlich zum Quark meine, weil das sei ja wie ganz wichtig die Sahne auf dem leichten Obstsalat. „Nix leicht!“, erscholl die Antwort. „Die heißen Kartoffeln mit viel Butter zerdrücken, dann Vollfettquark und 50% fettigen Käse … boah … könnt ich sterben für!“ Weil ich überhaupt keinen blassen Dunst mehr habe, was ich mit dieser Episode transportieren wollte, behaupte ich einfach, dass sich zwischen den Zeilen eine irrsinnig tiefgründige Moral verbirgt, die ein jeder mit wenigen Gedankensprüngen für sich entdecke.
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