„Du Spießer!“, „Hää spinnst du?“, „Was hast du dir dabei bitte gedacht?“ und „Naja, du wirst halt auch langsam alt …“ – Sätze dieser Art bekomme ich seit ziemlich genau einer Woche mit einer relativ gesteigerten Häufigkeit zu hören. Ich lehn mich altersgemäß zurück und lächle milde und lass alles wie einen angelutschten Sahnebonbon sauber an mir abschmieren. Der Grund der bestürzten Aufregung ist weiß und rot und grün, und nein, ich mache keinen Pizza-Imbiss auf, sondern habe es gewagt, die bürgerlichste aller schrecklichen Taten zu begehen: Ich habe Geranien gepflanzt. Im schönsten Bunt verströmen die einen wunderbaren Hauch von altbaierischer Beschaulichkeit, den Hirsch kann ich quasi röhren hören, und demnächst pack ich mir noch ein paar Wackersteine auf die Markise, für wegen Flähr. Und bitte, ich hab mir keinen Vorwurf zu machen, war mein zugegebenermaßen noch recht junger Aufstieg als vielversprechende Erfolgsbalkoniere doch ein kometenhafter. Da wäre zum einen: das Tomatendesaster, wir erinnern uns. Nachdem ich den Gegenwert von circa einer Zehnjahresration bester Bio-Tomaten in stinkende Erde, gilbende Gefäße und Pools voller Wasser investieren, Babysitter bezahlen und meteorologische Studien vornehmen hab müssen, war der Ertrag dann ja nur eher so mäßig, weswegen ich gefunden hab, dass sich um Wollmäuse zu kümmern fei auch irgendwie entspannt. Die Sektion „frische Kräuter“ fiel a) einer Läuseplage b) dem zentralafrikanischen Balkonklima zum Opfer oder fühlte sich in eben diesem dermaßen wohl, dass man sagt, ja gut, also irgendwann ist die Gier nach Rosmarinkartoffel halt auch gestillt, und so spezialviele primagemischte Trendgetränke, in denen die Beigabe eines sorgsam abgerupften Kräuterzweigleins unabdinglich ist, hat’s dann wider Erwarten auch nicht gegeben. A propos Getränke: Bei der großen Gala zur Feier des Wunders meiner Geburt (Ja Mama, ich weiß, der Dank gebührt einzig dir!) hab ich groß auftrumpfen können. Naja, und für Amüsemeng sorgen vielleicht auch ein bisschen. Weil es ist so, dass mein Gefrierdings bis zum Rand voller wirklich sehr arg besonders hübscher Eiswürfel ist, in deren Mitte eine sehr arg besonders hübsche Blüte schwimmt. Das weiß nur ich, sehen kann man die nicht, weil selber Eiswürfel macht bläsriges statt klares Eis. Mit viel Sorgfalt hab ich die im letzten Jahr gebastelt aus der schönen Essbareblütenhecke, mit denen ich mir die Balkonaussicht verbaut hab. Weil man ja dauernd Gäste hat und denen dauernd eine frische Sommerbowle kredenzt. Deswegen hab ich jetzt noch genau so viel Eis übrig wie zu Beginn der Manufaktur, und deswegen hab ich die sogleich in eine Wasserkaraffe hineinpräsentiert, wegen ich habs ja. Sagen wir mal so: Eine Gurkenscheibe tut’s vielleicht künftig auch, weil die fällt eher nicht zu einem braunen Häuflein Elend zusammen, das man dann mit dem Gewürzsieb wieder rausreusen muss, sobald der Eispanzer geschmolzen ist. Deswegen jetzt: Geranien. Außerdem waren die günstig. Und jetzt möcht ich nichts mehr hören! Ach so, außer natürlich die altersgemäße Schunkelmusik aus dem Radio. Aber dazu ein andermal mehr.
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