Freitag, 29. März 2019

Hypnoseharfe

Also jetzt das mit dem Harfen-Vorfall, das war so: Du lustwandelst im Nürnbergamo. Glücksdurchflutet, denn das Wetter ist formidabel, Geburtstag eh, aus der Ferne hast du vielleicht ganz verschämt einem Weißwein zugewinkt, zudem einen Zehnmeterstreifen Ebenerdigkeit entdeckt, und der Hund, der soeben allen Besuchern und Einheimischen behilflich war, sich das Ausmaß des Defäkats einer diarrhötischen Kuh vorzustellen, und das mitten hinein am schönsten Platz der Stadt, gehört irgendwem, jedenfalls nicht dir. Hochzufrieden lustwandelst du also hinter deiner Herde her, doch plötzlich wirst du aufgehalten: Eine astrale Hand fährt dir ins Gebein, nämlichst vom Ohr von links und rechts und durch das glücksbesoffene Gehirn mittenhinein ins Herzlein, wo sie dich packt und an Ort und Stelle festpflockt. Und so reißt’s dich zurück in deinem Lauf und nicht nur stehenbleiben willst du, sondern sogleich auf die Knie sinken und weinen und dem Herrgott danken, steht doch niemand sonst als Er selbst in diesem schäbigen Mauergang, hat sich als Indi… als Angehöriger eines südamerikanischen indigenen Volksstamms manifestiert, gleichsam verwachsen mit einer portablen Miniharfe, aus der lockt er Töne von Himmel und Paradies und Liebe wie es der Seraphim nicht schöner kantatete. Die Herde ist fort, du bist allein, doch nicht einsam, sondern sanft gebettet im muttergöttlichen Schoß der Klänge … So, also jedenfalls war das dann so, dass ich kurze Zeit später aus einer, man muss es so sagen, Absence wieder aufgewacht bin, hundert Meter weiter und zehn Euro ärmer, dafür mit einer CD in der Hand, die ich erst entdeckte, als ich dorthinein den Rotz der Ergriffenheit schneuzen wollte. Behutsam hab ich mich durch den Nebel der Ereignisse, vielleicht auch des Vorabendluganas gekrault und dann erst einmal herzlich gelacht. „Eine CD“, hab ich gelacht, „das ist schon wirklich eine saugute Idee, dass wir da jetzt eine CD gekauft haben, weil“, prustend, „wo jetzt genau willst du die anhören? Dank der wohlmeinenden Beratung gewisser Personen hab ich ja noch nicht einmal weil ‚das brauchst du doch wirklich nie wieder‘ ein solches Laufwerk im Notebook …“ Daheim im Nürntal hab ich die CD zu den anderen Devotionalien legen wollen, die Auslandsaufenthalte halt so mit sich bringen: Unbedingt muss man diese Batikpluderhose / Muschelsandalen / Wollhaarschmuck / Hennagesichtstattoo zum weiteren Überleben in der Heimat erwerben. Beim ersten Ausflug auf den Hauptmarkt stellt man fest, dass bei genauerer Betrachtung eigentlich niemand dort mit Batikpluderhose, Muschelsandalen und einem kompliziert aperiodischen Hennatattoo im Gesicht herumläuft, weswegen man dann lieber geschwind nach Hause eilt und fortan empört den Ignoranten dieses Kulturgut vorzuenthalten beschließt. Jedoch: „Ich hab’s!“ frohlockte es mir entgegen: „Wir können die CD im Auto hören!“ So sei es. Freut euch auf’s Harfenkonzert und wundert euch nicht, denn es wird Liebe sein …  Mir fiel ein: Im Auto muss man ja auch ganz viele alte Kassetten hören .. Naja, zum Glück gibt’s Frankenschnellweg und die SÖR, da stau ich mich schon durch den Groove. 

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