Wie üblich zu Jahresbeginn entdecken Menschen ihre schlechten Angewohnheiten, um sie sogleich in gute Vorsätze umzuwandeln. Oft bleibt’s dabei (Stichwort: Fitnessstudio Fördermitgliedschaft), manchmal aber auch nicht, und so hab ich also nach der erfolgreichen Bezwingung des großen steinigen Weges im Wald den aus dem letzten Jahr bereits bekannten zu erklimmen begonnen: Hello Detox, my old friend, I’ve come to talk to you again. „Ja also in der Vorweihnachtszeit, da war’s bei mir ja auch ganz schlimm!“, hat die Freundin zu Protokoll gegeben und im Sinn gehabt, mich zu beschwichtigen und im Selbstzorn einzufangen. „JA LUSTIG!“, hab ich mich wieder freigestrampelt, „Vorweihnachtszeit, Vorweihnachtszeit! Die hat aber früh angefangen, die Vorweihnachtszeit bei mir! Ungefähr nämlich im … März, glaub ich!“ und ein kleines Feuerchen entzündet aus aller schöner Kleidung, in die ich mich so stolz hineindiszipliniert hatte. Ja und dann eilig wieder gelöscht weil in Bälde passt ja wieder alles, gell. Gesamtsituativ betrachtet ist’s grad auch noch gar nicht schlimm mit dem Detox: Traditionell übt sich die Peer Group im Jänner und auch Februar in Enthaltsamkeit, man gesundet vor sich hin und freut sich über ein bisschen Bewegung und viel Couch – gut, was willst du anderes machen, wenn draußen die sibirische Eispeitsche durch die Winterstraßen wedelt. Leider tut sie das grad gar nicht, eher ist so ein bisschen Straßencaféwetter, aber wenigstens zeitig dunkel wird es, das kann uns der Klimawandel bis auf Weiteres auch nicht nehmen, also hinauf aufs Kanapee in Büßerhaltung. Zumindest innerer. Die gute Laune ungebrochen, das bisschen Detox macht sich von allein, sagt mein Mann, und ich bin zuversichtlich. Ist immerhin schon Tag 2. Von 30 bis 90. Naja. Nicht so zuversichtlich ist der diesjährige Mitstreiter. „Jetzt hab ich einen Tag geschafft. Morgen darf ich wieder Gummibärchen, gell?“ sprach’s und ich hab mild gelächelt und statt der bunten Zuckerware einen hübschen grauen Naturtofu über den Tisch geschoben. „Schau, der ist nicht so süß und auch nicht ganz so bunt, aber wenn du dich ein bisschen anstrengst, dann ist das Kaugefühl ganz ähnlich!“ und überhaupt müsse der Mitstreiter erst einmal seinen Kamelhöcker abbauen. Denn in einen solchen hat er mit großem Fleiß versucht, in der letzten Woche seines Lebens alles anzureichern, was ihm beim Detoxmogeln helfen kann, hat Aufpreis zahlen müssen im Wirtshaus wegen Salzfass geleert, hat morgens Kaffee in den Zucker mit der Pipette geträufelt und dauernd aus Versehen ein Weizenbier bestellt. „Ich glaube“, hab ich klug gewusst, „das funktioniert vielleicht nicht so gut, das mit dem Kamelhöcker. Ich glaube, es wird nur die Umstellung um so schlimmer.“ Allein es hat nicht geholfen. Dafür hat der Mitstreiterkollege hilfsbereit einen Salzleckstein auf den Bürotisch gestellt. Und ich freu mich jetzt schon auf die Vorweihnachtszeit.
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