Ja, wir haben alle richtig erkannt: Es ist Sommer. Nicht nur gefühlt, sondern demnächst auch kalendarisch. Um die überbordend gute Laune direkt gleich mal wieder einzudämpfen ein kleiner Klugschiss auf die Raffaelo-Romantik: Am 21. Juni haben wir das Schlimmste überstanden, der Sonnenwende sei Dank gibt’s einmal U-Turn und pfeilgrad wieder Richtung Winter, ist das nicht schön? Falls jetzt Protestgeschrei „Sommer ist erst, wenn Menschen ihre Quadratlatschen fotografieren und ins Internet tun“ kann ich auch beruhigen: Passiert freilich längst. Weiters macht zwar eine Schwalbe noch keinen Sommer, sehr wohl aber eine Fantastilliarde Mücken, von denen wir dem Vernehmen nach voraussichtlich in den kommenden Wochen verschlungen und der Weltherrschaft enthoben werden. Nein, man hat’s nicht leicht im Sommer. Weil was die Menschheit in kollektiver, postsommaler Amnesie stets vergisst und in der Folge monatelang mit verklärtem Blick unter Ohrenwärmern und Regenschirmen herbeisehnt, trifft sie sogleich mit voller Breitseite unterm ersten sonniggoldnen Laserstrahl: In Sekundenschnelle wird aus „Mimimiwannwirdsmalwiederrichtigsommermimi?“ ein vernehmliches „SCHEIßE IST DAS HEIß!“, im Raffaelo-Szenario weitet sich der Blick zum Panorama und erspäht hinter und neben der sommerlichen Lieblichkeit, leichten Drinks und Leinen, Gesichter glänzend nur vor purer Freude, frisch onduliertes Haar weht glücklich im Wind, es duftet leicht nach Pina Colada … das wahre Antlitz als Backstage-Szenerie: Unter den wenigen Palmen kauern Menschen, eng aneinander und doch tunlichst auf Abstand bedacht – bloß keine schwitzige Haut berühren. Frisuren fallen mit einem lauten Klatsch in sich zusammen, noch ehe man das Volumenansatzspray auch nur aufgetragen hat. Hinter hübsch manikürten Zehennägeln quellen satte Wurstzehen aus Sandalenriemchen, der Sand schabt froh im Fersenriss. Glück dem, dessen Unterarm nach dem Gruße weiterwinken und sich so selbst Luft zufächern kann. Zum erdbeerminzigen Sommerduft mischen sich satte Schwaden aus gärenden Mülltonnen und kochenden Turnschuhen, einer Prise vorbeifahrenden Vanilleduftbaums und Jean-Paul Gaultier, bei gutem Windstand noch ein Hauch von Imbissbude. Kühles Nass aus Spritzpistolen implodiert mit lautem Puff zu heißem Dunst, statt Bäume Schatten werfen in der Mittagsglut Lippen pralle Hitzebläschen. Raffaelo, frisch aus der Kühltheke gegriffen, schmilzt auf dem Weg zum Mund, zurück bleibt eine kleine Nuss zwischen Fingern, von denen weiße, leichte Klebemasseasse eilig die Unterarme hinabrinnt und sich unter der Achsel mit fahnenflüchtigem Antitranspirant vereint … Freut ihr euch schon? Ich mich auch!
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