Bonjour mesdames et missjöhs! C‘est moi, votre ecritöse de la cœur, et je suis gerade eben zurückögökommön von eine grande voyage, die misch ‘at geführt in die ‘auptstadt von Culture, Amour und O lala und dabei so schön ‘at geprickölt in mein Bauchnaböl: Bottrop! Nein Quatsch, Paris natürlich. Die Beauté an der Seine, Sehnsuchtsort aller Liebenden („700 000 Vorhängeschlösser – Paris beendet Liebeswahnsinn“) und Stressort aller Kulturinteressierten (160 Museen + 105 km² Freiluftgalerie), Angststadt aller Sparfüchse („Geheimtipp: Viele Restaurants bieten um die Mittagszeit Tagesmenüs an, die im Vergleich zum Abendpreis wesentlich günstiger sind. Für nur 30 Euro können Sie mittags schlemmen!“) und Selbstverwirklichungsplatz aller Sportskanonen und Wanderfreunde („75 Kilometer in fünf Tagen und täglich 650 Stufen, bist du den Chinamarathon gelaufen oder was?“ – „Nee, nur n büschen Paris angeschaut.“), Verhängnisfalle aller Naschkatzen („Ooooh schau mal eine PRALULINE, das haben wir noch gar nicht probiert?“ – „Wollen wir nicht erstmal die zu 5849302 Kalorien gepressten Butterzuckermehlsahnedinge namens Fland, Croissant, Tarte und Cannéles verdauen, die wir grad eben im Patisseur gegessen haben?“ – „SPIEßER!“) und Grenzerfahrungsort aller Adrenalinjunkies („Falls Sie sich fragen, wie Sie das alltägliche Verkehrschaos am Arc de Triomph mit seinen zwölf Alleen und zehn Spuren bewältigen sollen: Einfach ruhig mittig durch den Kreisverkehr fahren und beten.“) Vor allem aber Selbstverwirklichungsort aller Sprachgenies wie, ohne mich zu sehr loben zu wollen, ich eines bin, habe ich mich doch durch die Weltstadt parliert, dass es meinen Lehrkörpern die Rührung nur so aus den Augen gedrückt hätte – und dass ohne in den letzten 20 Jahren auch nur ein Wort französisch gesprochen zu haben. Aber die tiefe Verbundenheit zu Asterix sowie eine exquisite Pflichtbeschulung („Da nimmst jetzt Latein, danach kannst alle anderen Sprachen auch!“) zählen sich eben aus, und in der sanften Umarmung aller Franzosen, die in völliger Unkenntnis einer anderen Sprache als der eigenen in Tränen der Dankbarkeit ausbrechen, wenn man sie beim Englisch-Sprechen versteht („Ända zere in ze middöll ju cän zee Efföl-Turmö!“) bin ich sprachlich erblüht wie eine Seine-Rose: „Essöquö le rü la a droat sökell mö prönn oh schampseliseh?“ öffnet die Herzen der Pariser, „Schö wudräh demondäh si sött soa ilett ünö possibilty a donseh.“ ihre Augen. „Wulehwuh mö dir kö sett pääh et avec dolif or without?“, „Awehwuh ün Kabel pur sött Ü-Ess-Be-Zeh-Anschluss dö moh portablö?“ und „Öh … dö … troa bagett tradisionöll e nöf … dis … ohs … duhs dö settö pöti kisches!“, und kaum troa werr dö rusch später liegst du dir mit dem Garsong deines Vertrauens in den Armen und sicherst dir Fraterniteh eternell zu! Alla Proschänn! Eure Kulturbotschafterin der Herzen
Freitag, 22. April 2022
Freitag, 8. April 2022
Morgenstund hat Gold im Mund
Es gibt Sprichwörter, die erschließen sich mir relativ
schnell, und andere, da sag ich: Entschuldige, aber wer hat das denn bitte so
erfunden? Bevor ich mich hier in Details verlier – es geht natürlich um
„Morgenstund hat Gold im Mund“. Da kann unmöglich ein Mensch verstehen, was das
sein soll, es sei denn, es handelt sich hier um einen Übertragungsfehler, und
ursprünglich soll das heißen „hat Gold im geschlossenen“ Mund! Weil also
erlaube mal, es hat schließlich seinen Grund, warum Menschen morgens die Zähne
putzen, mit Listerine spülen und optional mit Wasserstoffperoxid gurgeln, bevor
sie das Haus verlassen. Zur aufgrund hermetisch abgeschlossener Lippen
schweigenden Tätigkeit zählt höchstens vielleicht noch das Schreiben, und dann
wird vielleicht ein Schuh draus, weil wir alle wissen: Reden ist Silber,
Schreiben ist Gold. Ich hatte jedenfalls unlängst alles andere als Gold im Mund
zur Morgenstund, sondern vielmehr Pinzetten, Wasserschläuche und diese
herrlichen Wattestopfen, mit denen man vermutlich nicht nur den Mund, sondern
auch ganze Kellerzeilen trockenlegen könnte. Korrekt, ich war beim: Zahnarzt
Komma der = Angstperson Komma die. Hey ich mein, da machst du lässig einen
Termin aus, Kontrolle, easy und so, hast eh immer gut geputzt und gespült und
gezahnseidet und gezahnzwischenraumbürstelt und rauchen eh nicht und Kaffee
geht so und Tee naja und Zucker BUH!, was soll da schon groß passieren, nicht
wahr! Dann kommt der große Tag, der damit beginnt, dass du die Morningroutine
halt einfach mal so spaßeshalber, nicht weil es irgendwas bedeuten würde, iwo,
halt weil du eh grad schon drüber bist um drei bis 17 Minuten verlängerst, denn
in deinem Hinterstübchen sitzt ein neongrünes Tier, das sagt „Denk an die
Zahnfärbetabletten und die ewige Schmach, wenn der Onkel Doktor dir zeigt, wo
du überall nicht gut geputzt hast, und dann musst du den restlichen Tag mit
blauen Zähnen rumlaufen!“ Dann wird’s schon etwas banger, aber hey, du bist 40
Jahre alt, reiß dich zusammen gefälligst! Du betrittst die Praxis, wo du
umgehend nervös zu witzeln beginnst und versuchst, Zeit zu schinden: Erstmal
Klo, dann ordentlichst die Jacke in die Garderobe falten, und wenn du schon
dabei bist die anderen Jacken darin auch. Dann als du grad versuchst, das
Personal in ein Fachgespräch über Zimmerpflanzen zu verwickeln, reißt der Arzt
gut gelaunt die Tür auf, flötet „Wie geht’s!“ und drückt dir sogleich einen
„Kräftig spülen bitte!“-Becher in die Hand, um klarzustellen: Du hältst jetzt
die Klappe. Beziehungsweise reißt selbige weit auf. Dann Schwitzhände und Zeug,
bis die Worte kommen, die die Welt bedeuten – und dich in Sekundenschnelle zu
einer überglücklichen und bollestolzen Fünfjährigen werden lassen: „Alles
wunderbar. Und gut geputzt hat se auch!“ Also doch Gold im Mund! Und vielleicht
ja irgendwann mal Grillz.
Montag, 4. April 2022
Mein letztes Wort
Man macht ja vergleichsweise wenig, wenn man daheim in
Quarantäne hockt. Freilich muss man sich ums leibliche Wohl sorgen, freilich
kann man die Zeit daheim so super nutzen, freilich sich auch ins süße Nichtstun
legen und angestrengt gesunden. So ist dann also dank der Bemühungen eines
exquisiten Netzwerkes der Kühlschrank zum Bersten gefüllt mit Vorräten für drei
Jahre, die Fenster blitzeblank geputzt, der lang geplante Gedichtband
geschrieben, und während man am Ende dieses erfolgreichen ersten Tages so
daliegt und sich fragt, was man die restlichen neun Tage machen soll, laminiert
feinster Saharablütenstaub die Fenster und es drängt sich der Gedanke auf, dass
der Kleiderschrank auch morgen noch ausgemistet werden kann oder nächstes Jahr reicht
auch noch und zur Belohnung ersteinmal eine Pizza bestellt wird,
Vorratsspeisung halt ab morgen. Und dann gehen die Gedanken spazieren, in
meinem Fall tief hinein in mein Textarchiv. Und da hab ich etwas gefunden, was
mich fast ein bisschen erschreckt und mich zu einer Entscheidung gebracht hat,
die manch einem wohl einen „Na endlich!“-Jubelschrei entlocken wird, anderen
vielleicht doch zumindest in ein kurzes bedauerndes Achselzucken. Es ist lange
her, dass mich ein alter Mann gefragt hat, ob ich ihn nicht beerben und „das
Sofa“ künftig an seiner statt schreiben möchte. Er sei alt, ausgelaugt und
nicht nur des Nachtlebens, sondern auch des Glossierens überdrüssig. Ich
hingegen war jung, frisch und brauchte das Geld, und so hab ich mich mit viel
Effet und ohne jede Ahnung hineingestürzt in dieses Abenteuer, das einst als
„Partykolumne“ mit viel Nacht und Schnaps und Oléolé begann und heute, über
zehn Jahre später, die nurmehr traurigen Abhandlungen einer alten Frau sind,
die es allabendlich kaum erwarten kann, aufs Sofa hinauf zu kommen statt von
diesem herunter. Ich bin ausgelaugt und nicht nur des Nachtlebens, sondern auch
des Glossierens überdrüssig, hab alle Worte schon verdreht und jeden Satzbau in
Unordnung gebracht, und während andere Menschen Katzen als Krafttier oder
wenigstens Kleinkinder haben, muss ich immer alles selbst erkennen. Während
früher ein jeder Gedanke, den ich hatte, flugs zu Papier und in die Zeitung
gebracht wurde, trag ich ihn heut zum Therapeuten – und obwohl ich das Geld
schon immer noch brauchen tät, muss jetzt ich für meine Reflektionen bezahlen
anstatt umgekehrt. Kurz und gut: „Gute Nacht, Freunde. Es ist Zeit für mich zu
gehen. Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette und ein letztes Glas
im Stehen!“ Dieses heutige, 450.(!) Sofa wird mein letztes sein. Danke für eure
Aufmerksamkeit – wir sehen uns, schön tagsüber. Und dann blick ich dir tief in
die Augen und sag: HAHAHA REINGELEGT!! APRIL APRIL!! Das glaubst du doch wohl
selbst nicht, dass ich hier freiwillig aufhör! Und wenn es in 50 Jahren „Runter
vom Sarg!“ heißen muss! HAHAHA!!