Ich sitze vor einem weißen Blatt Papier, habe bereits die Spülmaschine ausgeräumt, eingeräumt und lieber nochmal umgeordnet, habe die Wäsche abgehängt und wegen Spaßhaushalt und Lustigkeit die Sachen des Mannes falsch einsortiert, habe gestaubsaugt und beinahe noch die Fenster geputzt, bevor ich mich nach einem mahnenden Selbstgespräch an den Schreibtisch gesetzt habe, um mir dort nichts sehnlicher zu wünschen, als dass Dumbledore käme und mit seinem Zauberstab Gedanken aus meinem Kopf ziehen und mir so die schlimmste aller Sachen abnehmen würde: den ersten Satz. Dieses Spiel spielen wir (ich) heute zum 500. Mal, und ja, auch mir fällt angesichts dieser Zahl ein berühmter Satz ein: „Die Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Ganz so stimmt’s aber nicht, denn natürlich kenne ich alle Tricks und Kniffe zum Thema „Schreibblockade“. Zum Beispiel: „Habe immer ein Notizbuch bei dir, in dem du genialistische Einfälle und Alltagsbeobachtungen sogleich notierst.“ Was die vom Ratgeber nicht schreiben, ist, dass man ja oftmals bis meistens beim genialistischen Einfall gar nicht alleine ist, weil der größte Spaß kommt halt im Gespräch, und dass das Gegenüber in dem Moment, in dem du „das muhuhuhuuuss ich ahahahaaaufschreiben!“ japst, laut loskreischt: „WEHE, DU SCHREIBST DAS AUF!“ Weil ich dem argumentatorisch nichts entgegenzusetzen habe, folge ich artig bis eingeschüchtert aus Angst vor gesellschaftlichem Verstoß. Manchmal. Doch auch wenn es der genialistische Einfall auf einen Zettel geschafft hat, muss das noch lange kein Heilsbringer sein. Vor mir aufgefächert liegen just in diesem Moment sehr viele solcher Zettel, auf denen sich irgendjemand mit meiner Handschrift in Geheimsprache Notizen gemacht hat. Manches erkenne und erinnere ich (Balkon nicht betretbar weil Spinne; wollte Baden -> Whg ausmisten, Overequipment / Spikes Saustoffflaschen). Anderes – mysteriös: unverbindliche Handlungsempfehlung; Red panda pillow; ironisches Präprekariat; Dinge auf Straße; Wäsche waschen – TaTu vergessen; Schwarzarbeit/ Schwarzfahren; Papa = 1. Hipster; tight am sein so; Empörio-Armani; im Spiegel anschauen beim Sport (sexy vs. Schlaganfall); SÖDER = Franke streicht Oktoberfest!; zeitinkonsistente Präferenzen; Shampoos ≠ Schampus; Menschen, die als nervige Kinder altern; wann ist „Nachmittag“?; Gelsenkirchner Barock; Fitness vs. Fettness … Und so weiter und so fort. Jedes dieser Rätsel umgibt der sternspeiende Nimbus einer zündenden Idee – an die ich mich mit Müh und Not ansatzweise, tendenziell aber null mehr erinnern kann. Werde als künftig meine Zeit damit verbringen, diese Rätselnotizen zu entschlüsseln und damit das gefährliche Leerpapier zu füllen. Damit krieg ich nochmal 500 Sofas voll. Locker.
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