Grade rechtzeitig zum Herbsteinbruch bin ich wieder zurück
aus dem Land, wo zwar von Milch und Honig keine Spur ist, dafür aber Pils und
Fischsemmeln fließen. Ostsee also, und Leute, wir müssen reden. Es gibt vieles,
was dafürspricht, diese Gegend zwischen Rostock und Stralsund zu besuchen, die
ich mir in den letzten Tagen angeschaut habe. Leider fällt mir grade keiner
dieser Gründe ein, außer vielleicht dass es wirklich sehr schön ruhig und sehr
wenig aufregend ist und darum bestimmt genau das richtige für Menschen Ü75.
Doch, da kann ich das wirklich wärmstens empfehlen. Morgens schön Frühstück vom
Buffet, mittags schön Fischsemmel, dazu kleines Bierchen für sechs Euro, abends
auch. Dazwischen fünf bis 50 Kilometerchen auf dem eBike und dabei die Mischung
aus präpolnischer Trostlosigkeit und maritimem Disneyland genießen und den
Blick über eine Landschaft streifen lassen, in der weder ein Berg noch sonst
überhaupt irgendein Hauch von Anblick das Auge stört, im Ort günstig shoppen im
Camp David Outlet, dazu Waffel oder Softeis nach dänischem Vorbild und ein
Kaltgetränk an der Seepromenade, die grad wegen Ostförderung mit
baustellendonnerndem Charme zu bestechen weiß. Dann ab ins Kurhotel und am
nächsten Tag alles von vorn – schon bei der Niederschrift tiefenentspanne ich
augenblicklich und falle sogleich in einen geruhsamen Tagschlaf. Und dann gibt
es aber Gründe, die also wirklich ausdrücklich gegen eine Reise an dieses
„Ostsee“ sprechen, und die kann ich ganz vorzüglich benennen. Allen voran zu
nennen wäre da: Sand. Ein Konzept, das sich mir seitdem ich denken kann nicht
erschließen will, zumal wo es doch so schöne Wiesen gibt, und wenn das nicht
geht, wenigstens Gummimatten oder einmal schön rausfliesen, das geht doch
heutzutage schnell. Aber nein, diese Meeresmenschen und ihr Sand! Ich mein, ich
stell mich doch daheim auch auf keinen Spielplatz im höchsten Sturm und freu
mich hernach, dass ich den Sand aus zwischen den Zähnen und jedem einzelnen
Haarfollikerl wieder rauspopeln darf. Und plötzlich findet man sich auf
sogenannten Wanderwegen wieder, wo weit und breit kein Weg in Sicht, wohl aber
ein kilometerbreiter Sandabschnitt zu durchpflügen ist, den man mit Schuhen
nicht bewältigen kann, sonst hat man hernach Sand nicht nur darin sondern in
jede einzelne Sockenfaser säuberlich eingerieben und den restlichen Tag
Schleifpapier am Fuß. Ohne Schuhe aber auch nicht, weil … also … weil SAND!
Sand im Rucksack, Sand unter den Nägeln, Sand im Käsebrot. Niemand hat mir das
bislang hinreichen erklären können, was das soll. Dafür kann ich mir die
Antwort auf eine andere Frage direkt selbst geben: Warum soll ich sieben
Stunden nach Norden fahren, wenn ich doch in der gleichen Zeit im schönsten
aller Bellaitalias sein kann, wo ich zwar prinzipiell das gleiche habe wie oben
beschrieben, aber eben in Italien – und wenn man nicht zu weit fährt, dann auch
absolut ohne Sand?
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