Den ersten der vier Endgegner im Jahresgame haben wir also vor ein paar Tagen erfolgreich hinter uns gebracht. Wir haben uns verkleidet, betrunken, gebastelt und furchtbar gefroren, aber was sein muss, muss sein: Karnevalsbeginn! Ach nein Quatsch, das haben wir ja hier gar nicht, aber dafür am gleichen Tag das gleiche Prozedere vollzogen, nur nicht zu Ehren des St. Karneval, sondern des St. Martin, vulgo: Pelzmärtel. Ich als waschechte Arbeitsmigrantin zweiter Generation mit niederbayerisch-katholischem Kulturhintergrund fand eure fränkische Idee vom freundlichen Gutzerlbringer im roten Gewand schon immer prima. Spezialprima schon allein deswegen, weil er knapp vier Wochen vor dem Nikolaus vorbeikommt, im Gegensatz zu diesem seine Gaben still und höflich des Nachts in vor die Tür gestellte Gummistiefel legt (und allein dadurch schon seine außerordentliche Tapferkeit beweist, ich mein, wer versenkt denn freiwillig seine Hand in einen getragenen Gummistiefel?) und dafür noch nicht einmal etwas erwartet. Der Nikolaus derweil: Angstgegner! Und Feigling noch dazu, weil traut er sich im Gegensatz zum lieben Martin nicht alleine unters Volk, sondern zieht gern einmal die Begleitung einer echten Gruselperson vor, die Hörner hat und Glutaugen, Tierfüße und eine Rute, und wehe du warst unartig als Kind, dann ist der Krampus ganz schnell dabei mit einem Schimpfgesicht … Großeltern, Freunde und Familie versammeln sich also am Nikolaustag, so dass dem Kind (mir) direkt klar ist: Jetzt wird’s ernst, und dann klingelt’s und herein kommt ein riesiger Mensch in einem Mordsgewand mit einer meterhohen Haube auf dem Kopf und einem Wahnsinnsspazierstock und dann Flüstern und Stille und schließlich zerrt dich eine Mutterhand unter dem Kanapee hervor, wo du zitternd liegst und panisch dein Gedicht zu memorieren versuchst, das du extra für jetzt hast lernen müssen, weil du weißt: Erst schlägt der Nikolaus im Goldenen Buch die Notizen über deine Artigkeit nach, und o weh, wie gut der immer informiert ist, und dann erfolgt ein kläglicher Besänftigungsversuch lyrischer Natur, darauf bist du vorbereitet. Und dann schiebt man dich in bedrohliche Nähe zu dem Fremden, und noch bevor du den Gedanken „Verrückt, der hat die gleichen Schuhe wie Onkel Uli!“ formulieren hast können, sagst du plötzlich hübsch vernehmlich wie geübt „LIEBER GUTER NIKOLAUS, ZIEH MAL DEINE HOSEN AUS!“ und dann Gelächter und Schimpfen und Tränen und gar kein Krampus aber trotzdem Geschenke … Nicht einfach. Deswegen: Pelzmärtel. Der hat zudem ein Pferd statt teuflischer Sideshow und außerdem im Gegensatz zum Nikolaus, der halt irgendwie Truckerfahrer war oder was mit Limo oder sowas in der Art, eine endscoole Heldenstory.
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