Freitag, 22. November 2024

Soundmaschine

 

WAUWAU! … Fanfarengetöse … Jubel … BUUUUURPS! … Vor mir liegt ein kleiner grüner Kasten. Er hat handschmeichelnde Größe, viele kleine gelbe Knöpfe wie ein prächtiges Schifferklavier, nur dass aus diesem wenn man ein bisschen mit Sinn und Verstand darauf herumdrückt, gar herrliche Klänge tönen. Aus meinem Kästchen, da kannst du noch so viel Verstand und Expertise haben, kommt ausschließlich und gemessen an der Winzigkeit des Lausprechers ausgesprochen laut: ein Unton nach dem anderen. Das Kistl kann Klospülen (Toilet Flush) und wie ein Zahnarztbohrer (Dentist) klingen, es kann der traurigste, grusligste Leierkasten sein (Circus) und markerschütternd weinen wie ein Baby (Baby). Es kann garstig lachen (Witch) und gruselige Aliengeräusche machen (Sci-Fi), und es kann einen vor allem stets aufs Neue überraschen, weil die hilfsbereiten Geräuschsbeschriftungen an den kleinen Knöpfen so wenig aussagekräftig sind, dass man sich einfach nicht merken kann, was einen dabei erwartet: Drückt man „Charge“, ertönt ein dröhnender Fanfarenapell, bei „Achooi“ ein markerschütterndes Niesen und bei „Whoopee“ ein prächtiges Flatulat. Ich würde furchtbar gerne behaupten, ich wüsste nicht, wie ich in den Besitz des kleinen Spaßgeräts gekommen bin, doch leider weiß ich es sehr genau. Allein was richtig ist: Ich bin unschuldig. Schuld ist ein Baby! Dieses krümelte vor vielen Monaten auf einem Küchenboden herum, während Erwachsene anständig am Tisch saßen und Konversation betrieben. Diese wurde gelegentlich unterbrochen durch die Beiträge des Kindleins, das seine Zustimmung oder Abneigung zum geäußerten Gesprächsinhalt erstaunlich passend durch heiteren Jubel oder traurige Trompetentöne äußerte. Nach einiger Zeit entdeckten wir unter dem Knaben ein elektronisches Spielgerät, welches von größeren Kindern dort hinterlassen war und im Sinne einer Lernhilfe falsche und richtige Antworten mit einem entsprechenden Laut der Freude oder Enttäuschung quittierte. Ich war hingerissen. Dieses Gerät, befand ich, wollte ich fortan bei allen offiziellen – ach was: bei ALLEN Gesprächen bei mir tragen und mich nurmehr äußern durch Drücken der entsprechenden Knöpfe. „Frau Wasmeier, kommen Sie bitte in mein Büro!“ – „(Knopfdrück) Oh-oh!“ – „Frau Wasmeier, Sie bekommen eine Gehaltserhöhung!“ – „(Knopfdrück) DA-DADA-DAAAA-DA-DAAAAA!“ … Leider durfte ich die Soundmaschine nicht entwenden, und so verließ ich diesen grausamen Haushalt in der traurigen Gewissheit, mich fortan doch nicht lästiger Unterhaltungen durch lustiges Knöpfedrücken entziehen zu können. Bis Post von der Freundin kam: „Schatz, ich habe was für dich gefunden. Viel Spaß damit!“ Seitdem drück ich wann immer es beliebt gelbe Knöpfe statt zu sprechen. Ob ich die Kolumne schon fertig habe? „BUUUUUUUUURPS!“

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