Freitag, 14. Februar 2025

Fallentinstag

Ich hatte mal einen Opa, der hörte auf den schönen Namen „Valentin“. Weil er aber ein Ur-Nürnberger war, sprach er von sich selbst stets als „Fallentin“, und das erschien mir stets nur logisch, schließlich hatte der Opa aufgrund irgendeiner unglücklichen Bewandnis viele Jahre früher nur noch ein echtes und dazu ein komisches Puppen-Bein – und das musste man ja wohl haben, wenn man „Fallentin“ hieß und offenbar ständig hinfiel? Ich weiß nicht mehr, wie alt ich werden musste, um zu begreifen, dass Opa Fallentin und dieser eine Tag im Jahr, in dem Menschen oft recht nervös werden und Blumen und Geschenklein von A nach B transportieren wie emsige Ameisen, irgendwie zusammengehören sollten, und selbst dann war mir eher ein Rätsel, warum der Opa denn eigentlich einen eigenen besonderen Feiertag haben sollte. Der Opa ist leider schon sehr lange nicht mehr da, so dass ich ihm meine späten Erkenntnisse nicht mehr auseinandersetzen kann, aber mindestens einmal im Jahr denk ich an ihn. Oder vielmehr: Ich werde an ihn gedacht. Der Valentinstag hat in meiner frühfeministischen Emma-Erziehung einen ganz ähnlichen Stellenwert wie Muttertag: hyperkommerzieller Ami-Käse, der nur darüber hinwegblenden soll, dass man sich nicht so, wie sich das gefälligst gehört, ganzjährig um seine Liebsten kümmert, sondern dann voller schlechtem Gewissen einmal im Jahr armeweise Geschmeide, Pralinés und Blumenbouquets nach Hause karrt. Eine Haltung, die mitnichten automatisch und generelles Unromantikergegrummel bedeutet, sondern es sich so ähnlich verhält wie bei mir mit Karpfen: Ohne jemals auch nur an einem gerochen zu haben, weise ich dieses Fischgericht entschieden und mit größtem Nachdruck als ungenießbar von mir, nicht ohne mich dazu demonstrativ gänsehautend zu schütteln. Wenn ich das hier, in Karpfenhausen, laut ausspreche, kommt das einem Frevel gleich, und bei der Spurensuche bin ich dem Grund auf die Schliche gekommen: Der Uropa, so geht die Familiengeschichte, brachte vom Angeln stets Karpfen mit, der dann in der Badewanne schwimmen und von den Kindern ausgenommen werden musste – eine Erfahrung, die mir sozusagen weitervererbt worden ist. Transgenerationales Karpfentrauma. Und so hab ich auch die Valentinstagsskepsis schlichtweg vererbt bekommen. Was mir bislang nicht geschadet, sondern ganz im Gegenteil eine Vielzahl überraschender und schöner Blumensträuße übers Jahr hinweg beschert hat und vor allem eine ersprießliche Nicht-Anzahl von Enttäuschungen, die so ein vergessener Valentinstag, einer mit teuren, aber schlechten Lokalen, Blumen von der Tanke oder gar Mon Cheris mit sich bringt. In diesem Sinne: Opa, auf dein Wohl! Allen Fallentins einen schönen Namenstag! Und allen Liebenden eine wärmende Umarmung!


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