Samstag, 28. Dezember 2013

Männerschnupfen

Endlich ist es so weit: Ein Schnupfen hat mich befallen. Das ist freilich lästig, nicht jedoch über Gebühr dramatisch. Ich bin eine Frau, und Frauen sind Kummer gewohnt (schon allein, weil es Männer gibt) und Schmerzen auch, und deshalb weiß ich mein virulentes Schicksal weitgehend schweigend hinzunehmen und die Öffentlichkeit nur durch versehentliche eukalyptusgrüne Hickser daran teilhaben zu lassen. In ein paar Tagen ist’s ja wieder vorbei. Diese im Volksmund „Erkältung“ genannte Krankheit hat jedoch einen kleinen, nein, großen Bruder, der wirklich, und das meine ich ganz ehrlich, mehr Aufmerksamkeit verdient hat und vor allem keinesfalls die Spötteleien, denen er sich stets ausgesetzt sieht. Dieser verteufelten Seuche wegen sieht sich pünktlich zur Saison die Hälfte der deutschen Bevölkerung vom Aussterben bedroht, und da hat der Spaß ein Ende. Der „Männerschnupfen“! 

Einmal der Malaise anheimgefallen, muss der Wirt sich eigentlich umgehend aufs Sterbebett darniederlegen. Doch der ist sich seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen bewusst, und so schleppt er sich durch die Tage, bereit, den Märtyrertod zu erleiden. Sichere Anzeichen für den Befall sind: Der Mann verlangt mit einem schwer verhohlenen Unterton von Panik nach der Wickelsalbe („Schonend sanft zu sensibler Haut“), um sie sich zentimeterdick ums Riechorgan zu schmieren. Präventiv. Am Telefon klingt er, als hätte er sich zwei faustdicke Kartoffeln in die Nase geschoben und gibt auf Nachfrage nur höchst widerstrebend zu, nicht ganz auf der Höhe zu sein (wichtig ist hierbei, dass es „krank“ heißen muss. Das lässt ausreichend Interpretationsspielraum bis hin zum sicheren Ableben und klingt nicht nach so einem Weiberwischiwaschi wie „Erkältung“, denn da müsste man sich ja nun wirklich nicht so anstellen, müsste man sich!). Und er eilt geschwind zur Apotheke, um mit einer fließenden Bewegung alles aus dem entsprechenden Regal in den Warenkorb zu räumen (sicherheitshalber nimmt er angrenzende Abteilungen wie „Tropenapotheke“ und „Schüsslersalze“ auch gleich mit). 

Optimal unterstützend zur Überwindung der Malaise wirkt die kompromisslose Akzeptanz und Unterstützung des armen Tropfs. Empfohlen wird von einschlägigen Expertinnen: Hühnersuppe (nach dem Rezept von Mama. Seiner.), fünfminütlich abwechselnde Nachfragen mit sorgenvoller Miene nach dem Befinden und zu erfüllenden Wünschen, die wortlose Übergabe der Macht (vulgo: Fernbedienung) sowie ein Anruf zur Überprüfung des laufenden Sky-Abos. Wenn man dann noch ein sanftes Schlafmittel unter den Tee in die Schnabeltasse mischt, hat man flugs Ruhe und kann sich Purzelbäume schlagend unters Tanzvolk mischen. Auf geht’s, Mädels, runter vom Siechbett! 

Am besten in die Große Liebe (Engelhardsgasse) zu „Männer sind Schweine“ oder „We want revenge“ im Cult (Dooser Straße). Gemäßigter: „Moonbootica“ in der Rakete (Vogelweiherstraße), „Tonkonzum“ in der KK (Königstraße), „Urban Echoes“ in der Desi (Brückenstraße), „Blue Velvet“ im Stereo (Klaragasse) und die „Muckibude“ in der MUZ (Fürther Straße). Am Samstag statt Tee & Zwieback „Milk & Sugar“ in der Indabahn (Bahnhofsplatz), „Roland Apple“ in der Mitte (Hallplatz), der „WHMC-Grinch“ im Zwinger Keller (Lorenzer Straße), „2 Jahre Ü30 House Edition“ im Terminal (Flughafenstraße), „Kollektiv Humboldstraße“ im Nano (Königstraße) und „Monsters of Jungle“ im Loop) Klingenhofstraße) sowie der restliche Kladderadatsch. Einen Vorteil hat die Seuche aber: Am Sonntag könnt ihr an der vom zwischenzeitlich genesenen Mann vorgewärmten Couch horchen und euch von ihm bekümmern lassen. Der sollte ja jetzt wissen, wie’s geht.

Samstag, 21. Dezember 2013

Weihnachten, natürlich

Kurz vor Weihnachten, und ich bin so voll positiver Gefühle, dass mir schier die Worte fehlen. Beseelt von Liebe bin ich, voller Besinnlichkeit und Harmonie und Altruismus, in kindlich vorfreudiger Gewissheit darüber, dass ich bald mit Tieren sprechen und herrlich weihnachtlich im leichten Gewand im Garten zum Grillieren laden kann. Seit Wochen sind alle Menschen entspannt und fröhlich wie sonst nie im ganzen Jahr, und das steckt an, da will man nur noch rings um sich herum umarmen und über die Vorzüge bedingungsloser Nächstenliebe referieren. Alle sind so höflich, sagen bitte und danke und Habe die Ehre und blinken beim Abbiegen, weswegen es mir ein leichtes ist, zum Ende des Jahres mit salbungsvoller Miene und ebensolchen Worten davon Abstand zu nehmen, einen Rückblick oder gar ein Resümee zu veranstalten.

Eingemummelt in den von mir in den vergangenen Wochen mit Sorgfalt gestrickten Ganzkörperschal aus biologisch und von singenden Senioren angebautem Naturbastgarn sitze ich vor dem knisternden Kaminfeuer in HD+ und intonieren probehalber die Weihnachtsmär, die ich in der Heiligen Nacht zu rezitieren gedenke. Mit grandseignieuraler Mimik und ausladender Geste. Und der Inbrunst mehrerer Liter Feuerzangenbowle und Beaujolais, derer es dringend bedarf, um den 17-gängigen Menüfolgen Herr zu werden, die da dräuen. Doch was soll‘s, der frisch gestärkte Kragen hält uns in aufrechter Position, so dass die prall gefüllten Ranzen im Gänsemarsch zum Ententanz getragen werden können, um der Peristaltik mit Verve und formvollendetem Ausdruckstanz zur Hilfe zu eilen. Das geht jetzt übrigens quasi in einem Rutsch eine volle Woche lang so, und ich muss mal gucken, wie weit vorauszuschauen ich komme, bevor sich mein Hirn von einer Christbaum- in eine Diskokugel verwandelt. Wobei mir die Vorstellung gar nicht schlecht gefällt. 

Also, Ärmel hochgekrempelt, Hufe neu beschlagen und los! Klassiker und Specials – alles ist im Weihnachtssackerl. Am Dienstag: „Belly Cloud“ (KuKuQ , Königstraße), „Best X-Mas“ (Indabahn, Bahnhofsplatz), „Plattenrausch“ (Stereo, Klaragasse) und „Weihnachten“ im Mach1 (Kaiserstraße) sowie als „Rosa“ (Große Liebe, Engelhardsgasse) und „Schwarz“ (Cult, Dooserstraße). Tag 2 oder 3, je nachdem, wann man angefangen hat: „Christmadness“ (Mitte, Hallplatz & Rakete, Vogelweiherstraße), „Reggae hit the town“ (Zentralcafé, Königstraße), „90° Steil“ (360°, Adlerstraße), „Back for Good“ (Mach1), „Stop Making Sense“ (Stereo), „Technologie in Chemestrie“ (Nano, Königstraße) und meine Lieblingsveranstaltung in der Kategorie „einsame Herzen an Weihnachten: „Singleparty X-Mas Edition“ (Terminal, Flughafenstraße). Tag 3: „2-4-6“ (Bar77, Luitpoldstraße), „Luilicious“ (King Lui, ebd.), „90er Trashgalore“ (Hirsch, Vogelweiherstraße) und „The Afrolatinjazzrockers“ (Desi, Brückenstraße). 

Tag 4: „Hüttengaudi“ (Marquee, Klingenhofstraße), „Querbeat“ (Kulturkellerei, Königstraße), „Prinzessinnen & Superhelden“ (Bar 77), „Girls on Top“ (360°), „Freiküssen“ (Mach1), „Wicked Game“ (Stereo), „Rotblau“ (Mitte), „Zeitloch“ (Hirsch). Tag 5 (es ist mittlerweile Samstag, falls jemand den Überblick verloren haben sollte): „Hafenschänke“ (MUZ, Fürther Straße), „Funk Soul Brother“ (KK), „Schwarztanz“ (Cult), „2 Jahre Dunstkreiskollektiv“ (Desi), „3-2-1 Hirsch“, übliche Varianten aus „Samstag, deine/eine, Nacht“ (z.B. Mitte, Indabahn), „Kings Clubbing“ (King Lui), „Rosa Samstag“ (Große Liebe). So. Jetzt reicht’s. Zwei Tage könnt ihr schlafen, Gurkenmasken auflegen und saunieren, und was ihr an Silvester macht, das wisst ihr in Gottes Namen und in mit dem Segen des heiligen Himbeergeistes hoffentlich mittlerweile. Frohes Fest!

Samstag, 14. Dezember 2013

Plätzchenschnapsideen

Es ist ein Irrglaube, zu meinen, „gute Ideen“ würde man für gewöhnlich „einfach so haben“. Denn in Wahrheit verhält es sich oft eher so, dass man gute Ideen „erleidet“. Gute Ideen stellen sich nämlich naturgemäß über kurz oder lang als völlige Schnapsidee heraus, die großes Leid nach sich zieht. Eine gute Idee hat man erlitten, wenn einem einfällt, man könnte ja mal eben, weil Wetter und überhaupt, das Schuhregal ein bisschen ausmisten. Fröhlich pfeifend macht man sich ans Werk, voller fester Entschlüsse und Tatendrang. Nach zwei Stunden legt man sich erschöpft darnieder und muss sich leider eingestehen, dass man in der vergangenen Zeit rein gar nichts ausgemistet hat, dafür aber alle 120 Paare nach Formen und in sich nach Farben sortiert und die rechte Hand bereits über der PC-Maus schwebend im Begriff ist, die Lücken in der Farbpalette durch die ein oder andere, rasch getätigte Bestellung zu verfüllen – rein zwengs der Ästhetik, versteht sich. 

Eine gute Idee erleidet man auch dann, wenn einen – also, mich zumindest – alljährlich der Plätzchenwahn befällt. Weil es ist ja so schön und der Zuckowski-Chor schalmeit die „Weihnachtsbäckerei“ und freuen tut sich doch auch ein jeder, dem man hernach so ein Packerl überreicht, wache ich eines Morgens auf und weiß: Heut ist’s soweit. Ohne bestehende Vorräte, dafür aber zig Rezepte zu checken, werden Mengenangaben aus Verhungerungsangst prinzipiell mindestens verdoppelt, Zutaten sackweise angekarrt und flugs losgelegt. Spätestens, wenn ich merke, dass so ein Handrührgerät halt einfach nicht gemacht ist für drei Kilo Mürbteig, läuten die ersten Glocken, und zwar gar nicht weihnachtlich. Die fünf wassermelonengroßen Teigbatzen auf dem Tisch drapieren, geschwind ins Bett gehen und die Restarbeit die Heinzelmännchen verrichten lassen, hat sich in der Vergangenheit als nur theoretisch dankbare Lösung herausgestellt. 

Es folgt also eine mühselige, schweißtreibende Ewigkeit des Ausstechens und Formens, der bis zum Ellbogen hinauf teigverklebten Katastrophen, der Tränen über Bruchwerk und überhaupt ist alles ganz und gar bescheuert, Lebkuchen, wer macht das schon noch selbst, zumal in Nürnberg, denk ich, während der süße Leim vom Löffel neben die Oblate statt darauf batzt, und Butterplätzchen zu verzieren sollte man nun wirklich den Pädagogen dieser Welt überlassen, die bekommen das wenigstens bezahlt, und überhaupt, danken wird’s hinterher sowieso kein Mensch, und nächstes Jahr, also wirklich, nächstes Jahr, da gibt’s Plätzchen vom Feinkost Albrecht oder gar nicht, ist eh besser für die Linie. Nach 17 Stunden Leben im Teig, die Nase bis zum Anschlag voller Vanillepuderstaub, ersten Anzeichen von Karpaltunnelsyndrom und einem Bauchmuskelkater wie nach drei Stunden mit dem Abslider ist es dann zu Ende erlitten, das Leid. Und ein großes Zufriedenheitsgefühl stellt sich ein angesichts all der prall gefüllten Keksdosen. 

Derart beschwingt tanzt es sich doch gleich viel besser hinein ins Nachtleben, wo man dann allen gleich erzählen kann von der guten Tat. Am besten bei „Zucker“ im 360° (Adlerstraße) für die jungen oder „Querbeat“ in der KKK (Königstraße) für die alten Back-Hasen. Nebenan im Nano: „Pon di Attack“, eins weiter „Buckshot – das große Wunschkonzert“ im Stereo (Klaragasse), nochmal um die Ecke „Ensemble“ in der Mitte und einen großen Schritt südwärts „Pull the Trigger“ im Hirsch (Vogelweiherstraße). Die alten Hasen sollten sich nicht zu sehr verausgaben, haben nämlich am Samstag ausnahmsweise mal die Qual der Wahl: das Ballhaus (Klingenhofstraße) eröffnen, zu den „Disco Classics“ ins Terminal (Flughafenstraße) fahren oder zur „Retro Party“ ins Parks (Stadtpark)? Die jungen haben’s leichter: Abgesehen von der „Panda Party“ im Zentralcafé (Königstraße) und „7 Jahre Disko2000“ im Stereo ist alles wie gehabt. Wer die gute Idee erleidet, alles abzugrasen: Schönen dritten Advent!

Samstag, 7. Dezember 2013

Glühweinkalorien

„Nach dem Essen sollst du ruhen …“ sind ungefähr die letzten Worte, die mir durch den Kopf blitzen, bevor ich mich auf das als Sterbebett auserkorene Sofa sinken lasse. Schwer atmend, drückt doch das just einverleibte Drei-Gänge-Menü nicht nur von innen gegen den Rippenbogen, sondern schränkt auch die Lungenfunktion massiv ein. Da können zwei Meter weit sein. An tausend Schritte ist nicht zu denken. Es ist der erste Advent, und ich frage mich, wie das die kommenden vier Wochen weitergehen soll. Und wie viele Schritte man eigentlich gemeinhin so tun müsste, um halbwegs zu vermeiden, dass am zweiten Januar selbst die dehnbarste Jogginghose nur unter maximaler Spannung und flach auf dem Rücken liegend an Ort und Stelle gebracht werden kann. Ach, hätt‘ ich’s mich doch lieber nicht gefragt! Aber jetzt kann ich leider nicht mehr sagen, ich hätt‘ von all dem nichts gewusst, und sehe keinen anderen moralischen Ausweg als den, euch teilhaben zu lassen an meinen dezidierten mathematischen Überlegungen. 

Also: Besagte tausend Schritte entsprechen einer Strecke von 750 Metern und dienen laut Sprichwort freilich eher dazu, die leidgeplagte Peristaltik aus der Schreckensstarre zu erwecken. Egal. 750 Meter „gehen, moderates Tempo (5 km/h)“ entsprechen einem durchschnittlichen Verbrauch von rund 35 Kalorien. So. Laut verschiedener semi- bis unseriöser Nachschlagewerke birgt so ein niedliches, winzigkleines, im Vorbeischlendern zur Erquickung eingeatmetes Tässchen Glühwein 200 Kalorien. Alle fortfolgenden Rechnungen bis hin zum Gänsebraten möchte ich lieber euch selbst überlassen. Jetzt stellt sich nur die Frage des Umgangs mit dem kulinarischen Sündenfall der kommenden vier Wochen. „14 Tipps schlank durch den Advent“ schlagen gewiefte Alternativen wie Maronen statt Mandeln, Fleischfondue statt Raclette oder Früchtebrot statt Stollen vor. Kann man machen. Schwer unter spielverderberischen Verdacht gerät man aber schnell, wenn man sich auf dem Betriebsweihnachtsfest heimlich in die Küche drückt, um mit dem Koch darüber zu verhandeln, Blaukraut und Vogel ohne Soße zu liefern, um letzteren anschließend unterm Tisch zu häuten und zu hoffen, dass der nächstbeste Vorgesetzte nicht auf dem Speiserest bananenschalengleich von dannen rutscht (Oder auch grade, dass er’s tut!). Nervig ist auch, wer die vorbereitenden Diskussionen fürs Festtagsmahl ausschließlich um Wortbeiträge wie „Muss das jetzt sein mit dem Butterschmalz?“ oder „Könnten wir nicht vielleicht getrocknete Selleriescheiben statt des Gratins als Beilage machen?“ ergänzt. Es hilft nichts. Wir müssen da jetzt einfach alle durch. 

Was aber auf jeden Fall begünstigend wirkt, ist ein mit Hingabe absolvierter Ausdruckstanz hier und da. Machen wir! Pflichtveranstaltung für alle Schwofer ist definitiv der „Soulweekender“ im KuKuQ (Königstraße) – erfreulicherweise zweitägig. Wer’s schneller mag: „Optimus Maximus“ sind mal wieder in der Mitte (Hallplatz), „Bada Bing!“ nebenan im Stereo, und einmal um die Ecke zu „Lui Lipstick“ (Luitpoldstraße) getanzt, stolpert man unweigerlich über „We love 90s“ in der Bar 77. Am Samstag geht’s raus aus der City in die Vogelweiherallee mit „Rigorös“ in der Rakete oder der „Maximum Rock Night“ im Hirsch, weiter im Zickzack zu„Body Rock“ im Marquee (Klingenhofstraße), „Anne will tanzen“ in der Desi (Brückenstraße) oder der Notveranstaltung für „Ich bin Ü30 und weiß nicht wohin mit mir“ im Löwensaal (Schmausenbuckstraße). Die 14 Tipps nennen übrigens Glühwein als bessere Alternative zu Eierpunsch! Damit komm ich klar.