Samstag, 15. Februar 2014

Pärchenverdienstkreuz

Eigentlich wollte ich die Gunst der Stunde nutzen, um ausnahmsweise mal so richtig vom Leder zu ziehen. Über Pärchen im Allgemeinen und den Valentinstag im Speziellen. Ich wollte mich gerne episch über diesen oktroyierten Zwangsharmonietag echauffieren, der mir rosaumwölkt und blumenbenagelt versucht zu suggerieren, dass ich ein Fehler in der Matrix bin, der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der niemanden hat, der mir noch schnell zum Feierabend ein praliniertes Irgendwas ersteht, „und danke für die Blumen von der Tanke, danke danke danke“… Ich wollte maulen über Pärchen, die den Kategorischen Imperativ noch nicht einmal denken können und mich permanent belästigen mit ihrem Dasein als fleischgewordener Brockhaus-Eintrag „Kugelmensch“ und als Jeanne d’Arc der Singles auf einem glitzernden Einhorn die Phalanx der WIRus-infizierten mit dem Flammenschwert durchbrechen, um unsere Welt von den Unterdrückern zu befreien. Es ist nur … Ich kann nicht. 
Weil ich Pärchen ja eigentlich total bewundernswert finde. Was die (sich) leisten! Nehmen wir beispielsweise eine Konzertsituation. Da steht man so und versucht einsam und in sich gekehrt ein bisschen der Darbietung zu lauschen … nein, man ist gezwungen, der Darbietung ausschließlich zu lauschen, dank der vor einem stehenden Personen, die bei der ersten Ahnung eines Moll-Akkords zu Siamesischen Zwillingen verschmelzen, die sich gegenseitig im Gesicht äsen und einem damit die Sicht versperren. Toll! Oder im Restaurant: A bestellt nicht, was er möchte, sondern befragt B nach ihren Wünschen, worauf B antwortet, sie würde lieber wissen, wonach es A verlangt, damit sie dann entsprechend das Wunschgericht des Liebsten für sich ordern kann für den Fall, dass A nicht zufrieden ist mit seiner Wahl und B aufopfernd ihr Gericht zum Tausch anbieten kann. Rührend! Oder eine Party: Während die meisten Anwesenden verzweifelt versuchen, Spaß zu haben und sich zu unterhalten, genügen sich Varianten von AB gänzlich selbst und verbringen den Abend damit, sich mit verklärtem Blick in einer Ecke räkelnd Träubchen in den Rachen zu stippen. Ganz und gar bezaubernd! 
Wie auch mir größten Respekt abringende Äußerungen à la „Du, ich weiß schon, dass wir uns seit vier Monaten nicht mehr gesehen und auch erst vor 25 Minuten getroffen haben, aber der Hase hat Halsweh, und deswegen gehen wir jetzt nach Hause.“ Ich meine, das muss man sich ja erst mal trauen, wie auch, all seine Vorlieben und Prinzipien über den Haufen zu werfen, von Jetzt auf Hopp „Partnerlook“ als modisch vertretbar zu betrachten oder den Umstand, urplötzlich eine nie dagewesene Liebe zu Trekking-Urlauben durch Skandinavien zu entdecken. Insofern hat das alles schon seine Daseinsberechtigung mit diesem Tag (zu dessen Ehren der erste Ball übrigens angeblich 1950 in Nürnberg abgehalten wurde), den Tankstellenblumen, dem Nonplusultra-Kreativ-Retorten-Geschenk von „MyDays“. Ergänzend dazu schlage ich noch ein „Pärchenverdienstkreuz“ vor, für herausragende Verdienste in den Bereichen Selbstaufgabe und Entindividualisierung. Ich würde das dann auch feierlich überreichen, kein Ding. Werde Online-Petition hierüber starten, das macht man ja jetzt so. 
Derweil können die Singles mal feiern gehen. Die Pärchen auch, gesetzt den Fall, der Hase hat kein Halsweh. „Der schwarze Valentinstag“ in Resis Nachtklub (Klingenhofstraße) oder „Rudelbums“ in der Großen Liebe (Engelhardsgasse) wären passend, oder „Birdi’s Love the Love Night“ im Zentralcafé (Königstraße) oder „Freiküssen“ im Mach (Kaiserstraße). Sonst: „Pon Di Attack“ im Nano (Königstraße), „Lui Latino“ im King Lui(tpoldstraße), „Soulflight“ im Terminal (Flughafenstraße) und „Ensemble“ in der Mitte (Hallplatz). Am Samstag dann wieder für alle: „Veni Vidi Veekend“ im Stereo (Klaragasse), „Rosa Hirsch“ (Vogelweiherstraße) und „Why so serious“ beim Raketen-Nachbarn, „Retro Party“ im Parks (Stadtpark), „Bassdusche“ in der KKK (Königstraße), „Die Macht der Nacht“ im Cult (Dooser Straße) und das mit den FCN-Gedenkfeiern in den einschlägigen Etablissements kennt ihr ja. Ich pack jetzt mein Flammenschwert wieder weg. Muss die Hände frei haben für die Blumensträuße. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen