Es war kalt, es war spät, es war ein Donnerstag. Wegen Vernunft und Ideenlosigkeit hatten mein Pluseins und ich soeben beschlossen, uns zu verabschieden, morgen sei ja auch wieder ein Tag. Da tauchten sie plötzlich aus dem Februarnebel auf. Zwei Herren, wie sagt man, gehobeneren Alters, irgendwie abgewrackt, irgendwie schick. Entschuldigen Sie, hob einer auf Französisch an und radebrechte los: Man wisse überhaupt nicht mehr, man habe sich gänzlich, und überhaupt benötige man dringend … Franzosen waren’s, die sich unvorsichtig weit vom einzigen bekannten Platz weg hinein in die fränkische Nacht begeben und darüber sowohl Orientierung als auch Auto verloren hatten.
„Opas in Not“, da öffnet sich mein Herzlein freilich weit. Ich erbot, sie aus der Seitengasse hinaus gen Bahnhof zu geleiten, von da aus würden sie sich dann schon zurechtfinden. Das Pluseins schloss sich eifrig-besorgt an, man weiß ja nie. Plaudernd begab sich das Quartett nach Süden, bis eins der Männlein plötzlich stehenblieb, die Arme nach oben riss und jubilierte! Ich hätte, warf es sich mir um den Hals, soeben das Auto, eine Zauberin sei ich, ach was sagt er, eine Göttin! Ich wusste zwar nicht, wie mir geschah, registrierte aber doch das französische Kennzeichen des Autos neben mir. Im Überschwang hakten die Hutzelmännchen uns ein, man müsse das jetzt gebührend, und zwar sofort. Wohin? Gute Frage. Nach drei vergeblichen Versuchen der altersgemäßen Einkehr fand man sich vis-à-vis einer einschlägigen Spelunke wieder. Da, rief das Pluseins aus, gehen wir jetzt hin, und schob uns über das Geleis, und eh man sich’s versah an den großen Tresen. Und jetzt, beschloss das Pluseins (seines Zeichens jüngeres Semester) weiter, machen wir was ganz lustiges.
Kurz darauf waren die verwirrten Knaben vom gestärkten Kragen bis zur Ledersohle in Gerstensaft getunkt, wussten sie doch wider Erwarten nicht, was man mit einer Dose Bier anstellt, die sowohl oben als auch unten über ein Loch verfügt. Während das Pluseins seinen Sieg auf Zeit feierte, nahm man mich beiseite. So ganz sicher über die Wahl der Nachtbegleitung, erwog der Senior, sei man sich grade vielleicht doch nicht mehr, ob man sie nicht einfach wieder zum Auto, in der Straße da müsste auch eine Diskothek, da täten sie gern. Gesagt getan, das vom Sieg beseelte Pluseins und ich führten die Gäste hinüber und hinab an den Tresen und überließen sie dort ihrem Schicksal. Das letzte Bild, das ich von den Findlingen habe, eingebrannt in alle Ewigkeit auf der Netzhaut: Opa1 tanzt experimentell mit ekstatisch geschlossenen Augen und golden auf der grauen Brustwolle wippender Kette inmitten einer Horde Twens, während Opa2 sich mit großem Bohei auf Knien zwischen eine andere Gruppe schlittert und sich dabei in einer einzigen fließenden Bewegung das changierende Hemd vom überreifen Körper reißt. Es war ein lustiger Abend. Es war Spielwarenmesse. Es waren Spielwarengäste.
Und wer demnächst mit einer ähnlichen Geschichte glänzen möchte: Auf in die City mit guten Aussichten auf ein ausgewogenes Verhältnis Spesen- versus Karma-Konto! Am Freitag bestimmt groß: „Shades of Passion“ im Marquee (Klingenhofstraße), vielleicht aber auch eher „David Morales“ in der Indabahn (Bahnhofsplatz) oder „Sonic Space Disco“ im Zentralcafé (Königstraße), „Clap!“ im Stereo (Klaragasse) und die „Resident Night“ in der Rakete (Vogelweiherstraße). Garantiert unelektronisch dagegen der röhrende Nachbar („3-2-1 HipHop Edition“) sowie „Buckshot meets More Fire“ in Zwinger Bar & Keller (Lorenzerstraße). Am Samstag mal wieder „Hände hoch!“ in der Desi (Brückenstraße), außerdem „Chilis Swingen Beats & Sweets“ im Opera (Ostermayerpassage), „Not An Alternative“ in der MUZ (Fürther Straße), „Oxyd #2“ im ArtiSchocken (Landgrabenstraße), „Dubworxx“ im Nano (Königstraße), „Fruityman“ im 360° (Adlerstraße) und … der ganze Rest halt. „Lochbier“ findet sich egal wo leider eher selten auf der Getränkekarte.
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