Ich blinzele in grelles Neonlicht, kann mich kaum rühren, schwitze ein bisschen und, ja, doch, leide irgendwie. Wo bin ich? Nein, nicht auf dem kieferchirurgischen Behandlungsstuhl. Sondern: in einer herkömmlichen Umkleidekabine. Und jetzt, liebe Ladeneinrichter und Kabinenbauer, müssen wir dringend mal eine Daunenjacke miteinander rupfen. Eure Aufgabe, sollte man meinen, ist doch eine relativ einfache. Ihr sollt machen, dass ich mich in der Zeit, in der ich mich auf euren, sagen wir, bestenfalls einskommafünf Quadratmetern befinde, ausnehmend wohlfühle. Dass ich den Vorhang aufreißen und aller Welt mein unfassbares neues Selbst zeigen möchte. Dass ich die Klamotten armeweise aus eurem Geschäft trage und höchstens hinterher daheim feststelle, dass irgendwas vielleicht doch nicht so toll war, das aber auf eine ungünstige Mondphase und ergo Selbstverschuldung schieben kann.
Das einzige aber, was ihr bewerkstelligt – das aber zugegebenermaßen sehr erfolgreich und konsequent, dem muss man ja auch einen gewissen Respekt zollen – ist, dass ich dringende Bedürfnisse entwickele, die mit Shopping Queen so viel zu tun haben wie gutes Fernsehen. Die sogenannte „indirekte Beleuchtung“ (mangels Platz stopfen wir die Neonröhre hinter den Spiegel, statt sie sinnvoll zu platzieren) von unten erzielt neben viel anderer Unbill den Haupteffekt, dass ich mich dringend nach einer Pinzette sowie einem Peeling nebst (porenverengender) Maske sehne, die ich am besten direkt drauflassen kann, auch nach dem Verlassen des Geschäftes, weil den Anblick kann man ja niemandem zumuten.
Darüberhinaus, liebe Raumgestalter, Schreiner und Innenarchitekten, mag es ja in EURER Welt zu höchstem Ansehen gereichen, wenn, sagen wir, Fußballer XY auf dem Bierfilz schwanzen kann. Das bedeutet aber nicht, dass ein Aktionsradius eben dieser Größe dem Wohlgefühl beim Kleiderkauf zuträglich ist, wenn man sich beim Versuch, einen Reißverschluss zu betätigen, die Ellenbogen an der Pressspanwand aufschlägt. Um einem möglichen neunmalklugen Einwand zuvorzukommen: Nein, es ist keine Option, sich so larifari ins potentielle neue Gewand zu schnitzen, um dann darin die Kabine zu verlassen und sich im großen Vorraumspiegel zu prüfen. Der mag zwar zuweilen gnädiger sein, aber ganz ehrlich: Ich kenne keine Frau, die es für zwingend notwendig erachtet, sich strumpfsockig und mit herumflatterndem Etikett einer unbekannten Öffentlichkeit zu präsentieren, nachdem sie beim ersten Blick in den Kabinenspiegel der dringende Verdacht ereilt hat, das einzig tragbare Textil der Saison sei, mit Verlaub, ein Kaftan oder sonstiger zeltartiger Überwurf. Legt ihr euch doch einfach mal auf einen grell ausgeleuchteten OP-Tisch und versucht, dort mit Würde, Stolz und Wohlbefinden eine nagelneue Jeans anzuziehen, ohne herunterzufallen.
Und während ihr, werte Planungsbeauftragte, das übt (und scheitern werdet, verdammtnochmaleins!) saus‘ ich mit dem Rest der Bagage ins Nachtleben. Da ist nämlich Platz! Also, vergleichsweise zumindest gilt das für die Rakete (Vogelweiherstraße) und den „Superklub“, „Orchid“ im Zentralcafé (Königstraße) und, ebenfalls, schräg, „Querbeat“ ein Stockwerk tiefer. Treppab geht’s auch zu den „Goodtimes“ im Mach (Kaiserstraße) und „Rhythm&Booze“ im Stereo (Klaragasse), während „Rotblau“ in der Mitte (Hallplatz), „Lui loves HipHop“ (Luitpoldstraße) sowie „Die dunkle Seite der Nacht“, die neue Anlaufstelle für lichtscheue Gewächse in Resis Nachtklub (Klingenhofstraße) weitgehend barrierefrei zu erreichen sind. Bequem treppauf geht es in den Festsaal des KuKuQ, wo der kleine Herr Hantel mal wieder am Leierkasten dreht, treppauf zu fallen liefert in der Indabahn (Bahnhofsplatz , „Dein Samstag“) eine Primashow, die man per Rolltreppenfahrt zur „80er/90er Party“ Terminal (Flughafenstraße) elegant vermeiden kann. Sehr viele Stufen zu bezwingen haben Besucher der wie immer rosa Großen Liebe (Engelhardsgasse), aber sollten Probleme beim Betreten der MUZ (Fürther Straße, „Muckibude“), Desi (Brückenstraße, „Tune in“) oder (Achtung, phonetische Verwechslungsgefahr!) neuen Resi (Klingenhofstraße, „Indie, Jack & Rock’n’Roll“) auftreten, sind bestimmt die anderen schuld. Genau so wie in den Umkleiden.
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