Unter weitestgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit hab ich letzte Woche eine Bombe entschärft. Huch, Bombe, Rasterfahndung! Dabei wär hier eher die Rastafahndung angesprochen, weil ich glaub, wenn mir die Bombe runtergefallen wär bei der Entschärfsorgung, dann hätt’s am nächsten Tag geheißen in der Zeitung „Ein Viertel ist high – Unbekannte versetzen Anwohner in Drogenrausch“. Ist aber nichts passiert, keine Sorge, muss ich vielleicht höchstens noch einen Zettel an die Tonne kleben für die Müllabfuhr, „bitte nicht schütteln“ oder so. Bei dem Gefahrengut handelte es sich um eine zentnerschwere Honigmelone, wo man sagt, ja, die hätt man gern noch essen mögen als man sie gekauft hat, so ungefähr im August muss das gewesen sein, die aber aus unerfindlichen Gründen nie angeschnitten wurde Dafür in der Obstschale einen äußerst hübschen Eindruck gemacht hat neben den zahlreichen Kürbissen, die da kamen und gingen seitdem, so dass die Melone ihre Eigenschaft als Lebensmittel gegen eine solche als Dekorationsgegenstand einbüßen und folglich damit Leben hat müssen. Bis zu dem Tag, an dem mir aufgefallen ist, hoppla, hab ich mir gedacht, das ist ja fei in Wahrheit gar keine Wachsmelone! Dann hab ich’s mit der Angst zu tun bekommen. Um den Tisch mit der darauf befindlichen Obstschale bin ich nur mehr geschlichen, Erschütterungen galt es zu vermeiden, dem Forscherdrang nachzugeben und das Objekt mit Augen- und Atemschutzgerätschaft aufzuschneiden, um das Innere zu erkunden, allerdings vorsichtshalber auch, weil Wände ja bekanntlich frisch geweißelt und Gelb eher nicht so meine Farbe. Und so wie ein Huhn, das nicht weiß, soll ich davonlaufen vor dem Fuchs oder lieber gleich tot umfallen, dann lieber gemütlich nach Körnern pickt, hab ich einfach auch weiter so getan, als wär’s ein unlebendiger Einrichtungsgegenstand, die Melone. In der Zwischenzeit hohe Fluktuation an ehrlich-hinterfotzigem Gewächs: Weintrauben kaufen, hinstellen, drei Tage später oben hui, unten pfui und Schimmelsoßensee. Birne kaufen, hindekorieren wegen steinhart, optisch tagelang keine Veränderung, dann hinlangen und Birnenmusgatsch an der Hand wegen heimlicher Zersetzung. Salat in den Kühlschrank, kaum fünf Tage keine Zeit zum Anmachen, zack! Kühlschrank voller Schleim. Auf Daumenlänge zerschrumpelte Gurken, beleidigt schimmelfrisierte Rüben, verzweifelt aus dem Netz oktopussierende Kartoffeln – ist nicht schön, vor allem olfaktorisch, aber wenigstens irgendwie authentisch. Die Melone hingegen – eine fiese Sau! Dass das ganz ähnlich übrigens in Wahrheit mit Kürbissen funktioniert, vor allem mit solchen, die man wegen Kunstschnitzerei ein bisschen zu lang den Nachbarn präsentiert: viel Spaß beim Entdecken! Und wenn wir das dann alles gemacht haben, haben wir in dem Moment, in dem wir am Sonntag in den Spiegel schauen, eh genug Grusel für ein ganzes Jahr. Und wer noch Birnen hat, hebt die halt für Montagabend auf. Wenn’s klingelt.
Freitag, 28. Oktober 2016
Freitag, 21. Oktober 2016
Brennereitag
Hab ich doch erzählt neulich vom Unfall mit dem Fußball und dem Bier, gell? Jaa, jetzt Anschluss verloren, schnell nochmal zurückgeblättert im Devotionalienordner mit den Zeitungsausschnitten und Erinnerung aufgefrischt. Das war ja so: Man wollte eigentlich Sport, hatte aber irgendwie plötzlich Alkohol. Um mich aber in meiner buddhistisch angehauchten Lebensführung zu bestärken, hat das Karma jetzt zurückgeschlagen und sich gedacht: Da zeigen wir ihr jetzt einmal, dass das auch andersrum geht. „Tag der offenen Brennereien“ stand mordsumringelt im Kalender. Hinaus aufs Land, Stamperl um den Hals gehängt, von Schnaps zu Schnaps wallfahrten, hier ein Spottpreisschäufele, dort einen Charlesmagner, je weiter der Tag, desto lauter die Lieder, Rache am Landbewohner für alle verkaufsoffenen Sonntage, später grölende Verbrüderung, gemeinsam ins Jagdhorn stoßen und so weiter und so fort. Theoretisch. Wär da nicht die (und das ist jetzt schon ein bisschen lustig weil völligst die Unwahrheit) Schnaps(!)idee hineingesprungen, man könnte das alles ja per Fahrrad, weil Wege zu weit zum Laufen und Shuttlebus zu voll zum Stehen. Supergut, so machen wir’s! Das Fahrer-Schnickschnackschnuck entfiel zu meinen Gunsten, und da muss ich jetzt schon sagen: so ein Glück! Aber nicht wegen Schnaps. Sondern wegen Pudding. Nämlich in den Beinen. Jetzt hat ja so eine Fränkische die Angewohnheit, aus ganz malerischen kleinen Anhöhen zu bestehen. Also aus Autofahrersicht. Die sich in überraschend fiese Anstiege verwandeln, wenn man meint, sie mit dem Radl besuchen zu müssen – und dabei nicht ein E-Bike sein eigen nennt, so wie die Rentnertruppe, die fröhlich winkend an mir vorbeigesegelt ist, derweil ich in die Papiertüte atmen hab müssen und nach der ADAC-Bergrettung verlangen, weil das vom Tourguide vermeldete „da geht’s dann kurz ein bisschen rauf“ sich als ungefähr zehnfacher Burgberg herausgestellt hat, und den fährt man ja schon eh nicht auch nur einmal rauf, wenn man nicht irgendwie ein bisschen gaga. Auch ungünstig: zum Einstieg direkt drei Radler und drei Schlehe, weil da hängt dir der Wasserbauch sauber am zitternden Knie umeinander. Folge: Rest des Ausflugs in Askese, stetes Bangen vor dem HinterdernächstenKurve, wildes Querackerein wegen „oh das sah auf der Karte ganz anders aus“ und den meisten Alkohol hab ich aus dem Nachwuchsbrenner herauswinken sehen, der mit blutrotem Kennerblick und all dem Wissen seiner zwölf Lenze die Vorzüge von Willi vs. Fassgereift erläutert hat. Das Beste wird wohl sein, man bleibt künftig daheim und schützt sich vor Erlebnissen.
Freitag, 14. Oktober 2016
Promiversehen
Unlängst trug es sich zu, dass zwei ältere Herren, die in meinem Leben beide unterschiedliche doch nicht unbedeutende Rollen spielen, unverhofft aufeinandertrafen. Da ich es für erstens der Höflichkeit geschuldet und zweitens unumgänglich hielt, sie einander vorzustellen, schritt ich alsgleich zur Tat, ums hinter mich zu bringen. „Darf ich vorstellen, das ist der W.“, sprach ich, und weiter: „Und das hier, das ist mein P.“ Und noch bevor die aufeinanderzustrebenden haarigen Pranken sich berühren konnten, erhellte sich das Antlitz des W., und er rief aus: „Ach, SIE sind das? Von Ihnen liest man ja ständig in der Zeitung, ich weiß alles von Ihnen! Wie schön, Sie endlich mal persönlich kennenzulernen, Sie sind ja sozusagen eine Berühmtheit.“
Der P. errötete bescheiden kichernd, und ich tat’s ihm gleich, allerdings aus anderen Gründen. Und ohne Kichern. Eher mit Verschluckhusten. „Momenteinmal“, stieg die Rebellion in mir auf, „was ist jetzt das? Hat er da grad ‚Berühmtheit‘ gesagt? Jetzt langt’s aber! Da rackerst dich ab seit Wochen und Jahren und schreibst und machst und kehrst dein Innerstes nach außen, mühst dich um Witz und Inspiration und schreckst auf im Schlaf, weil ein Geistesblitz nach Niederschrift verlangt, beobachtest deine Außenwelt mit niedagewesenem Scharfsinn und ebensolcher Züngigkeit, aber ER ist die Berühmtheit? Da schlägt‘s aber 13!
Anstatt dass es heißt, ‚Ah, Sie sind das, die die arme K. immer so drangsaliert und drillt und ihr das Leben arg vergräzt, schämen Sie sich nicht?‘ heißt es ‚Juhu‘ und ‚fein‘ und bald dann ‚Kann ich vielleicht ein Autogramm von Ihnen haben?‘ und dann werden rote Teppiche ausgerollt, auf denen gewandelt und in Wurfrosen gebadet wird, und der arme Ghostwriter, namentlich meine unwürdige Person, darf froh sein, wenn er im pompösen Schatten nebenher schleichen darf, aber ach was soll’s, das tu ich doch mein Lebtag schon, jahaa mei, da simmer doch nicht so, da bau ich doch vielleicht noch einen Altar irgendwo auf, da kann der Fan dann die Devotionalien ablegen und in ein goldenes Fanbuch hineinschreiben, und dann bereit ich Bühnen vor und Signaturkarten und winde Lorbeerkränze, die halt ich dann von hinten ans weiße Haupt und souffliere ‚Wisse, auch du bist nur ein Mensch!‘, und dann …“ … hab ich nur in mich hineingeschmunzelt. Und alsgleich Beschwerden von anderen Artverwandten entgegengenommen, dass SIE ja schließlich NOCH NIE hier durch die Druckertinte gezogen worden sind. Euer Wunsch sei mir Befehl …
Freitag, 7. Oktober 2016
Kamm-Shot
Letztens hatte der Maître Coiffeur meines Vertrauens sich geweigert, meine Haarfarbe auf Platin zu renaturieren. Wegen keine Zeit, hat er gesagt. Wusste ich dann auch gleich warum, weil hat er die Zeit nämlich gebraucht, um zwischen zwei Scherenschnitten fünfminütige Schwänke aus seinem Leben zu rapportieren. Und da heißt es immer, Frisöre seien die Beichtschwestern ihrer Kunden! Von wegen, weil umgekehrt! War ich also urplötzlich in einer Notsituation, weil Urlaubsfrisur in großer Gefahr. Komisch, hatte dann auch Freitagnachmittag kein anderer der durchtelefonierten Salongs spontan zwei Stunden Zeit. Hab ich dann aber doch einen gefunden, und das war fein, weil die dort beschäftigten Damen so rüstig, dass ich zusätzlich positiv überrascht war, dass sie wussten, was ich wollte, und nicht versehentlich Dauerwelle gelegt haben.Nach dem ausgedehnten kopfhautblubbernden Wohlfühlprogramm hab ich draußen das Frisörnamenschild gelesen und mich direkt nachträglich noch wohler gefühlt. Weil: „Vorname Nachname Frisör“. Ich mein, wo gibt’s denn sowas noch? Tipp ich in die Gelben Seiten hinein „Frisör Nürnberg“, erscheinen spezialviele Ergebnisse, wo man sagt, ja, da hat aber jemand wohl seinen Beruf verfehlt, da wär ein großer Texter draußen geworden: Haargenau, Atmosphair, Methaarmorphose, Hairtreff, O’Haara, Keiserschnitt, Haupt-Sache, Hairinova, Haardrock, Bel-Hair, Verlockungen, Haarmonie, Hair-Force, Haarlekin, Wellkamm, ganz groß auch: Kamm-In. Der Asso Friseur bildet da schon eher so eine charmante Ausnahme, und der Cayenne Toy auch, aber weil man halt irgendwie immer meint, dabei handelt sich‘s um ein Geschäft für eher nicht so jugendfrei. Der Capillus ist derweil wohl der fürs Bildungsbürgertum, und dass die Swetlana Schamschur sich extra noch einen Salongnamen ausgedacht hat statt ihren eigenen zu nehmen, bedauerlich. Vom Besuch des Hairkillers würd ich in der Tendenz eher abraten, rein lautlich, und auf Seite ungefährsiebenundachtzig muss ich jetzt aufhören zu stöbern, weil sonst Schluckauf. Ich hab aber da noch ein paar Varianten so schmerzlich vermisst wie jetzt zum Vorschlag, falls sich grad ein Jungcoiffeur nachts im Bettchen wälzt wegen keine zündende Namensidee für den neuen Salong: Günthair und Hairmann wären scheint’s noch zu vergeben, ebenso wie Hairmaphrodit und Hairoin, Hairmeneutik und Hairkules (Bildung!), Hairpes gefällt mir gut, und warum es den Kamm-Shot noch nicht gibt, ist mir ein Rätsel. So. Bei Interesse gern PN, wie’s so schön heißt. Ich hab schon noch ein paar auf Laghair.
Oh. Am Sonntag ist Tiergarten-Hairbstfest! Da könnten sich doch vielleicht alle Frisöre ein bisschen treffen und mit dreiwettertaftgestählter Sturmfrisur gegenseitig auf die Schulter klopfen.
Abonnieren
Posts (Atom)