Freitag, 12. April 2019

Blütenflucht


PFRÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜHLING! Jetzt aber wirklich, Herrschaftszeiten! Woran merken wir das? Richtig: Der Mensch muss hinaus – auch der, der sich dort sonst nicht so oft aufhält. Es kommt zu Verhaltensunsicherheiten, Auflaufunfällen und Handgemengen, weswegen der Mensch eine Stadtflucht betreibt. Wohin er muss, weiß er dank des Blütenbarometers, zeigt das doch nach „Aufbruch“ und „Mausohr“ nun die volle Kirschbaumwolke an, und sogleich will man nichts lieber als raus in die Fränkische und sich wonneproppenpudelwohlsattsehen an dem weißen Duftemeer … „Es ist“, hab ich wenig später gesprochen, „eh viel schöner, wenn man nur so einen einzelnen Blühebaum anschauen kann und außenrum noch alles eher braunkahl ist. Das wirkt dann auch gleich viel besser.“ Eine Radltour war einberufen worden, man müsse ja sogleich in die Natur, alles sprießt und schießt und ausschlagen tut’s auch, Wiesen und Felder gelte es zu erschließen – und deswegen folgerichtig in den Wald zu fahren. Das ist in Ordnung, hab ich mich gefügt, so viel Sonne auf einmal, das verträgt der Käseleib nicht richtig gut und auch in so einem Wald gibt’s ja viel zu forschen. Freudig hab ich darum zur Kenntnis genommen, dass die Mitfahrer auf die neongelbe Profisportausrüstung weitestgehend verzichtet und als Zugeständnis auf die Aktivität lediglich Sneaker statt Kalbslederne gewählt hatten. Doch freilich drohte Ungemach. „Schmausenbuck??“ hab ich gejapst und mich grad noch davon abhalten können, mich rechts in den Straßengraben fallen und die Reisegruppe heimlich an mir vorbei vorbeiziehen zu lassen. Von „gemütlicher Radltour“ sei die Rede gewesen, nicht aber von einer Alpenüberquerung, hab ich dann auch sogleich gemault, während ich versucht hab, horizontal stehend mein Stadtrad eine felsene Steilwand hochzuschieben und dabei bitter zu bereuen, die Trendsohle statt der wuchtigen Schneespikes zum Umschnallen gewählt zu haben, mit deren Hilfe ich mich ins steile Sandsteinwegewerk hätt unten hineinstemmen können, derweil die rechte Hand das Rad balanciert und die linke mit der Spitzhacke oben Halt sucht und Menschen in neongelber Profisportausrüstung fröhlich pfeifend und hämisch grinsend links und rechts und über mich hinwegschanzend überholt haben … Naja. Es war dann doch recht schön, hier und da hat einmal was geblüht in, äh, IM Braun, ich hab „die Stelle, an der Martin sich neulich den Halswirbel gebrochen hat“ zielsicher ebenfalls gefunden, wenn man nicht gut aufpasst, kann man sich über die vielen Spaziergänger kilometerweit tief drinnen in diesem Urwald wundern und nicht merken, dass man eigentlich seit Stunden einfach nur parallel zur Hauptstraße fährt, und den freundlichen Damen, die uns vom Rastbankerl aus bei der „große oder kleine Runde“-Entscheidung assistiert haben, möchte ich kurz Entwarnung geben: Wir sind dann doch nicht verloren gegangen ... Naja. Nächstes Mal zieh ich wieder Kreis auf der Verkehrsinsel. Oder red halt blumig daher.


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