Donnerstag, 1. Oktober 2020

Legendenbildung

Manchmal kontemplierst du in deiner Wohlstandswelt einfach so ein wenig herum. Dann legst du dich nieder auf dein Chesterfiel, es knarzt und staubt ein wenig, du klingelst nach dem George oder James oder wie der grade heißt, Havanna, Witzki, und dann erst einmal schön nachgedacht über die Lästigkeit der Welt und wie manche großen Dinge wohl entstanden sind. So ungefähr war das bei mir auch letzte Woche, weil der Herbst, der Regen, ihr ahnt es. Der einzige Unterschied halt dass mein Chesterfield Klippan heißt und bei mir weder ein George noch ein James herbeizuklingeln sind sondern ich mich ganz alleine um mich selbst bemühen muss. Aber gut, weil hat man schon auch gleich seine Ruhe, und die hab ich gebraucht beim Wolkenschaufeln. Weil du weißt ja, in jedem Witz steckt so ein Fünkchen Wahrheit, und in jeder Sage und Legende freilich auch: Moses zum Beispiel, ist ja nicht so, dass es den nicht einmal gegeben hätte oder den Nikolaus. Legende wird’s dann halt weil historische Erkenntnis. Weiß ich jetzt, weil war ich kürzlich mittendrin in so einer Entstehung, also hab ich eine der berühmtesten antiken Mythologien entschlüsselt, nämlich: Büchse der Pandora. Das war so, dass also wenn ein Mann eine Frau fragt „Du Liebes, was ist denn los? Warum hast du so eine Laune und so ein passendes Gesicht gleich noch dazu?“ und dann sogleich füllen sich die Liebesaugen mit Krokodilstränen und es haucht „Ja also ganz vielleicht hab ich ein bisschen Bauchweh und Kopfweh und Rückenweh dazu und wenn ich’s mir recht überlege ist wahrscheinlich schweres PMS und darob alles nicht sehr optimal.“ Dann hat so ein Mann zwei Möglichkeiten, nämlich entweder nimmt er das Liebe in den Arm und drückt und streichelt es ganz feste und gießkannenweise Mitgefühl und Wärmflasche und Schokoladenpudding und Samthandschuh und Entscheidungshoheit Fernsehprogramm. Oder aber, Option 2, er besinnt sich der modernen Zeiten, Respekt, Gespräch auf Augenhöhe, gegenseitiges Verständnis, aktives Zuhören, lösungsorientierter Ansatz, Anpacken statt Aufschieben und was wir halt so alles gelernt haben in der Brigitte und Emma und Men’s Health. Dann richtet er sein Rückgrat, blickt das Liebe durchs Monokel aufrichtig an und sagt die bedeutsamen Worte weitreichender Folge: „Und du bist sicher, dass sonst nichts ist?“ Ungefähr so ähnlich denk ich hat das mit der Pandorabüchse auch begonnen, bestimmt. Halt anders, weil da hat sich der Epimetheus ja konkret dem Bruderrat widersetzt und lieber gierig geheiratet. Also angeblich, weil freilich muss da irgendwo ein kluger Männerrat erwähnt werden wegen Gesicht bewahren und damit es nachher heißen kann „Also weiß ich ü-ber-haupt-nicht wie das passieren konnte, aber ich hab einfach nur dagesessen und nett geschaut und von jetzt auf hopp ist das ganze Übel der Welt über mich hereingebrochen und die Ohrwascheln haben nur so geflattert im Zornessturm da soll ich jetzt auch noch schuld sein.“ So geht das mit den Legenden.

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