Mittwoch, 18. Mai 2022

Freu mich wie Polle!

 Gestern wollt ich einmal mit dem Auto wohin fahren. Mach ich gar nicht so oft – Innenstadt, Fahrradfitness, Chauffeur krank, man kennt das – und darum bin ich immer ein bisschen aufgeregt auf dem Weg zum Abstellplatz. Wird das Auto noch da sein? Hat mich jemand übel eingeparkt? Mir aus Zorn über frevelhafte Glossen die Tür zerkratzt, Lippenstiftbotschaften in Herzform hinterlassen? Man weiß es einfach nicht, und so war ich nicht übel erstaunt, als ich, Jung-Dynamikerin die ich bin, großen Schrittes zum Fahrzeug eilte und dann da einfach gar keins war. Also kein Fahrzeug. Nanu, hab ich mich gewundert, wie kann das sein, neulich erst hab ich es doch noch hier abgestellt vor so ungefähr zwei Wochen oder drei, und plötzlich ist es weg? Stattdessen: Gelbe Dünenlandschaft, soweit das Auge reicht. „Hallo!“, hab ich gerufen, „Hallo Autooo wo bist du??“ und als Antwort hat nur der Tiefbohrhammer von der Lieblingsgroßbaustelle nebenan einmal laut gewiehert und mir dabei zärtlich ein bis drei Ladungen Baustaub in die Nase gewirbelt. Ich ha… haaaa… haaaaTSCHI!! …ab dann schwer genießt. Genossen. Genesen. Also halt das mit dem plötzlichen großen Druck im Kopf wo man nachher immer erst einmal kurz prüfen muss, ob noch beide Augen dort sind, wo sie hingehören, und nicht unversehens vor den Wangen baumeln und dich von dort aus überrascht anschauen. Jedenfalls eine Mordsdruckluftfontäne und siehe da: Hat es nicht plötzlich vor mir im saharagelben Nichts braungolden geglitzert? „Autolein, da bist du ja!“ hab ich mich gefreut und eilig die 17 Tonnen Pollenstaub vom Gefährt gewedelt. Danach war zwar das Auto frei, doch ich dafür in sattes Gelb gewandet: Haare gelb, Arme gelb, Bauch auch und die Wimpern so dick mit Blütenpollen beladen, dass eine jede Hummel sich sogleich arbeitsunfähig gemeldet hätte wegen Burnout. So ist das grade. Legst du ein Handy auf den Cafétisch und schaust kurz einmal nach, ob es dich nach Decaf mit einem Schuss Hafermilch gelüstet oder doch eher Cappu doppio und dazu ein Spaghettieis, musst du das Telefon anschließend, na, exhumieren grad nicht, aber expollieren. Lüftest du daheim die Küche, so hast du zwar keinen Schnitzelgeruch mehr drin, wohl aber genug gelbe Panade auf der Anrichte für die nächste Portion. Stellst du dein Radl ab um nur ganz geschwind einmal im Schuh-Sale nach dem Rechten zu schauen und vergisst, wehe!, das Regenhauberl auf den Sattel zu ziehen, so strampelst du vielleicht noch unbescholten davon, doch beim nächsten Abstieg droht Ungemach: Auf der dunklen Chino prangt nun stolz und lüstern ein heller Sattelfleck, mit du frappierend an das fesche Hinterteil von Hasin oder Reh erinnerst und schlimmstenfalls auch ähnlich lockst … Ach was soll’s. Frühling! Diese zwei magisch grünen Wundertage zwischen Nachfrost und Tropennacht. Genießen wir sie – komme was polle! Äh: wolle! 

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