Freitag, 30. September 2022

Einkaufszettel

 In vielen Dingen unterscheiden sich der Mann und ich ganz grundsätzlich. Schlafrhythmus beispielsweise (Eule vs. Lerche), Essensvorlieben (Gummibärchen vs. Schokolade) oder Cineastic (Schießen vs. Arte). Das ist alles kein Problem, man weiß sich da zu arrangieren. Doch regelmäßig derangiert wird die Harmonie, wenn es um den Einkauf geht. Denn während ich diesen elegant und optimiert aus dem Gedächtnis zu tätigen pflege, schreibt der Mitbewohner lange Zettel voller Wichtigkeiten, die ich von Zeit zu Zeit in die Hand gedrückt bekomme. Selbstverständlich erledige ich diese Aufträge ger… sagen wir: Ich akzeptiere sie als eine Mischung aus Gedächtnistraining und unverbindlicher Handlungsempfehlung. Alternativ blieben mir sonst im Lebensmittelfachgeschäft Episoden der Verzweiflung, des Zorns oder völliger Resignation. Denn es finden sich auf dem Einkaufszettel in größtmöglicher Effizienz verfasste Notizen. Will sagen: Sauklaue, die zu entziffern mir selbst mit größter hieroglyphiler Anstrengung zuweilen schlichtweg unmöglich ist und ich im Laden mehr Zeit mit der Decodierung verbringe als dem Einkauf selbst und ratlos auf den Einkaufszettel starre. Als da wären auf dem aktuellen Werk: Flaschenborsten groß melken. Flafuhacken. Bauaveu. Piulul (rauchies!. Przkönig. Seelene. Neonspreg. Mügtl. Gelegentlich muss ich anrufen und nachfragen. So auch dieses Mal. „Ich kann dein Geschmier schon wieder nicht lesen. Da steht ‚Tontöpfe + Teelichte‘, was soll das bedeuten?“ frug ich ungehalten in den Hörer hinein und erfuhr Erstaunliches: „Na Tontöpfe und Teelichte halt.“ Man habe, dozierte es am anderen Ende der Leitung, gelesen, es sei möglich, mithilfe eines tönernen Blumentopfes und Teelichten eine Mini-Heizung zu bauen. Man könne dem zwar nicht richtig Glauben schenken, wolle sich dennoch gerne und zumal in Anbetracht der Umstände einem Experiment unterziehen, nicht zuletzt ließe dieses den (meinen) diversen Impulseinkäufen (Kerzen) im schwedischen Fast-Furniture-Store (Ikea) auch endlich eine sinnvolle Verwendung angedeihen … In der Tat reichen seriöse Webseiten (Laternen-Welt.de, Amazon.de, Pinterest.de) allerlei kluge DIY-Anleitungen für den vermeintlich kostengünstigen Mini-Ofen an, und es ist ein schönes Bild, das da entsteht: Viele kleine Öflein machen die Bude warm und feines Licht. Glaubt man allerdings den noch seriöseren Seiten (Heizungsbauforum.de, Stromausfall.info, br.de), so müsste man die Bude mit je nach Größe hunderten solcher Tonöfen bestücken (mindestens 1 pro m²), um auch nur ansatzweise sinnvolle Wärme zu erzeugen. Nach eingehender Recherche konnte man sich darauf verständigen, doch besser konventionell zu heizen. Will sagen: Die alten Winterreifen zu verschüren, die seit längerem auf ihren Abtransport zum Wertstoffhof warten. Und wenn mir kalt ist, geh ich einkaufen. Beim Entziffern wird’s mir dann schon warm.  

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