„Drinnen ist das neue Draußen“ – ein Satz, für den ich früher Freundschaften gekündigt hätte. Ach was, ich hätte mir noch nicht mal die Mühe gemacht, zu kündigen. Ich wäre einfach verschwunden. Handynummer gelöscht, Facebook getrennt, Empfänger unbekannt verzogen, entschuldigen Sie bitte. Da drüben wo die Staubwolke weht, da war doch grad noch … hm, komisch. Tschüssikowski!, hätt ich geschrien, wir sehen uns im nächsten Leben wieder, du seltsamer Drinnenmensch, schönes langweiliges Dasein wünsche ich!, und wäre abgetaucht im Lavarot der flüssigen Straßenbeläge, der heißen Wüstenwinde zwischen glühenden Häuserschluchten und wäre wie der schönste Wüstenwurm hindurchgeglitten durch die Backofenglut. Doch zu meiner großen Überraschung wird der Mensch nicht jünger, so auch ich nicht, und so ertappe ich mich unversehens bei Sätzen wie diesen: „Ich wollte eigentlich ins Bad fahren, aber jetzt hab ich grad versehentlich kurz die Balkontür aufgemacht und hab dann überlegt dass ich lieber doch zu Hause bleiben möchte.“ „Drinnen ist das neue Draußen“ sagt also die Freundin, die mit mir zum Planschen gehen wollten, und beide sind wir erfüllt von gegenseitigem Verständnis und tiefer Verbundenheit: Statt gemeinsam im Freibad am Wüstenwind zu ersticken, sich die Füße auf dem Weg zum Pool am glühenden Beckenboden (haha, „glühender Beckenboden“ – das muss ich mir merken für wenn ich mal Sexromane schreib später!) zu verbrennen und gemeinsam mit 37 anderen Freibadbesuchenden im Schatten des einzigen Baumstammes zu drängen („Ähm, Ihr Fuß ist in meiner Kühltasche!“ – „Oh, und ich hab mich schon gefreut, Entschuldigung!“) verbrachten wir den Nachmittag räumlich getrennt, doch vereint im Messenger jede hübsch daheim auf dem kühlen Kanapee. Das war schön. „Aber das ist doch eh kein Sommer!“ jault man empört um mich herum und beklagt verregnete Biergärten, zerstochene Grillabende und zu kalte Pools. Nun, das ist richtig, und es tut mir freilich leid um die Sommertiere unter euch. Aber ich habe mir Gedanken gemacht und deswegen Tipps für das perfekte Summerfeeling: Setze dich auf dein Sofa. Stelle den Ventilator vor dein Gesicht und hänge den laufenden Föhn davor; versuche, tiefe Atemzüge zu nehmen. Öffne den Ofen, lege Grillfleisch und Käse auf den blanken Rost, stelle auf höchste Stufe und vergiss alles. Öffne die „Autohupen“-App, stelle auf Endlosschleife. Spüre die Aggression. Stelle Eiscreme in die Mikrowelle, beträufle dich damit, verreibe alles mit Sonnencreme. Klebe. Gehe nicht auf deine Toilette, sondern aufs Dixieklo der Baustelle nebenan. Trinke warmes Radler. Verdurste. Sammle Spülwasser, tunke die Füße hinein. Schnuppere am Chlorreiniger. Fühlst du’s schon? Dann noch Juckpulver wahllos verteilen – voilá! Hier ist er, den Hochsommertag für Zuhause. Gern geschehen!
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